Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters

Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.

Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen darf der Kandidat der AfD nicht zur Oberbürgermeisterwahl antreten – weil er verfassungsfeindliche Äußerungen getätigt hat. Im Netz kursieren derzeit falsche Behauptungen zu dem Fall – aus der Rechtsaußen-Blase. Im Thema des Tages klären wir heute, wie die Rechtslage tatsächlich ist. Und, ob durch das Antrittsverbot ein „Präzedenzfall“ geschaffen wurde.

Gestern ging es im SPOTLIGHT um Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und ihren Besuch beim rechtskonservativen Medien-Finanzier Frank Gotthardt. Am Abend gab es eine spannende neue Info zu den Verbindungen zwischen den beiden. Dazu lesen Sie mehr im „Tag auf einen Blick“.

Außerdem heute: In einer neuen Folge unserer Reihe „Gemeinsam aufgedeckt“ – in der wir nachforschen, wohin das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen Infrastruktur fließt – geht es heute um die Frage: Kann es sein, dass ein Teil des Geldes in die Stärkung des klimaschädlichen Luftverkehrs fließt? Und in der „Werkbank“ fragt sich mein Kollege Jonathan Sachse, weshalb in Supermärkten das rechtsextreme Magazin Compact ausliegt.

Was bewegt Sie? Schreiben Sie mir gern: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Darf man der AfD Ämter verwehren?

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

CORRECTIV.Faktenforum: CO2-Generator im Gewächshaus ist kein Beleg gegen den Klimawandel

Gute Sache(n): Kühlbeton soll gegen extreme Hitze helfen• E-Bikes als Ersatz für Autos •Rasenmähen in Schlangenlinien für Artenvielfalt

CORRECTIV-Werkbank: Warum verkauft Edeka das Compact-Magazin?

Grafik des Tages: Motorische Beeinträchtigung bei Kindern: Es hängt vom Elternhaus ab

Gemeinsam aufgedeckt: Subventionen für Luftfahrt aus Infrastruktur-Topf?

Joachim Paul spricht mit "Stinkefinger" beim Landesparteitag der rheinland-pfälzischen Alternative für Deutschland (AfD). Er kandidiert für Listenplatz 3 seiner Partei für die kommende Landtagswahl in Rheinland-Pfalz in 2020. (Bild: picture alliance/dpa | Harald Tittel)
Joachim Paul, AfD-Landtagsabgeordneter in Rheinland-Pfalz und nun nicht zur OB-Wahl zugelassen. (Bild: picture alliance/dpa | Harald Tittel)

Zur Erinnerung: Die Idee des Konzepts ist, „maßgeschneiderte Gesetze“ zu erlassen – die es für Menschen mit Migrationshintergrund (auch Menschen mit deutschem Pass) so ungemütlich in Deutschland machen, dass sie das Land verlassen.

 Mehrere Gerichte bis hin zum Bundesverwaltungsgericht haben das Konzept der „Remigration“ von Sellner für verfassungswidrig bewertet, da es auch auf Staatsbürger mit migrantischem Hintergrund zielt und sie so diskriminiert. 

Wie rechte Kreise die Entscheidung des Wahlausschusses auslegen:
Seitdem das Antrittsverbot für den Lokalpolitiker Paul bekannt wurde, rollte eine Welle der Empörung durch rechtsgerichtete Medien: 

NZZ und Welt etwa verbreiteten, eine freie, demokratische Wahl sehe anders aus. Der Mann, so die Stoßrichtung dieser Bubble, sei gecancelt worden – nur, weil er sich verschiedene Meinungen angehört habe. Zum Beispiel die von Sellner. 

Der Vorwurf an den Wahlausschuss ist also „Kontaktschuld“: Man bestrafe jemanden, nur weil er jemanden kenne.

Was dann geschah:
Infolge dieser Berichterstattung gibt es nun Hass und Hetze gegen die politisch Verantwortlichen. Vor allem die amtierende Bürgermeisterin Jutta Steinruck wird seit ein paar Tagen mit Hassmails überschüttet. Tenor: Sie sei eine Demokratiefeindin.

Wie es wirklich war:
Das hat unser Reporterteam beleuchtet und dazu heute einen Text veröffentlicht.

AfD-Landtagsabgeordneter Joachim Paul (l.) und Rechtsextremist Martin Sellner, Paul veröffentlichte das Foto am 6. Juli 2025 bei Instagram und in anderen Netzwerken. (Foto: Joachim Paul / Instagram, Screenshot: CORRECTIV)
AfD-Landtagsabgeordneter Joachim Paul (l.) und Rechtsextremist Martin Sellner, Paul veröffentlichte das Foto am 6. Juli 2025 bei Instagram und in anderen Netzwerken. (Foto: Joachim Paul / Instagram, Screenshot: CORRECTIV)

Wichtigstes Ergebnis: Es geht im Fall Paul eben nicht um „Kontaktschuld“ und Canceln eines lupenreinen Demokraten.

Das zeigt vor allem ein Dokument, das uns vorliegt: das Gutachten, das der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz über Paul verfasst hat. Darin steht: Paul selbst sei ein Verfechter des rassistischen, verfassungsfeindlichen „Remigrations“-Konzepts von Sellner. 

Das Gutachten haben wir heute ebenfalls veröffentlicht. Sie können es hier nachlesen.

Wir haben den ganzen Vorgang außerdem noch einmal in einer Grafik übersichtlich dargestellt.

Eine weitere Fehlinterpretation:
In der Rechtsaußen-Medienblase kursiert auch die Behauptung, der Wahlausschuss in Ludwigshafen habe OB-Kandidat Paul das passive Wahlrecht entzogen – er dürfe also überhaupt nicht mehr gewählt werden.

Laut Studie sind Belege ausreichend für AfD-Verbotsverfahren
Nach einer Studie der Uni Köln sind Belege des Verfassungsschutzes ausreichend für ein Verbotsverfahren gegen die AfD. Das Gutachten könne demnach „als eine wichtige Argumentations- und Faktenbasis“ dienen. 
t-online.de 

Lokal: Düsseldorfer klagt gegen den Entzug seines Waffenscheines 
Das Polizeipräsidium Düsseldorf entzog einem Düsseldorfer seinen Waffenschein, da er sich an zwei Spendenaufrufen eines inzwischen verbotenen islamistischen Vereins beteiligte. Nun klagt der 33-Jährige am Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen das Polizeipräsidium. 
rp-online.de (€) / lz.de

Wie Julia Klöckner ein Unternehmen mit Frank Gotthardt gründen wollte
Das Verhältnis von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und dem Eigentümer des Krawallmediums Nius sorgt seit einigen Tagen für Diskussionen. Wie table.media berichtet, war die Verbindung zwischen enger als bislang bekannt. So befürwortete Klöckner 2023 eine gemeinsame Unternehmensgründung zwischen dem Medienmanager Frank Gotthardt und der CDU. 
table.media

In Gewächshäusern wird teilweise mit CO2 gedüngt. Diese Praxis ist umstritten. Bild: Philipp von Ditfurth / Picture Alliance / dpa

So geht’s auch
Eine neue Studie zeigt, dass E-Bikes im Alltag immer häufiger das Auto ersetzen. Im Schnitt legen E-Bike-Fahrende etwa 63 Kilometer mit dem Elektrofahrrad zurück, die sie sonst mit dem Auto gefahren wären . Das Elektrofahrrad ist vor allem deshalb  so praktisch, weil man mit ihnen eine viel längere Strecke zurücklegen kann und dabei schneller ist als mit konventionellen Fahrrädern. 
taz.de 

Fundstück
Forschende aus Belgien haben herausgefunden, dass man durch „krummes“ Rasenmähen die Artenvielfalt fördern kann. Sie haben das Blocksystem (gerade Kanten) und das Schlangenlinien-System (kurvige Kanten) drei Jahre lang verglichen. Das Ergebnis: Es siedeln sich mehr Schmetterlings- und Bienenarten an, wenn das kurvige Mähen bevorzugt wird. 
utopia.de


Vielleicht erinnern Sie sich: Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Juni das Verbot des Magazins aufgehoben, stellte aber gleichzeitig klar: Viele Aussagen von Compact sind verfassungsfeindlich. Sie durften nur weiter publizieren, weil sie neben verfassungsfeindlicher Hetze auch noch andere Themen publizieren.

Warum verkauft Edeka ein solches Magazin? Zumal es vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird und enge Kontakte zur AfD pflegt, wie es erst vor wenigen Tagen im neuen Gutachten des brandenburgischen Verfassungsschutzes dokumentiert wurde.

Auf CORRECTIV-Anfrage distanziert sich der Lebensmittelhändler von den Inhalten des Compact-Magazins, das „diesen bei Edeka gelebten Werten widerspricht“, schreibt eine Sprecherin. Es ließe sich nicht verhindern, dass „einzelne Händler“ mit dem Magazin beliefert werden. Welche Zeitschriften im Regal landen, entscheiden nicht die Händler, sondern die regionalen Presse-Grossisten.

Nächste Anfrage: „Das Presse-Grosso als neutraler Absatzmittler ist verpflichtet, auch Presseerzeugnisse mit (extremen) Außenseitermeinungen zu vertreiben, solange diese nicht verboten sind oder auf dem Jugendschutz-Index stehen“, schreibt Jens Spallek, der den Vertrieb beim Presseservice Nord leitet. Der Edeka-Markt in Boltenhagen würde das Magazin bereits seit Jahren verkaufen, wie sie es ebenfalls in etwa 80 von rund 6.300 Verkaufsstellen tun. 

Autor Bild Anette Dowideit

Das war keine Satire, sondern ein ernstgemeinter politischer Plan des CDU-Ministers, getragen von der schwarz-roten Bundesregierung. Und das im Sommer, in dem eine Klimawandel-Katastrophen-Nachricht die nächste jagt. Wir berichteten darüber im SPOTLIGHT ausführlich.

In unserer Recherche-Serie „Gemeinsam aufgedeckt“ hier im SPOTLIGHT verfolgen wir ja seit ein paar Monaten, wohin genau das Geld aus dem 500 Milliarden Euro-Sondervermögen fließt. Deshalb lag für uns die Frage nahe: Kann es sein, dass aus dem Topf (der ja unter anderem auch für Klimaschutz da ist) am Ende Geld abgezwackt wird, um die Luftfahrtindustrie zu stärken?

Diese Frage haben wir jetzt dem Bundesverkehrsministerium gestellt. Antwort: Dort sei man gar nicht zuständig. Wenn, schreibt eine Sprecherin, stecke ein anderes Ministerium Infrastruktur-Geld in die Luftfahrt, und zwar das Wirtschaftsministerium, unter der Leitung von Katherina Reiche. Wir erinnern uns: Die Ministerin mit der zehn Wochen-Bilanz, die mit Blick auf den Klimawandel Angst und bange macht

Collage: Ivo Mayr/CORRECTIV (Fotos: picture alliance, istock, unsplash.com)
Sie wird die Weichen stellen: Die Bundeswirtschaftsministerin und ehemalige Erdgas-Managerin Katherina Reiche (CDU) wirbt für Wasserstoff. Collage: Ivo Mayr/CORRECTIV (Fotos: picture alliance, istock, unsplash.com)

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.