
Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.
Liebe Leserinnen und Leser,
im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen darf der Kandidat der AfD nicht zur Oberbürgermeisterwahl antreten – weil er verfassungsfeindliche Äußerungen getätigt hat. Im Netz kursieren derzeit falsche Behauptungen zu dem Fall – aus der Rechtsaußen-Blase. Im Thema des Tages klären wir heute, wie die Rechtslage tatsächlich ist. Und, ob durch das Antrittsverbot ein „Präzedenzfall“ geschaffen wurde.
Gestern ging es im SPOTLIGHT um Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und ihren Besuch beim rechtskonservativen Medien-Finanzier Frank Gotthardt. Am Abend gab es eine spannende neue Info zu den Verbindungen zwischen den beiden. Dazu lesen Sie mehr im „Tag auf einen Blick“.
Außerdem heute: In einer neuen Folge unserer Reihe „Gemeinsam aufgedeckt“ – in der wir nachforschen, wohin das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen Infrastruktur fließt – geht es heute um die Frage: Kann es sein, dass ein Teil des Geldes in die Stärkung des klimaschädlichen Luftverkehrs fließt? Und in der „Werkbank“ fragt sich mein Kollege Jonathan Sachse, weshalb in Supermärkten das rechtsextreme Magazin Compact ausliegt.
Was bewegt Sie? Schreiben Sie mir gern: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Darf man der AfD Ämter verwehren?
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
CORRECTIV.Faktenforum: CO2-Generator im Gewächshaus ist kein Beleg gegen den Klimawandel
CORRECTIV-Werkbank: Warum verkauft Edeka das Compact-Magazin?
Grafik des Tages: Motorische Beeinträchtigung bei Kindern: Es hängt vom Elternhaus ab
Gemeinsam aufgedeckt: Subventionen für Luftfahrt aus Infrastruktur-Topf?
Der Mann im Zentrum des heutigen Thema des Tages heißt Joachim Paul. Er wollte für die AfD für das Bürgermeisteramt in Ludwigshafen antreten. Doch der städtische Wahlausschuss entschied Anfang August, er dürfe nicht antreten. Grund: Zweifel an seiner Verfassungstreue.

Was passiert war:
Paul hatte laut rheinland-pfälzischem Verfassungsschutz eine auffällig große Nähe zur rechtsextremen Szene. Unter anderem war in seinem Wahlkreisbüro Martin Sellner zu Gast, den Sie als CORRECTIV-Leserinnen und -Leser wohl kennen: der Kopf der Identitären Bewegung und der Mann, der das rassistische Konzept „Remigration“ verbreitet. Zum Beispiel beim Geheimtreffen von Potsdam.
Zur Erinnerung: Die Idee des Konzepts ist, „maßgeschneiderte Gesetze“ zu erlassen – die es für Menschen mit Migrationshintergrund (auch Menschen mit deutschem Pass) so ungemütlich in Deutschland machen, dass sie das Land verlassen.
Mehrere Gerichte bis hin zum Bundesverwaltungsgericht haben das Konzept der „Remigration“ von Sellner für verfassungswidrig bewertet, da es auch auf Staatsbürger mit migrantischem Hintergrund zielt und sie so diskriminiert.
Wie rechte Kreise die Entscheidung des Wahlausschusses auslegen:
Seitdem das Antrittsverbot für den Lokalpolitiker Paul bekannt wurde, rollte eine Welle der Empörung durch rechtsgerichtete Medien:
NZZ und Welt etwa verbreiteten, eine freie, demokratische Wahl sehe anders aus. Der Mann, so die Stoßrichtung dieser Bubble, sei gecancelt worden – nur, weil er sich verschiedene Meinungen angehört habe. Zum Beispiel die von Sellner.
Der Vorwurf an den Wahlausschuss ist also „Kontaktschuld“: Man bestrafe jemanden, nur weil er jemanden kenne.
Was dann geschah:
Infolge dieser Berichterstattung gibt es nun Hass und Hetze gegen die politisch Verantwortlichen. Vor allem die amtierende Bürgermeisterin Jutta Steinruck wird seit ein paar Tagen mit Hassmails überschüttet. Tenor: Sie sei eine Demokratiefeindin.
Wie es wirklich war:
Das hat unser Reporterteam beleuchtet und dazu heute einen Text veröffentlicht.

Wichtigstes Ergebnis: Es geht im Fall Paul eben nicht um „Kontaktschuld“ und Canceln eines lupenreinen Demokraten.
Das zeigt vor allem ein Dokument, das uns vorliegt: das Gutachten, das der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz über Paul verfasst hat. Darin steht: Paul selbst sei ein Verfechter des rassistischen, verfassungsfeindlichen „Remigrations“-Konzepts von Sellner.
Das Gutachten haben wir heute ebenfalls veröffentlicht. Sie können es hier nachlesen.
Wir haben den ganzen Vorgang außerdem noch einmal in einer Grafik übersichtlich dargestellt.
Eine weitere Fehlinterpretation:
In der Rechtsaußen-Medienblase kursiert auch die Behauptung, der Wahlausschuss in Ludwigshafen habe OB-Kandidat Paul das passive Wahlrecht entzogen – er dürfe also überhaupt nicht mehr gewählt werden.
Das stimmt aber nicht. Er kommt demnach bloß nicht als politischer Beamter infrage. Oberbürgermeister sind politische Beamte auf Zeit – und die dürfen nicht verfassungsfeindlich sein.
Warum der Vorgang über den Fall Paul hinaus relevant ist:
Er könnte eine Blaupause für andere Städte bundesweit sein, die sich gegen Amtsbewerber wehren wollen, die verfassungsfeindliche Ziele propagieren. Wir haben den Verfassungsrechtler Kyrill-Alexander Schwarz befragt. Er sagt: Er sehe hier durchaus einen Präzedenzfall.
Repräsentantenhaus beschließt von Trump geforderte Wahlkreisreform
Mit 88 zu 52 Stimmen entschied das Repräsentantenhaus in Texas die Wahlkreisreform. Die Republikaner wollen sich so mehr Sitze im US-Repräsentantenhaus sichern. Der texanische Abgeordnete der Demokraten, John Bucy, sagte darüber: „Das ist keine Demokratie, das ist Autoritarismus in Echtzeit“.
zeit.de
Laut Studie sind Belege ausreichend für AfD-Verbotsverfahren
Nach einer Studie der Uni Köln sind Belege des Verfassungsschutzes ausreichend für ein Verbotsverfahren gegen die AfD. Das Gutachten könne demnach „als eine wichtige Argumentations- und Faktenbasis“ dienen.
t-online.de
Lokal: Düsseldorfer klagt gegen den Entzug seines Waffenscheines
Das Polizeipräsidium Düsseldorf entzog einem Düsseldorfer seinen Waffenschein, da er sich an zwei Spendenaufrufen eines inzwischen verbotenen islamistischen Vereins beteiligte. Nun klagt der 33-Jährige am Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen das Polizeipräsidium.
rp-online.de (€) / lz.de
Wie Julia Klöckner ein Unternehmen mit Frank Gotthardt gründen wollte
Das Verhältnis von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und dem Eigentümer des Krawallmediums Nius sorgt seit einigen Tagen für Diskussionen. Wie table.media berichtet, war die Verbindung zwischen enger als bislang bekannt. So befürwortete Klöckner 2023 eine gemeinsame Unternehmensgründung zwischen dem Medienmanager Frank Gotthardt und der CDU.
table.media

CORRECTIV.Faktenforum

Ein irreführender Beitrag auf X zeigt einen Kohlenstoffdioxid-Generator in einem Gewächshaus. CO2 ist zwar Bestandteil des Pflanzenwachstums, das aber ist kein Beleg gegen den Klimawandel. Denn das Gas ist gleichzeitig der Haupttreiber des Klimawandels.
faktenforum.org
Endlich verständlich
Ein neuartiger Beton könnte dabei helfen, Städte resilienter gegen Hitze zu machen. So genannter Kühlbeton reflektiert das Sonnenlicht und gibt die Energie wieder in die Atmosphäre ab, anstatt das Gebäude aufzuheizen. Zum Vergleich: Normaler Beton erhitzt sich im Sommer auf fast 60 Grad, während Kühlbeton sogar fünf Grad unter der Außentemperatur liegt. Wohnhäuser können so im Sommer angenehm kühl gehalten werden.
tagesschau.de
So geht’s auch
Eine neue Studie zeigt, dass E-Bikes im Alltag immer häufiger das Auto ersetzen. Im Schnitt legen E-Bike-Fahrende etwa 63 Kilometer mit dem Elektrofahrrad zurück, die sie sonst mit dem Auto gefahren wären . Das Elektrofahrrad ist vor allem deshalb so praktisch, weil man mit ihnen eine viel längere Strecke zurücklegen kann und dabei schneller ist als mit konventionellen Fahrrädern.
taz.de
Fundstück
Forschende aus Belgien haben herausgefunden, dass man durch „krummes“ Rasenmähen die Artenvielfalt fördern kann. Sie haben das Blocksystem (gerade Kanten) und das Schlangenlinien-System (kurvige Kanten) drei Jahre lang verglichen. Das Ergebnis: Es siedeln sich mehr Schmetterlings- und Bienenarten an, wenn das kurvige Mähen bevorzugt wird.
utopia.de
Als ich vor ein paar Wochen im Ostseeurlaub in Boltenhagen die Printauslage im Edeka scannte, sprang mir – auf Augenhöhe prominent platziert – das Magazin Compact ins Gesicht.
Vielleicht erinnern Sie sich: Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Juni das Verbot des Magazins aufgehoben, stellte aber gleichzeitig klar: Viele Aussagen von Compact sind verfassungsfeindlich. Sie durften nur weiter publizieren, weil sie neben verfassungsfeindlicher Hetze auch noch andere Themen publizieren.
Warum verkauft Edeka ein solches Magazin? Zumal es vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird und enge Kontakte zur AfD pflegt, wie es erst vor wenigen Tagen im neuen Gutachten des brandenburgischen Verfassungsschutzes dokumentiert wurde.
Auf CORRECTIV-Anfrage distanziert sich der Lebensmittelhändler von den Inhalten des Compact-Magazins, das „diesen bei Edeka gelebten Werten widerspricht“, schreibt eine Sprecherin. Es ließe sich nicht verhindern, dass „einzelne Händler“ mit dem Magazin beliefert werden. Welche Zeitschriften im Regal landen, entscheiden nicht die Händler, sondern die regionalen Presse-Grossisten.
Nächste Anfrage: „Das Presse-Grosso als neutraler Absatzmittler ist verpflichtet, auch Presseerzeugnisse mit (extremen) Außenseitermeinungen zu vertreiben, solange diese nicht verboten sind oder auf dem Jugendschutz-Index stehen“, schreibt Jens Spallek, der den Vertrieb beim Presseservice Nord leitet. Der Edeka-Markt in Boltenhagen würde das Magazin bereits seit Jahren verkaufen, wie sie es ebenfalls in etwa 80 von rund 6.300 Verkaufsstellen tun.
Für mich stellt sich die Frage, ob der verständliche Ruf nach Pressefreiheit wirklich bedeutet, dass ein Händler verpflichtet werden kann, verfassungsfeindliche Positionen zu verbreiten? Die Rechtslage wird offenbar unterschiedlich bewertet. Als der Tagesspiegel zuletzt über eine Compact-Auslage in einer Berliner Filiale berichtete, soll Edeka das Magazin aus dem Sortiment entfernt haben.

Körperliche Aktivität ist ein wichtiger Baustein für die Entwicklung von Kindern. Aber sie haben keineswegs die gleichen Startchancen. Das zeigen die Ergebnisse von Schuleinangsuntersuchungen, hier aus dem Land Brandenburg. Kinder aus Elternhäusern mit niedrigerem sozialen Status weisen erheblich öfter motorische Entwicklungsstörungen auf als Kinder aus wohlhabendem Umfeld. Zudem sind Jungen häufiger betroffen als Mädchen.
Ein ähnliches Bild zeigte sich bereits bei der sprachlichen Entwicklung von Kindern – dem zentralen Baustein für Bildungschancen. Die Problematik hat unser Team von CORRECTIV.Lokal hier ausführlich beschrieben:
correctiv.org
Sie erinnern sich vielleicht: Mitte Juli hatte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder angekündigt: Die deutsche Luftfahrtbranche müsse finanziell gestärkt werden – und wir Deutschen sollen endlich wieder mehr fliegen!
Das war keine Satire, sondern ein ernstgemeinter politischer Plan des CDU-Ministers, getragen von der schwarz-roten Bundesregierung. Und das im Sommer, in dem eine Klimawandel-Katastrophen-Nachricht die nächste jagt. Wir berichteten darüber im SPOTLIGHT ausführlich.
In unserer Recherche-Serie „Gemeinsam aufgedeckt“ hier im SPOTLIGHT verfolgen wir ja seit ein paar Monaten, wohin genau das Geld aus dem 500 Milliarden Euro-Sondervermögen fließt. Deshalb lag für uns die Frage nahe: Kann es sein, dass aus dem Topf (der ja unter anderem auch für Klimaschutz da ist) am Ende Geld abgezwackt wird, um die Luftfahrtindustrie zu stärken?
Diese Frage haben wir jetzt dem Bundesverkehrsministerium gestellt. Antwort: Dort sei man gar nicht zuständig. Wenn, schreibt eine Sprecherin, stecke ein anderes Ministerium Infrastruktur-Geld in die Luftfahrt, und zwar das Wirtschaftsministerium, unter der Leitung von Katherina Reiche. Wir erinnern uns: Die Ministerin mit der zehn Wochen-Bilanz, die mit Blick auf den Klimawandel Angst und bange macht.

Aber: In diesem Fall Entwarnung. „Im Wirtschaftsplan des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität sind keine durch das BMWE zu bewirtschaftenden Titel vorgesehen, die Fördermittel zur Stärkung der Luftfahrtindustrie zum Gegenstand haben“, teilt uns eine Sprecherin mit.
Wir bleiben am Thema dran, gerne mit Ihrer Unterstützung: Haben Sie konkrete Hinweise, dass Infrastruktur-Geld nicht dort ankommt, wo es soll? Dann schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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