Liebe Leserinnen und Leser,
das ist ein Rekord: Seit gestern Abend der SPOTLIGHT an Sie verschickt wurde, bimmelt es alle paar Sekunden aus meinem E-Mail-Postfach. Etwa 500 Leute haben auf meine Frage geantwortet: Sollte ich mich spätestens jetzt, nach der „Hitlergruß-ähnlichen Geste“ von Elon Musk, von X abmelden? Zwei Drittel von Ihnen sagen: löschen, damit es schon mal eine aktive Benutzerin weniger gibt, die Hass und Hetze erreichen.
Die Entscheidung ist also gefallen: Ich lege meinen Account still und mache bei BlueSky weiter (zu meinem Profil geht’s hier).
Heute geht es bei uns um „Remigration“ – jenen Begriff, den Teile der AfD und ihr rechtsextremes Vorfeld salonfähig machen wollen. Die Partei hat ihn ins Parteiprogramm gehoben und betont stetig, der Begriff sei doch eigentlich ganz harmlos gemeint.
Das stimmt aber nicht – und darüber klären wir nun so ausführlich auf, wie es nötig ist, damit wirklich keine Fragen mehr offen bleiben. Und zwar in diesem heute veröffentlichten Text. Die ganze Debatte wurde über unsere Potsdam-Recherche angestoßen.
Offen bleibt dagegen noch diese Frage: Was genau unterscheidet in dieser Frage die CDU, die Partei der „Brandmauer“, von der AfD? Kann man als Wählerin oder Wähler der CDU bei der Bundestagswahl seine Stimme geben – ohne befürchten zu müssen, dass unter einem Kanzler Friedrich Merz irgendwann doch der Nachbar mit migrantischem Hintergrund aus Deutschland vergrault wird?
Das wollen wir von CORRECTIV jetzt ganz genau wissen, und zwar von Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Wir möchten ihm, in Ihrem Auftrag, auf den Zahn fühlen – und haben ihn um ein Interview gebeten. Bisher ziert sich sein Sprecher, mit dem ich seit ein paar Tagen dazu mehrfach gesprochen und geschrieben habe.
Bevor wir den Druck erhöhen, einmal die Frage an Sie: Wünschen Sie sich, dass Friedrich Merz zum CORRECTIV-Interview kommt und Fragen zu seiner Haltung zur Migration beantwortet? Schreiben Sie mir, ob Ihnen ein Interview mit Merz weiterhelfen würde oder nicht: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Das böse Wort
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Bundestagswahl-Spezial: Falschinfos und Hass im Wahlkampf
Faktencheck: Nein, Geflüchtete in Beckum haben keine getrennten Schwimmbäder gefordert
CORRECTIV-Werkbank: Trumps fossile Pläne: Die Realität macht ihm einen Strich durch die Rechnung
Grafik des Tages: So viele Menschen begnadigten die deutschen Bundespräsidenten
Wir haben heute einen – bewusst sehr ausführlichen – Text auf unserer Homepage veröffentlicht. Unser AfD-Experte Marcus Bensmann hat ihn geschrieben und ein Team aus unseren Journalisten und Rechtsanwälten hat ihn ausführlich bearbeitet, damit er wirklich zu hundert Prozent sitzt.
Der Text ist eine Art Glossar. Ich möchte Sie gern ermuntern, ihn kräftig zu teilen – zum Beispiel immer dann, wenn jemand aus Ihrem Bekanntenkreis das nächste Mal sagt, wir von CORRECTIV hätten das Geheimtreffen von Potsdam „aufgebauscht“, es sei doch nie wirklich die Rede davon gewesen, dass man Millionen von Menschen mit deutschem Pass aus dem Land vertreiben wolle.
Oder, wenn ein seriöses Medium wie die Zeit das nächste Mal in einem Artikel die Meinung vertritt, wir hätten einiges übertrieben. Hierzu übrigens auch noch mal der Hinweis auf unsere „Fragen und Antworten zur Geheimplan-Recherche“.
Was wir in unserem Glossar zeigen:
In dem Text (hier nochmal der Link) leiten wir genau her:
- Was meint das ideologische rechtsextreme Vorfeld der AfD, wenn es von „Remigration“ spricht?
- Warum ist das rassistisch und warum verstößt es gegen die Grundsätze unserer Verfassung?
- Warum fährt man bei der AfD genau die Taktik, die Bedeutung dieses Begriffs zu verstecken?
Warum wir diese Einordnung machen:
Kurz vor der anstehenden Bundestagswahl mobilisiert die AfD gerade all ihre Kräfte, um es so erscheinen zu lassen, als sei „Remigration“ im Parteiprogramm völlig normal und harmlos.
Gestern wurde bekannt, dass die Partei noch einmal 1,5 Millionen Euro gespendet bekam (von einem Arzt und Unternehmer). Mit diesem Geld kann die Partei noch mehr Wahlkampf für ihre völkische Politik machen und sie in der Wahlwerbung in ein schon fast freundliches konservatives Gewand kleiden. Es ist Aufgabe von Journalisten, solche Manöver zu enttarnen.
Übrigens fasst unsere Jugendredaktion Salon5 hier noch mal zusammen, welche Personengruppen durch die politischen Vorhaben der AfD besonders gefährdet sind. Menschen mit Behinderung fehlen in der Aufzählung.
Welche Bedeutung hat das für ein mögliches AfD-Verbot?
Nächste Woche wird aller Voraussicht nach zum ersten Mal im Herzen unserer Demokratie, im Bundestag, über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren beraten. Unsere Reporterin Marie Bröckling ist natürlich vor Ort.
Weil nicht alle Abgeordneten so tief in der Materie drin sein können wie unsere Reporterinnen und Reporter, die sich ja quasi den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftigen, richten wir den Text auch an sie – unsere Vertreter im Parlament. Wir finden, alle Abgeordneten sollten unser Glossar zumindest einmal gelesen haben.
Falls Sie also Lust haben: Leiten Sie den Text gern an die oder den Bundestagsabgeordneten in Ihrem Wahlkreis weiter.
AfD erhält Großspende von 1,5 Millionen Euro
Der Lübecker Mediziner und Unternehmer Winfried Stöcker ist in der Corona-Pandemie bekannt geworden, weil er einen nicht zugelassenen Impfstoff illegal verabreichte. Nun hat er die AfD mit einem Millionenbetrag unterstützt – der größte Einzelspende, die die AfD jemals bekommen hat.
zdf.de
US-Präsident Trump droht EU mit Zöllen
Die Europäische Union behandelt die USA „sehr, sehr schlecht“, meint Donald Trump. Es geht ihm um den Verkauf amerikanischer Autos und landwirtschaftlicher Produkte aus den USA, ebenso um amerikanisches Öl und Gas. Deshalb droht der Präsident uns mit zusätzlichen Zöllen – wie auch schon Mexiko und Kanada.
spiegel.de
Lokal: Berliner Politiker Gelbhaar erwirkt einstweilige Verfügung gegen RBB
Das Landgericht Hamburg untersagte dem Sender, Vorwürfe gegen Stefan Gelbhaar wegen angeblicher sexueller Übergriffe weiter zu verbreiten. Der Grünen-Politiker erklärte, damit seien die „Kernvorwürfe vom Tisch“. Sein Kreisverband hat derweil eine interne Sprachregelung verschickt, wie die Mitglieder mit dem Fall des Bundestagsabgeordneten umgehen sollen.
tagesspiegel.de / morgenpost.de
Investigativ: „Medfluencer“ verbreiten gesundheitsschädliche Gesundheitstipps
Sie haben durch mehrere Hundertausend Follower zwar viel Reichweite in den Sozialen Netzwerken, aber keine medizinische Ausbildung. Eine Influencerin empfiehlt etwa dauerhaft den Blutzucker-Spiegel zu tracken – die Diabetes-Gesellschaft sieht das kritisch.
tagesschau.de
Bundestagswahl-Spezial
Desinformation und Hass: Im Vorfeld der Bundestagswahl gibt es jede Menge davon im Netz. Die Organisation CEMAS analysiert, mit welchen Narrativen Rechtsextreme, Verschwörungsideologen und prorussische Kanäle versuchen, die öffentliche Debatten zu fluten.
btw2025.cemas.io
Auch unser Team von CORRECTIV.Faktencheck enttarnt fortlaufend Falschinformationen im Kontext der Bundestagswahl. Einen Überblick finden Sie hier:
CORRECTIV.Faktencheck (Sammler Bundestagswahl)
Angeblich sollen syrische Geflüchtete getrennte Schwimmbäder für Männer und Frauen gefordert haben. So heißt es in Beiträgen auf X und Facebook. Doch das stimmt nicht. Ein Verein hatte einen Antrag für ein Männerschwimmen gestellt.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich verständlich
Kurz vor der Bundestagswahl hat die Debatte um Sozialleistungen wieder Fahrt aufgenommen. So fordert die CDU eine Arbeitspflicht für Bürgergeld-Empfänger. Aber was bringt das? Die Erkenntnisse aus der Vergangenheit lassen Zweifel aufkommen: Tatsächlich sind solche Maßnahmen teuer und weitgehend wirkungslos, folgert die ZEIT.
zeit.de
So geht’s auch
Draußen ist es derzeit wortwörtlich eiskalt. Besonders für Obdachlose ist der Winter eine große Herausforderung. Was jede und jeder tun kann, um akut zu helfen, zeigt das RND.
rnd.de
Fundstück
Wer schon mal mit der Berliner U-Bahn gefahren ist, kennt das „Urban Jungle“- Muster der Sitzpolster – ein wilder Mix aus Schwarz, Weiß, Blau und Rot. Was hinter dem Design steckt und warum es darum bereits einen Rechtsstreit gab, erzählt das Monopol Magazin.
monopol-magazin.de
Kaum sitzt Donald Trump wieder im Oval Office, läutet er eine drastische Wende in der US-Klimapolitik ein. Während in Los Angeles die Waldbrände weiter wüten – die weltweit durch den Klimawandel häufiger werden – kündigt er das Pariser Klimaabkommen. Ein „Energienotstand“ soll mehr Öl und Gas aus dem Boden pressen. Den Green Deal will er zerschlagen, die E-Auto-Förderung streichen und Windräder ausbremsen.
Sein Rückwärtsgang wird die Energiekosten nach oben treiben – Wind- und Solarenergie sind längst billiger als fossile Energien. Sein Kurs dient vor allem der Öl- und Gasindustrie, die seine Wahl finanzierte.
Doch er könnte sich verschätzen: Viele Bundesstaaten, Städte und Unternehmen bleiben beim Klimakurs. Gelder aus dem grünen IRA-Investitionsporgramm sind bereits vergeben und gerade republikanische Staaten profitieren. Selbst der erzkonservative Ölstaat Texas wird zum Vorreiter erneuerbarer Energien – weil es sich rechnet.
Auch seine Strategie „drill, baby, drill“ steht auf wackligen Füßen: Die US-Industrie produziert am Limit, während die globale Nachfrage stagniert. Als Alaska vergangenes Jahr Öllizenzen anbot, winkte die Branche ab. Auch die geplante Verdopplung der LNG-Terminals sind überdimensioniert – Europa will weniger Gas. Trump verspricht viel – doch die Realität macht ihm einen Strich durch die Rechnung.
In den USA ist es üblich, dass Präsidenten zu Beginn oder zum Ende der Amtszeit Straftäter begnadigen. An seinem ersten Tag hat der neue US-Präsident Donald Trump rund 1.500 Menschen begnadigt. Ihre Strafen gelten jetzt als abgesessen. Das betrifft vor allem Menschen, die vor vier Jahren das Kapitol gestürmt hatten. Auch Biden hat im Laufe seiner Amtszeit viele Menschen begnadigt, unter anderem Trump-Kritiker und seine eigene Familie. Auch in Deutschland gibt es dieses Instrument. Wie das funktioniert, zeigt unsere Jugendredaktion Salon5 in diesem Beitrag:
Salon5 (Instagram)
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Robin Albers, Till Eckert und Sebastian Haupt.
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