
Anette Dowideit
stellvertretende Chefredakteurin
Liebe Leserinnen und Leser,
vielleicht erinnern Sie sich, dass wir von CORRECTIV uns während der Fußball-EM angeschaut hatten, was es mit der gigantischen Werbeaktion des Vergleichsportals Check24 auf sich hatte – bei der die Firma rund fünf Millionen Trikots „verschenkte“. Das vermeintliche Geschenk bezahlten die Leute mit ihren Daten, wie wir in unserem Text zeigten.
Nach der Veröffentlichung erreichte uns ein weiterer Hinweis auf Check24: Es gebe ein ziemlich großes Datenleck, das wir uns einmal genauer anschauen sollten. Das haben wir in den vergangenen Wochen gemacht. Herausgekommen ist diese heute veröffentlichte Recherche. Mehr dazu im Thema des Tages.
Außerdem im Spotlight: Wir haben viele, teils haarsträubende Beispiele für unnötige Bürokratie von Ihnen bekommen, vielen Dank! Eines davon lesen Sie heute im „Bürokratie-Brecher“. Schicken Sie gern weiter Ihre Erlebnisse an madlen.buck@correctiv.org.
Thema des Tages: Datenleck bei Check24 und Verivox
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Bürokratie-Brecher: Pflegebedürftige Angehörige ummelden schwer gemacht
Faktencheck: US-Präsidentschaftswahlkampf: TV-Duell von Donald Trump und Kamala Harris im Faktencheck
Gute Sache(n): Was Starkregen so gefährlich macht • Plastik-Alternativen • So viel Bier wird in 24 Stunden gebraut
CORRECTIV-Werkbank: Kanzler Scholz auf heikler Reise in Putins Hinterhof
Grafik des Tages: Mehr Todesopfer durch multiresistente Keime
Das Geschäftsmodell von Check24 und Verivox ist der Handel mit sensiblen Daten. Die Vergleichsportale funktionieren so: Wer sich anmeldet und Angaben zum Beispiel zu seinem Wohnort, seinem Familienstand oder der Zahl seiner Kinder macht, bekommt die günstigsten Angebote für Strom oder Mobilfunk angezeigt. Unsere aktuelle Recherche zeigt, dass dabei etwas Gravierendes schiefgegangen ist.
Was genau passiert ist:
Bis vor Kurzem waren vertrauliche Daten zehntausender Kunden mit ein paar Handgriffen übers Internet einsehbar. Zum Beispiel Namen und Adressen, Einkommen, die Zahl der Kinder oder das Arbeitsverhältnis.
Wie viele Menschen betroffen sind:
Das ist nicht ganz klar. Bei Verivox waren laut den Informationen, die uns vorliegen, 75.000 Kundinnen und Kunden betroffen. Check24 machte zur Zahl der Betroffenen keine Angaben.
Was die Firmen dazu sagen:
Schon vor ein paar Wochen machte ein anonymer IT-Experte die beiden Unternehmen auf die Sicherheitslücken aufmerksam. Sie reagierten und schlossen diese Lücken kurz darauf. Dies bestätigten sie jetzt auf unsere Anfrage.
Weshalb das relevant ist:
Niemand möchte wohl gern, dass seine sensiblen Daten für andere abrufbar im Netz herumschwirren, gerade nicht die Höhe des Einkommens. Wir haben die Hackervereinigung Chaos Computer Club um ihre Einschätzung zu dem Fall gebeten. Deren Sprecher spricht von einem „Supergau“. Wenn solche Daten in die falschen Hände fallen, können sie missbraucht werden: Die harmlose Variante ist, dass man unangenehme Werbung bekommt. Die schlimmste vorstellbare Möglichkeit, dass die Daten Grundlage für Erpressung übers Netz sein könnten.
Merz wird Kanzlerkandidat der Union
CDU-Chef Friedrich Merz will für die nächste Bundestagswahl als Kanzlerkandidat antreten. Markus Söder (CSU) hatte auch Interesse an dem Amt bekundet, unterstützt nun aber Merz. Das gaben sie bei einem gemeinsamen Pressetermin bekannt.
faz.net
Frankreich: Geständnis in Missbrauchsprozess
Ihr Ehemann hatte Gisèle Pelicot mutmaßlich über Jahre immer wieder betäubt und anderen Männern zur Vergewaltigung angeboten. Letzte Woche begann der Gerichtsprozess, heute legte der Angeklagte überraschend Geständnis ab.
spiegel.de
Magdeburg: Intel verschiebt Werkbau
Der Chipkonzern sollte zehn Milliarden Euro Staatshilfen erhalten, nun geht er jedoch auf Sparkurs und legt den geplanten Bau von zwei Fabriken in Sachsen-Anhalt auf Eis.
tagesschau.de
Der Kreml in Deutschland: Einflussnahme durch Desinformation
Der Facebook-Konzern Meta sperrt weltweit russische Staatsmedien, um deren Einfluss zu verringern. Auch in der investigativen Recherche, die wir Ihnen heute empfehlen, geht es um Desinformation aus Russland: Die Propagandafabrik SDA will die deutsche Gesellschaft und politische Stimmung hierzulande lenken – das zeigen interne Dokumente, die der taz vorliegen.
taz.de

Deutschland ist Meister in der Bürokratie. Doch das kostet Geld, Zeit und Nerven und lässt manche fragen: Was tut der Staat eigentlich für mich?
Hier kommen regelmäßig Menschen zu Wort, die in ihrem Alltag auf bürokratische Hürden stoßen – und Ideen haben, wie es auch einfacher geht.
Wenn Ihnen die Bürokratie auch Steine in den Weg legt und Sie konstruktive Lösungen dafür haben, schreiben Sie mir gerne: madlen.buck@correctiv. org.
Wir benötigen ein Foto von Ihnen und die Bereitschaft, dass wir Ihre Geschichte veröffentlichen dürfen.
Ulrich Hofmanns Mutter lebt seit Anfang August im Pflegeheim. Er (oben im Bild) selbst lebt in einer anderen Stadt und ist berufstätig. Da seine Mutter nicht mehr mobil ist, kümmerte er sich um die Wohnungsauflösung und einen Termin beim Einwohnermeldeamt für die Ummeldung. Leider gab es für diesen Zeitraum aber keine freien Termine mehr.
Eine erneute Anreise von seinem 600 Kilometer entfernten Wohnort wäre nur am Wochenende möglich – wenn das Amt geschlossen ist. Daraufhin habe er beim Einwohnermeldeamt sein Problem geschildert und alle erforderlichen Unterlagen per Mail übermittelt, sagt Hofmann. Das Amt teilte ihm mit, er solle die Ummeldung elektronisch über das Bürgerservice-Portal durchführen. Diesen Servicepunkt gab es im Portal jedoch nicht. Wegen fehlender Alternativen teilte er dem Einwohnermeldeamt mit, dass seine Mutter wohl ohne den Aufkleber mit der neuen Adresse leben müsse.
Dabei ist die Lösung einfach, erklärt Hofmann. Das Einwohnermeldeamt müsse die Ummeldung im Bürgerservice-Portal nur tatsächlich freischalten. Eine weitere Möglichkeit sieht er darin, Unterlagen vollständig einzureichen und die Authentifizierung mit Personalausweis und Ausweis-App zu ermöglichen.
So stellt sich aber auch die Frage, wie die Ummeldung bei Seniorinnen und Senioren erfolgt, die keine Angehörigen haben. Dort müsse es auch Möglichkeiten geben, dass die Betreiber des Pflegeheims eine Ummeldung durchführen können.

Sie stritten über Migration, Außenpolitik und die wirtschaftliche Entwicklung der USA – Donald Trump und Kamala Harris stellten bei ihrem ersten TV-Duell im US-Wahlkampf zahlreiche Behauptungen auf. Wir haben einige geprüft.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich verständlich
Die Hochwasser-Lage in Europa bleibt weiter angespannt. Besonders betroffen sind Teile von Österreich, Tschechien, Polen und Deutschland. Der Starkregen hängt mit der Klimakrise zusammen: Weil sich die Erde erwärmt, nimmt sie mehr Feuchtigkeit auf. Ab wann man von Starkregen spricht und warum er so gefährlich ist, zeigt unsere Jugendredaktion Salon5.
Salon5 (Instagram)
So geht’s auch
Plastik schadet der Umwelt. Es verschmutzt unsere Meere und schadet den Ökosystemen. Deshalb braucht es Alternativen. Eine davon soll Bio-Plastik sein. Kleiner Spoiler: Das ist nicht wirklich nachhaltiger. Salon5 zeigt, welche umweltfreundlichen Plastik-Alternativen es wirklich gibt.
Salon5 (Instagram)
Fundstück
Wie viel Liter Bier wurden in den letzten 24 Stunden gebraut? Auf thescaleoflife.com können Sie nachverfolgen, wie häufig verschiedene Naturphänomene, Lebens- und Alltagsereignisse in einem von Ihnen ausgewählten Zeitraum stattgefunden haben.
thescaleoflife.com
Marcus Bensmann
Senior Reporter
Bundeskanzler Olaf Scholz befindet sich auf heikler Reise in Putins Hinterhof. Erst warb er in Usbekistan um Pflegekräfte und lotete Abschiebungen nach Afghanistan aus. Heute trifft er, im an Öl und Gas reichen Kasachstan, die anderen Präsidenten der Staaten Zentralasiens.
Der Besuch findet unter dem Schatten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine statt. Und da gibt es ein Problem. Über Zentralasien werden die Sanktionen gegen Russland unterlaufen, die Importe von sensiblen Waren aus Deutschland und der EU stiegen plötzlich in Zentralasien an. CORRECTIV zeigte, dass selbst deutsche Waffen über Kasachstan den Weg in den russischen Krieg gegen die Ukraine finden.
Zentralasien spürt den Atmen der russischen Aggressionslust im Nacken. Wenige Wochen vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 stürmte kurz nach dem Jahreswechsel eine aufgeputschte Jungmännerschar zu Pferde die Stadt Almaty.
Ich war damals am Flughafen der kasachischen Wirtschaftsmetropole, als Hunderte Männer diesen besetzten. Zuvor hatten sich die Sicherheitskräfte zurückgezogen. Bis heute ist unbekannt, wer hinter der blutigen Aktion stand. Russland schickte zur Befriedung Truppen. Aber nicht für lange. Russlands Präsident Wladimir Putin beorderte diese Mitte Januar zurück. Das ist ungewöhnlich. China sollte darauf bestanden haben. Peking wünschte keine russischen Truppen in Kasachstan. Vielleicht verhinderte China so Putins Plan, mit der Ukraine und Kasachstans die zwei wichtigsten ehemaligen Sowjetrepubliken erneut zu unterwerfen.
Scholz‘ Zentralasienpolitik steht in unheilvoller Tradition. Die Zentralasienstrategie des heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier von 2007 verpuffte. Trotz des Massakers von Andischan versuchte Steinmeier als Außenminister den damaligen usbekischen Herrscher Islam Karimow einzubinden. Darüber schrieb ich als freier Journalist aus Zentralasien, und später für CORRECTIV.

Die unterschätzte Gefahr: Antibiotika haben dafür gesorgt, dass zahlreiche schwere und tödliche Infektionskrankheiten heute gut behandelbar sind. Doch durch zu viel Antibiotika-Einsatz in der Medizin gibt es immer mehr resistente Erreger. Das ist auch für die Industriestaaten eine tödliche Gefahr.
zdf.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Madlen Buck, Sebastian Haupt, Sarah Langner.
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