
Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
manchmal trifft uns ein Detail mitten ins Herz. Bei mir war es heute Morgen eine Zahl: 9.273. Mindestens so oft lieferten deutsche Firmen kurz vor dem Angriffskrieg Maschinen und Teile an Russland, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch militärisch genutzt werden können. Trotz Sanktionen gegen einen Teil dieser sogenannten Dual-Use-Güter. In den Lieferungen enthalten: hochpräzise Maschinen aus Baden-Württemberg, die dabei helfen können, Sprengköpfe für Putins Krieg einsatzbereit zu machen. Eben solche, die in russischen Drohnen im Krieg in der Ukraine eingesetzt werden – und tödlich sind.
Genau diese Spuren haben die CORRECTIV.Europe-Reporterinnen Lilith Grull und Frida Thurm gemeinsam mit dem freien Journalisten Dylan Carter offengelegt. Sie analysierten knapp eine Million russische Importdaten. Ihre heute veröffentlichte Recherche zeigt: Europa, darunter auch Deutschland, hat mit seinen Lieferungen zur russischen Aufrüstung beigetragen – deutlich stärker als bisher bekannt. Denn ein Großteil von Russlands Waffenproduktion wäre ohne importierte Maschinen schlicht nicht möglich.
CORRECTIV.Europe ist übrigens unser Netzwerk von über 450 europäischen Medien und Journalisten, die gemeinsam recherchieren. Sie können hier tiefer darin eintauchen und sogar Teil des Netzwerks werden.
Ich vertrete heute meine Kollegin Anette Dowideit. Schreiben Sie mir gerne mit Hinweisen: samira.joy.frauwallner@correctiv.org. Wenn Sie speziell zur neuen Recherche und dem heutigen Tagesthema unser Reporter-Team kontaktieren wollen, erreichen Sie es über europe@correctiv.org.
Thema des Tages: Deutsche Maschinen für Putins Krieg
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
CORRECTIV.Faktenforum: Halloween im Seniorenheim – virales Video ist KI-generiert
CORRECTIV-Werkbank: Unsere Bildungswerkstatt – wie wir den Lokaljournalismus stärken wollen
Grafik des Tages: Gas-Füllstand in Deutschland unterdurchschnittlich
Europa spielt beim Angriffskrieg gegen die Ukraine eine größere Rolle, als viele dachten. Europäische Firmen – darunter auch deutsche – verkauften in den Jahren vor der Invasion zehntausende Male Maschinen nach Russland, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch militärisch genutzt werden können. Sie werden als „Dual-Use-Güter“ bezeichnet.
Die Zahlen der Analyse von CORRECTIV.Europe sind erschütternd: Zwischen 2019 und März 2022 gab es über 28.000 solcher Lieferungen aus Europa nach Russland. Über 9.000 davon kamen aus Deutschland. Weil die Maschinen in der Regel jahrelang laufen, dürften viele von ihnen noch immer für Putins Angriffskrieg produzieren.
Die Spur nach Deutschland
Russland stellt unter anderem sogenannte Gerbera-Drohnen her – Waffen, die die ukrainische Luftabwehr überlasten. Manche tragen Sprengsätze, andere dienen der Täuschung. Es waren auch diese Drohnen, die im September bis nach Polen gelangt sind und die NATO alarmierten.
Was diese Drohnen von einem herumfliegenden Stück Styropor unterscheidet, aus dem viele der Flugkörper oft bestehen, sind ihre Sprengköpfe: also die Teile, die sie zu einer scharfen Waffe machen.
Jetzt kommt‘s: Damit diese Sprengköpfe nicht auseinanderbrechen oder Fehler haben, werden sie mit speziellen Prüfgeräten kontrolliert. Unserer Redaktion liegt ein Vertrag vor, der belegt: Das russische Rüstungsunternehmen Npo Basalt kaufte ein Gerät, das genau das kann. Und zwar von einer Firma aus Deutschland: Dürr Ndt, mit Sitz in Baden-Württemberg. Brisant ist auch, dass dies geschehen konnte, obwohl Npo Basalt damals bereits seit zwei Jahren auf der EU-Sanktionsliste stand.

Warum funktionieren denn die Sanktionen nicht richtig?
Hier ein paar Gründe:
- Behörden sind überlastet.
- Die Einstufung von Dual-Use-Produkten ist kompliziert und interpretationsabhängig.
- Unternehmen erwirken sogenannte Null-Bescheide, um rechtliche Risiken abzufedern.
- Russland weicht über Drittstaaten aus – allen voran über die Türkei, China und Zentralasien.
Laut unserem Datensatz gelangten nach der Vollinvasion 2022 Dürr-Ndt-Produkte im Wert von über 1,7 Millionen US-Dollar nach Russland.
Ein Netzwerk aus Firmen
Wie die neue Recherche zeigt (hier lesen), arbeitete Dürr Ndt bereits 2010 mit dem russischen Partner Newcom Ndt zusammen. CORRECTIV.Europe hat jetzt gemeinsam mit dem freien Journalisten Dylan Carter und der Plattform „Tools of War“ über 861.882 russische Importdaten aus den Jahren 2019 bis März 2022 ausgewertet. Das Ergebnis zeigt ein weit verzweigtes Netzwerk aus Firmen in der EU, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich, Norwegen, der Ukraine, der Türkei und Island.
Die meisten Lieferungen kommen aus Deutschland, Italien und Schweden.
Was wir daraus jetzt mitnehmen
Für Putins Kriegsführung braucht Russland Maschinen. In jedem technischen Bauteil stecken dabei aber mehr als Metall und Elektronik. Betroffen sind davon auch Menschenleben.
Europas Lieferungen aus den vergangenen Jahren beeinflussen diesen Krieg bis heute. Wenn es weiterhin Geräte liefert – wissentlich oder durch Wegsehen –, verlängert es diesen Krieg. Nicht nur durch Munition, sondern auch durch Maschinenteile aus Deutschland.
Wagenknecht fordert Zusammenarbeit mit der AfD
Die Gründerin des BSW, Sahra Wagenknecht, fordert, die AfD in alle politischen Entscheidungen des Landes mit einzubinden. Wagenknecht behauptet zudem: „Die Brandmauer ist gescheitert“ – eine Einschätzung, die äußerst umstritten ist.
t-online.de
Staatsminister Weimer wegen Vorwürfen zur Käuflichkeit unter Druck
Dem Kulturstaatsminister Wolfram Weimer wird Käuflichkeit und Vorteilsnahme vorgeworfen. Eine Firma, von der Weimer finanziell profitiert, habe gegen Geld exklusiven Zugang zu Regierungsmitgliedern verschafft – darunter zu Weimers Kabinettskollegen. Ein langjähriger SPD-Bundestagsabgeordneter fordert nun Aufklärung von Weimer.
t-online.de
Lokal: Beamtenbesoldung in Berlin seit Jahren verfassungswidrig
Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war die Beamtenbesoldung in Berlin über Jahre verfassungswidrig. Demnach könnten für den Staat nun hohe Nachzahlungen entstehen.
bz-berlin.de / tagesschau.de
Recherche: Wie Rechtsextreme junge Menschen rekrutieren
Eine Recherche der Wochenzeitung Kontext zeigt, wie die „Nationalrevolutionäre Jugend“ im Südwesten Deutschlands junge Menschen mit Gewaltvideos und NS-Rhetorik rekrutiert.
kontextwochenzeitung.de

CORRECTIV.Faktenforum

In einem viralen Instagram-Video zeigen Altersheim-Bewohner ihre witzigen Halloween-Kostüme. Doch die Szenen sind nicht echt. Heim und Bewohner wurden mit Künstlicher Intelligenz erstellt.
faktenforum.org
Endlich verständlich
Droht der Green Deal nach fast fünf Jahren zu scheitern? Unsere Jugendredaktion Salon5 hat sich angeschaut, worüber die Minister der EU-Staaten in der vergangenen Woche abgestimmt haben – und was das für das europäische Mammutprojekt, den Green Deal, bedeutet.
instagram.com
So geht’s auch
46 kirchliche Institutionen in Deutschland stoppen ihre Investments in fossile Energien. Neben evangelischen Landeskirchen und Diakonien gehört dazu auch die katholische Pax-Bank. Das kirchliche Vermögen in Geschäfte mit Kohle, Öl und Gas anzulegen, sei nicht mit ihren Grundsätzen vereinbar. Das haben die „Christians for Future“ am Dienstag bekanntgegeben.
taz.de
Fundstück
Zu unkommerziell: Das EU-Amt für geistiges Eigentum EUIPO hat die europäischen Markenrechte der AfD am Partei-Logo und dem Kürzel „AfD“ für verfallen erklärt. Dem war der Antrag einer Berliner Anwaltskanzlei auf Verfall vorausgegangen. Die Begründung: Die vorgelegten Unterlagen der AfD würden zwar eine parteiinterne Nutzung der Marken belegen, aber keine kommerzielle Tätigkeit. Der Verlust der Markenrechte erschwert es der AfD, anderen die Nutzung von Logo oder Kürzel für kommerzielle Zwecke zu untersagen – etwa für T-Shirts.
tagesspiegel.de
Wie sehr Bildung uns alle betrifft, wird deutlich, wenn man Lokaljournalistinnen- und journalisten zuhört, die jeden Tag vor Ort beobachten, aufdecken und erklären, was in Schulen und Kitas wirklich passiert. Genau das durfte ich kürzlich erleben.
Vergangene Woche trafen sich knapp 20 lokale Kolleginnen und Kollegen zu unserer zweiten CORRECTIV.Lokal Bildungswerkstatt – von jungen Neugründungen wie Rums aus Münster und dem Bloq Magazin aus Mannheim über Kolleginnen vom RBB, NDR und WDR bis hin zu klassischen Lokal- und Regionalmedien wie der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, der Zevener Zeitung, der Märkischen Allgemeinen Zeitung oder der Rheinischen Post.
Zwei Tage lang standen Austausch, wissenschaftlicher Input und gemeinsame Recherche im Mittelpunkt. Ziel: hochwertige Recherchen zu Bildungsthemen entwickeln, die direkt in die Redaktionen zurückfließen und vor Ort sichtbar machen, wo in Schulen und Kitas etwas gut läuft – und wo es hakt.
Besonders deutlich wurde: Viele Lokaljournalistinnen- und journalisten arbeiten unter enormem Druck und unter herausfordernden Bedingungen. Umso wichtiger sind Momente wie diese zwei Tage, die ihnen Energie und Motivation geben. Und handfeste Recherchen, mit denen sie gestärkt in ihre Redaktionen zurückkehren können. Vielleicht entdecken Sie schon bald in ihrer Lokalzeitung eine dieser Recherchen.

Während der Gasfüllstand in den vergangenen Jahren zu Beginn der Heizperiode meist über 99 Prozent lag, startet Deutschland nun mit etwa 75 Prozent. Netzagentur und Bundesregierung sehen keinen Grund zur Besorgnis. Die „Initiative Energien Speichern“ – ein Zusammenschluss von Betreiberunternehmen von Gas- und Wasserstoffspeichern – hält den Füllstand hingegen für zu niedrig. Im Falle eines sehr kalten Winters könnte es im Januar zu Versorgungsengpässen kommen.
fnp.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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