
Liebe Leserinnen und Leser,
es kommt nicht oft vor, dass der Tod eines Menschen derart viele weltweit bewegt: Am Osterwochenende, kurz nach seinem letzten öffentlichen Auftritt in Rom, verstarb der Papst. Franziskus wurde 88 Jahre alt, er starb an einem Schlaganfall. Wir von CORRECTIV waren am Wochenende zufällig im Vatikan, für eine Recherche – siehe hier.
Warum sein Ableben für so viele Menschen auf dem ganzen Globus nicht nur bewegend, sondern auch relevant ist – und wie es weitergeht: heute das Thema des Tages.
Außerdem im SPOTLIGHT: In der „Werkbank“ schreibt Reporter Marcus Bensmann heute über die Auswirkung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in einem konkreten Fall. Es geht um einen Mann, der durch Übergriffe eines Geistlichen derart aus der Lebensbahn geworfen wurde, dass er nun im Gefängnis sitzt.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche. Wenn Sie mögen, schreiben Sie mir: Berührt Sie der Tod des Papstes? Und wenn ja, warum genau? anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Heiliger Vater!
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Presserat rügt Berliner Zeitung wegen Artikel zu angeblichem Turbokrebs
CORRECTIV-Werkbank: Unsere Recherchen zum Missbrauch in der Kirche
Wie relevant ist die katholische Kirche noch? Und spielt es eine große Rolle, wer sie als „Vertreter Gottes auf Erden“ anführt? Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:
Wie viele Katholiken gibt es?
Weltweit werden 1,4 Milliarden Menschen als Anhänger des katholischen christlichen Glaubens gewertet. Bei 8,2 Milliarden Menschen auf dem Globus ist das ein immer noch ziemlich großer Anteil – und verglichen mit den anderen Weltreligionen (das ist auf dieser Übersicht der Kindersendung des SWR gut dargestellt) ist das Christentum (Katholiken plus Protestanten) nach wie vor die größte, noch vor dem Islam.
Bei uns in Deutschland leben laut Deutscher Bischofskonferenz 20,3 Millionen Anhängerinnen und Anhänger, also ist immerhin rund ein Viertel der Deutschen katholisch. Zum Vergleich: Es gibt 18,6 Millionen Protestanten und rund 5,5 Millionen Muslime. Von jenen, die (zumindest offiziell) an eine höhere Macht glauben, sind die Katholiken also immer noch die größte Gruppe bei uns.

Warum ist relevant, wer die Katholiken anführt?
Der Papst ist im Grunde der Leitlinien-Geber der katholischen Kirche. An ihm hängt es, ob die Institution moderner wird.
Papst Franziskus war als Modernisierer angetreten. Er hat zum Beispiel für mehr Mitbestimmung gesorgt (sogar für Frauen!); und dafür, dass mehr Kardinäle aus anderen Teilen der Welt kommen – und nicht mehr so häufig aus dem reichen Westen.
Wie geht es weiter?
Wer sich für die besonderen Regeln und Abläufe im Vatikan interessiert: Das Onlineportal Kirche und Leben hat ausführlich aufgeschrieben, was derzeit im Herzen der katholischen Kirche los ist, welche Rolle die 252 Kardinäle jetzt bei der Verwaltung des Vatikanstaats spielen – und warum die Figur „Camerlengo“ jetzt gerade ihre große Zeit hat.
Wer Franziskus als Papst nachfolgen wird:
Sicher ist schon mal: Es wird schon wieder keine Frau. Nun ja. Zur Wahl steht eine Reihe von Kirchenmännern, die das ZDF hier in einer Bilderschau zeigt.
Was der neue Papst angehen muss:
Unter anderem, das ist auch unser großes Recherche-Thema bei CORRECTIV seit Jahren: die systematische Aufarbeitung der vielen, vielen Missbrauchsfälle der vergangenen Jahrzehnte in der Katholischen Kirche weltweit.
Franziskus hatte Missbrauch in der Kirche immer klar als großes Problem benannt, trotzdem bleibt der Fortschritt der Aufklärung bisher weltweit (und auch in Deutschland) hinter den Erwartungen zurück. Die Frage ist: Wird ein neuer Papst endlich den Mut haben, auch die Archive im Vatikan zu öffnen und so transparent zu machen, was die Kirche selbst über den Umfang des Kindesmissbrauchs weiß?
Wenn Sie dazu mehr erfahren möchten, schauen Sie mal auf die Übersichtsseite zu unseren Kirchen-Recherchen.
USA: Weiter Machtkampf um unrechtmäßige Abschiebung
Ein junger Familienvater aus Maryland wurde aufgrund eines Verwaltungsfehlers nach El Salvador abgeschoben. Politiker der US-Demokraten reisten nun erneut nach El Salvador, um den Druck auf den US-Präsidenten zu erhöhen und dem Familienvater die Wiedereinreise in die USA zu ermöglichen.
spiegel.de
BKA-Chef warnt vor Zunahme harter Drogen in Deutschland
Gerade Kokain soll sich laut dem Chef des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, sehr stark in Deutschland verbreiten. Er bezeichnet dies als „Kokain-Schwemme“. Durch den gesättigten Markt in Nordamerika würde sich der Handel immer mehr auf Europa konzentrieren, was mehr Kriminalität verursachen könnte.
zdf.de
Lokal: Ostermärsche gegen Krieg und Faschismus
Hunderte Menschen demonstrierten am Osterwochenende in Hessen. Ihre Proteste richteten sich gegen Krieg, Gewalt und Faschismus. Die landesweit größte Veranstaltung fand in Frankfurt statt, dort kamen rund 1.000 Menschen zu einer Kundgebung zusammen.
hessenschau.de
Recherche: Deutsche Forschungseinrichtung von russischem Regime als extremistisch eingestuft
Eine Recherche der Tagesschau zum Hybridkrieg Russlands verdeutlicht die Auswirkungen auf die Wissenschaft. Der Oberste Gerichtshof in Moskau stufte zuletzt die deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde als extremistisch ein. Nach einer Morddrohung gegen einen Osteuropa-Historiker zeigen sich die deutschen Sicherheitsbehörden besorgt.
tagesschau.de

Faktencheck

Im vergangenen Jahr schürte eine Pathologin Angst vor „Turbokrebs“, der angeblich nach Corona-Impfungen aufgetreten sei. CORRECTIV.Faktencheck hatte ihren Gastbeitrag in der Berliner Zeitung damals überprüft – und zahlreiche Fehler aufgedeckt. Nun hat der Presserat die Berliner Zeitung für den Artikel gerügt.
CORRECTIV.Faktencheck (Instagram)
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Endlich verständlich
Laut Medienberichten erklärt sich die Hamas im Gazastreifen womöglich zu einer Machtübergabe bereit. Dort regiert sie seit 2007. Wie die Organisation, die in Deutschland als Terrororganisation eingestuft ist, zur dominierenden Kraft im Gazastreifen werden konnte, fasst der MDR übersichtlich zusammen. Dass ihr Arm bis nach Deutschland reicht, schlüsselt die NZZ auf.
mdr.de (vom November 2023) / nzz.ch
So geht’s auch
Lassen sich konventionelle Fahrzeuge mit schmalem Geld zum E-Auto umrüsten? Ein Tourismus-Anbieter in Tansania hat das getan und bietet nun E-Safaris an. Das passt zur neuen Verkehrsstrategie des Landes, das auf Investitionen in E-Mobilität setzt.
daserste.de
Fundstück
Wer regierte am längsten? Wer war der Erste Nicht-Europäer? N-tv hat sie alle als interaktive Grafik: die Päpste der Geschichte.
n-tv.de
Eine CORRECTIV-Recherche führte uns am Ostersonntag nach Rom, wo wir filmten, wie Papst Franziskus mit brüchiger Stimme den Segen Urbi et Orbi auf dem Petersplatz sprach. Einen Tag später starb der Papst aus Argentinien.
Für die Karwoche und die Osterfeierlichkeiten mobilisierte Franziskus seine letzten Kräfte. Er überraschte immer wieder mit seiner Anwesenheit bei den Messen und besuchte am Gründonnerstag erneut ein Gefängnis, um einer Fußwaschung beizuwohnen. Ein Zeichen christlicher Demut und Ausdruck seines Wunsches, den Menschen am Rande der Gesellschaft nahe zu sein.
In einem Gefängnis nördlich der Alpen sitzt Andreas Perr. Dorthin fahre ich heute. Mitte der 1990er-Jahre missbrauchte der Priester Peter H. den damals knapp 12-jährigen Perr im Pfarrhaus der oberbayerischen Gemeinde Garching an der Alz. Der Missbrauch und die Zweifel der Erwachsenen an der Täterschaft des Priesters warfen Perr aus der Lebensbahn. Er stürzte in Drogen und Alkohol ab. Morgen steht Perr wegen Medikamentenmissbrauchs vor Gericht. Eine Haftstrafe droht.
Doch Perr ist auch Kläger: In einem Zivilprozess fordert Perr Schmerzensgeld vom Erzbistum München und Freising sowie von den Erben des verstorbenen Papstes Benedikt XVI, dem Vorgänger von Franziskus. Der Priester war nach einer Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs in Perrs Gemeinde eingesetzt worden.Die Anwälte des Erzbistums wehren sich im Zivilprozess gegen die Klage. Perr muss beweisen, wie der Missbrauch durch einen Priester sein Leben zerstörte. Der Prozess dauert nun schon ein Jahr. Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, reist nach Rom, um als Kardinal am Konklave zur Wahl des nächsten Papstes teilzunehmen. Die Vollzugsanstalt, in der Perr einsitzt, wäre ein Ort, an dem Marx mit einem Besuch vielleicht zeigen könnte, dass er die Folgen des klerikalen Missbrauchs verstanden hat.

Trotz Rekordwärme 2024: Deutlich weniger Menschen als noch vor vier Jahren sind der Meinung, dass sie im Kampf gegen den Klimawandel selbst Verantwortung tragen. Das geht aus einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Ipsos hervor. Zudem denken drei Viertel der Deutschen, der Klimawandel betreffe nicht das eigene Land, sondern vor allem andere.
Dabei zeigen die Daten des EU-Klimadienstes Copernicus, dass sich Europa am schnellsten von allen Kontinenten erhitzt. Wie gravierend die Lage ist und was die kommende Regierung zum Schutz davor plant, haben wir hier berichtet.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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