
Liebe Leserinnen und Leser,
Ende Januar kam der Paukenschlag: US-Präsident Donald Trump kündigte an, die amerikanische Entwicklungshilfe komplett einzustellen und alle Angestellten der zuständigen Behörde für internationale Entwicklung (USAID) zu beurlauben. In den USA ringen Gerichte und Trump-Regierung noch darum, ob es wirklich genauso kommt.
Wir von CORRECTIV haben dazu recherchiert: Welche handfesten Auswirkungen hat der radikale Sparkurs für uns in Deutschland?
Heute lesen Sie im Thema des Tages Teil 1 – die Sicherheitsrisiken. Durch Trumps Pläne steigt die Gefahr, dass Anhänger der Terrorgruppe IS unbemerkt zu uns kommen könnten.
Außerdem im SPOTLIGHT: Heute ist der Jahrestag des Attentats von Hanau, bei dem ein Mann aus rassistischen Motiven neun Menschen ermordete. In der „Werkbank“ zeigen wir, wie wenig politische Konsequenzen die Tat hatte. Und dann gab es gestern diese Nachricht zu den Spenden an die AfD, vielleicht haben Sie davon gelesen. Es geht darum, dass hinter der Werbekampagne im Wert von 2,35 Millionen Euro eigentlich jemand anderes stecken soll als offiziell angegeben. Mehr dazu steht im „Tag auf einen Blick“.
Im „Bundestagswahl Spezial“ schreibt unsere neue Kollegin Jule Scharun heute, was bei unserer SPOTLIGHT-Umfrage herauskam: Wie genau treffen Sie (jetzt noch) Ihre Wahlentscheidung?
Thema des Tages: Höhere Terrorgefahr dank Trump
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Bundestagswahl-Spezial: So fällen die Spotlight-Lesenden ihre Wahlentscheidung
CORRECTIV-Werkbank: 5 Jahre Hanau – und das politische Versagen
Grafik des Tages: Wo sich viele das Heizen nicht leisten können
Al-Hol und Rodsch im Nordosten Syriens sind die größten und wahrscheinlich gefährlichsten Terrorcamps der Welt: Dort sitzen Tausende Angehörige von Kämpfern der Gruppe „Islamischer Staat“ (IS) ein.
Insgesamt leben allein in al-Hol rund 40.000 Menschen – zu großen Teilen Frauen, Kinder, Heranwachsende – und viele von ihnen sind radikalisiert. Sie hassen den freien Westen und wollen den „Ungläubigen“ wehtun. In nahegelegenen Haftanstalten sitzen die Männer dazu. Männer, die als erklärte IS-Kämpfer bekannt sind und die auf den Terrorlisten europäischer Sicherheitsbehörden stehen.

Unsere heute veröffentlichte Recherche zeigt: Die deutschen Sicherheitsbehörden sind hoch besorgt. Sie befürchten, dass bald IS-Kämpfer oder deren nicht minder radikalisierte Frauen oder Kinder nach Deutschland kommen könnten.
Woher kommt die Befürchtung?
Für die Bewachung der Lager ist die kurdische Autonomieverwaltung SDF (Syrian Democratic Forces) zuständig. Diese aber braucht – und bekam bisher – sehr viel Unterstützung von privatwirtschaftlichen Organisationen aus den USA.
Diese Firmen sind (beziehungsweise waren) unter anderem dafür zuständig, die Sicherheit im Camp zu gewährleisten, ebenso die Versorgung der Menschen mit Wasser, Essen und Hygiene.
Jetzt aber hat Trump das Geld für diese Firmen gestrichen. Wie und ob die Lager weiter versorgt und bewacht werden, ist daher völlig unklar.
Was heißt das?
Mehrere Vertreter dieser Organisationen sagten uns: Sie rechnen damit, mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Arbeit nicht weiterführen zu können. Das wiederum könnte dazu führen, dass IS-Kämpfer und ihre ebenso radikalisierten Frauen und Kinder nach Europa gelangen könnten. Zum Beispiel nach Deutschland.
Warum soll das möglich sein?
Einige der Radikalisierten in den Lagern sind Staatsangehörige europäischer Länder, zum Beispiel Deutsche. Sollten Chaos in den Lagern ausbrechen, könnten sie entkommen – und vielleicht unbemerkt nach Deutschland gelangen.
Die deutschen Sicherheitsbehörden teilten auf CORRECTIV-Anfrage außergewöhnlich deutlich mit, dass sie diese Entwicklung sehr genau im Auge haben.
Wer mehr über die Lage in Syrien wissen möchte: In unserem Buch „Im Klassenzimmer der Diktatur“ aus dem CORRECTIV-Buchverlag beschreiben Bassel und Diala aus Syrien, wie sich ihr Leben durch den Bürgerkrieg verändert hat.
Hanau-Attentat: Angehörige kämpfen weiter um Aufklärung
Said Nesar Hashemi, Hamza Kurtović, Ferhat Unvar, Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu, Gökhan Gültekin, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz und Kaloyan Velkov – das sind die Namen derer, die dem rassistischen Anschlag in Hanau vor fünf Jahren zum Opfer fielen. Obwohl das Verfahren der Bundesanwaltschaft seit 2021 eingestellt ist, gibt es noch immer Ungereimtheiten. Angehörige klagen für mehr Aufklärung.
taz.de
Warnstreiks am Freitag in sechs Bundesländern
Weil die Tarifverhandlungen am Dienstag gescheitert waren, steht der öffentliche Personennahverkehr am Freitag vielerorts still. Betroffen sind Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, NRW und Rheinland-Pfalz.
spiegel.de
Regional: Länderfinanzausgleich – Nur vier Länder sind Geber
Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg – aus diesen Bundesländern fließt Geld in den Rest der Republik. Ziel ist das Herstellen gleichwertiger Lebensverhältnisse. Vor allem aus Bayern gibt es jedoch Kritik.
mdr.de
Investigativ: Millionenspende an die AfD unter Verdacht
Österreichische Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass hinter der jüngsten Millionenspende an die AfD ein Strohmann stecken könnte. Die Partei beteuert, sie habe darauf keine Hinweise.
zdf.de / spiegel.de (€)
Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, wäre es allerdings nicht der erste Spendenskandal. CORRECTIV hat dazu in der Vergangenheit bereits umfassend recherchiert. Die Übersicht finden Sie hier.
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Bundestagswahl-Spezial
Die Bundestagswahl rückt immer näher und – wenn Sie nicht schon bereits gewählt haben – auch die Frage: „Wen wähle ich überhaupt?“. Wir wollten von Ihnen wissen, ob Sie schon entschieden haben und welche Informationsquellen Sie in Ihre Entscheidung einbeziehen – und welche nicht.
Zunächst einmal war eindeutig: Die Mehrheit der Spotlight-Leserinnen und -Leser weiß bereits, wo sie ihr Kreuz setzt. Für Ihre Entscheidung haben mehr als 60 Prozent auch die Hilfe von Online-Tools (etwa den Wahlomat oder den Kandidierendenvergleich) in Anspruch genommen. Interessant: Etwa drei Viertel davon gaben an, dass es ihre Meinung beeinflusst, aber in den meisten Fällen bestärken diese Tools lediglich die schon vorhandene Meinung.
Doch nicht nur Online Tools sind beliebt bei der Wahlentscheidung, auch der Austausch mit Freunden und Familie (57%), Medienberichterstattungen (75%) oder auch die aktive Auseinandersetzung mit den Wahlprogrammen der Parteien (54%) beeinflussen die Menschen.

In Sozialen Netzwerken behauptet Sahra Wagenknecht, ein ZDF-Korrespondent habe sich in der Talksendung Maybrit Illner darüber gefreut, dass der Krieg in der Ukraine trotz Donald Trumps Wahl weitergehe. Diese Interpretation beruht jedoch auf einem Satz, der aus dem Kontext gerissen wird.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich verständlich
Was können wir gegen die strukturelle Krise der Bildungspolitik tun? Der Bildungsforscher Professor Aladin El-Mafaalani beschreibt in seinem neuen Buch „Kinder – Minderheit ohne Schutz” die Realität im Schulsystem. Kinder und Jugendliche haben das größte Armutsrisiko im Verhältnis zu allen anderen Gesellschaftsgruppen, sie erleben Missachtung und einen versagenden Staat in überfüllten Schulkantinen, Gewalt, marode Infrastrukturen und Desinteresse. Zehntausende Kinder können trotz Schulpflicht in Deutschland keine Schulen besuchen. Es gibt viel zu wenig Lehrer, Unterricht fällt routinemäßig aus, Burn Outs sind ein Massensymptom. Kurz: Das System ist im Kollaps.
Im Interview mit CORRECTIV beschreibt El-Mafaalani die Ursachen für die Krise, und erklärt wie Auswege aus der Misere aussehen könnten. Dazu gehören etwa die Einbindung älterer Menschen in die Schulversorgung, Zukunftsräte, ein Bildungs-Sondervermögen und eine Neuorganisation der Arbeit.
Instagram (Interview mit Aladin El-Mafaalani)
So geht’s auch
Rassismus im Alltag: Auch im Gesundheitsbereich ist das ein Problem. Dem will ein Projekt der Stiftung gegen Rassismus entgegentreten – gemeinsam mit Kliniken, Ärztekammern und Beratungsstellen. Ziel ist unter anderem ein Leitfaden als praktische Handreichung.
wdr.de
Fundstück
Frust in Österreich: Weil der Preis fürs Flaschenpfand dort höher ist als hierzulande, bringen zahlreiche deutsche Pfand-Touristen ihre Bierkästen lieber über die Grenze, um das zusätzliche Geld zu kassieren. Brauereien auf beiden Seiten beschert das Probleme.
t-online.de
Heute jährt sich der rassistische Anschlag in Hanau zum fünften Mal. Fünf Jahre – und trotzdem kämpfen die Hinterbliebenen immer noch dafür, Verantwortliche bei Polizei und Politik ausfindig zu machen. Denn das behördliche Versagen wurde bis heute nicht aufgearbeitet und auch politisch folgten keine Konsequenzen. In Zeiten, in denen Sicherheitspolitik das einzige Thema zu sein scheint und ein neuer Höchststand bei rechtsmotivierten politischen Straftaten verzeichnet wurde, ein Armutszeugnis. Denn Ansätze zur Verbesserung gibt es längst.
So berief Horst Seehofer (CSU) – damals noch Innenminister – nach dem Anschlag in Hanau einen unabhängigen Expertenkreis ein. Dieser sollte dokumentieren, wie Musliminnen und Muslime in Deutschland diskriminiert werden und Handlungsempfehlungen erarbeiten, um Muslimfeindlichkeit präventiv zu bekämpfen. Im Juni 2023 erschien dann der 400-seitige Bericht. Politisch umgesetzt wurde davon nichts.
Stattdessen wurde der Bericht kurz nach Veröffentlichung auf mehreren Ebenen diskreditiert. Denn es folgten mehrere – in Teilen erfolgreiche – Klagen gegen das Bundesinnenministerium (BMI), woraufhin der Bericht für einige Monate zurückgezogen wurde. Wichtig: Inhaltlich wurde der Bericht nicht beanstandet. Mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier.
Dennoch wussten einige Akteure die Klagen gut für sich zu nutzen: Medial galt der Bericht schnell als umstritten. Auch wurde versucht, die erneute Veröffentlichung zu verhindern. Mit dabei: in Teilen die gleichen Akteure, die die CDU momentan nach rechts treiben.
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Die Temperaturen der vergangenen Nacht lagen mancherorts im zweistelligen Minusbereich. Für die meisten Menschen kein Problem, einfach die Heizung aufdrehen. Doch für Millionen von Deutschen wird Heizen im Winter zur finanziellen Belastungsprobe: Sie können es sich nicht leisten, ihre Wohnung angemessen warm zu halten. Welche Regionen das am stärksten trifft, zeigt die Grafik des Tages.
correctiv.org
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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