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Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.

Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

Im Thema des Tages geht es heute um eine Partei, die wir zuletzt wenig im Blick hatten: das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). In Sachsen-Anhalt könnte das BSW aber künftig eine wichtige Rolle spielen. Nämlich dann, wenn es bereit wäre, nach der nächsten Landtagswahl mit der AfD zusammenzuarbeiten. Mein Kollege Sebastian Haupt hat beim BSW in Sachsen-Anhalt nachgefragt, was man sich dort alles vorstellen kann. Mehr dazu im Thema des Tages.

Außerdem im SPOTLIGHT: Gestern war Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann zum Video-Interview bei uns. Unsere Praktikantin Leonie Georg, die gemeinsam mit mir die Fragen an Laumann vorbereitet hat, gibt in der „Werkbank“ einen Vorgeschmack, was er zur Frage gesagt hat, ob das „C“ in CDU noch gilt.

Was treibt Sie gerade um? Schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Landesregierung aus AfD und BSW?

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Kommunalwahlen in NRW: Vorsicht vor diesen gängigen Falschbehauptungen

Gute Sache(n): So funktioniert die Kommunalwahl in NRW • Die Stadt, in der alle Gemüse anbauen • Neues Banksy-Wandbild in London aufgetaucht

CORRECTIV-Werkbank: Einblicke in unser Interview mit dem NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann

Grafik des Tages: Billige Giftmüllentsorgung nach Tschechien: Von diesen Orten in Deutschland gingen Mülltransporte ab

Das ist ein historisch hoher Wert – und umso krasser ist dieses Umfrageergebnis, wenn man bedenkt, dass der AfD-Spitzenkandidat im Bundesland Ulrich Siegmund ist: Er kündigte beim Geheimtreffen von Potsdam an, er und seine Partei würden es für Menschen mit Migrationshintergrund unbequem machen, sollte die AfD in Regierungsverantwortung kommen. 

Wir haben uns daher angeschaut: Wie wahrscheinlich ist es denn, dass dies nach den Landtagswahlen im kommenden Jahr passiert? Welche Partei könnte ihr Steigbügelhalter sein? Eigentlich kommt nur eine infrage: das Bündnis Sahra Wagenknecht. Denn die etablierten Parteien schließen eine Kooperation mit der AfD kategorisch aus.

Parteichefin Wagenknecht gestern bei der Pressekonferenz zu einer „Friedenskundgebung“. Quelle: picture alliance / AAPimages/Wehnert | AAPimages/Wehnert

Was wir das BSW gefragt haben:
Wir wollten von der Landesgruppe der Partei wissen, welche Arten der Zusammenarbeit sie sich mit der AfD vorstellen könnten. Das Ergebnis lesen Sie in diesem vorhin veröffentlichten Text auf correctiv.org.

Einer der beiden Landesvorsitzenden des BSW in Sachsen-Anhalt sagte uns:

„Wenn es Anträge gibt, die das Leben der Menschen in Sachsen-Anhalt verbessern – ganz gleich von wem –, dann werden wir sie uns anschauen und sachgebunden behandeln.“
Thomas Schulze
Landesvorsitzender BSW in Sachsen-Anhalt

Das BSW sagt also, es würde Sachthemen gemeinsam mit der AfD durchbringen wollen. Als Themen, bei denen der Schuh besonders drückt, benennt Schulze etwa den Erhalt aller Krankenhausstandorte in Sachsen-Anhalt, ein Verbot von Handys und Tablets an Grundschulen und Investitionen in Infrastruktur. 

Auch bei der Russlandpolitik gibt es Schnittmengen. Das BSW im Bundesland findet, man müsse die „fatalen Energiesanktionen gegen Russland“ wieder aufheben, weil diese das Land wirtschaftlich in die Knie zwingen würden.

Wie sieht es mit einer Koalition aus?
In den vorigen Umfragen schwankten die Zustimmungswerte für das BSW in Sachsen-Anhalt zwischen 10 und 16 Prozent, zuletzt erreichte es sechs Prozent. Das heißt, gemeinsam mit der AfD würde es – Stand jetzt – auf maximal 45 Prozent kommen. Für eine Regierungskoalition würde es den aktuellen Umfragen zufolge nicht reichen.

Was aber wäre, wenn beide Parteien weiter zulegen würden? Einer festen Koalition mit der AfD erteilt Schulze eine Absage – ebenso übrigens wie einer Koalition mit der CDU. Letztere habe „Sachsen-Anhalt in den letzten Jahrzehnten genau in diesen schlechten Zustand gebracht, in dem es jetzt ist“.

Und wie steht das BSW zu einer Unterstützung der AfD?
Ob das BSW allerdings eine mögliche Minderheitsregierung der AfD oder der CDU unterstützen würde, ließ die Parteispitze offen. 

Auf Nachfrage wurde CORRECTIV telefonisch mitgeteilt: Die Frage nach Minderheitsregierungen sei eine Angelegenheit vom nächsten Jahr und von den jeweils konkreten Mehrheitsverhältnissen abhängig. Zunächst gehe es für das BSW darum, die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden. Ausgeschlossen ist eine Duldung offenbar nicht. 


Was heißt das für Deutschland?
Es ist wichtig, Sachsen-Anhalt genau im Blick zu behalten. Das Bundesland könnte eine Blaupause für das gesamte Land sein.Wir haben nun auch BSW-Chefin Wagenknecht gefragt: Wie steht sie selbst, als Namensgeberin der Partei, zur Zusammenarbeit mit einer Partei, die laut Verfassungsschutz gesichert rechtsextremistisch ist? Sie schreibt:

Es dürfte mittlerweile bekannt sein, dass wir als BSW in der Sache entscheiden, ob wir einem Antrag zustimmen, und nicht danach, wer einen Antrag eingebracht hat.
Sahra Wagenknecht
Gründerin und Parteivorsitzende BSW

Auf die Frage, ob ein Landesverband eine AfD-Minderheitsregierung unterstützen könnte, ging sie nicht ein.

Jahrestag der NSU-Mordanschläge
Am heutigen Dienstag jährt sich der erste „NSU“-Mord: Am 9. September vor 25 Jahren wurde Enver Şimşek ermordet. Der Blumenhändler war das erste Mordopfer der rechtsextremen Terrorgruppe. 
deutschlandfunk.de

Lokal: 50.000 Menschen in Berlin ohne Strom 
Ein Brand von zwei Stromkästen verursachte in Berlin am Morgen einen flächendeckenden Stromausfall. Rund 50.000 Menschen waren von dem Stromleck betroffen. Auch der Notruf fiel teilweise aus. Die Ermittler der Polizei  gehen von einem mutmaßlichen Anschlag aus. 
morgenpost.de/sueddeutsche.de

CORRECTIV: Bei einer Konferenz öffnen sich Türen für Trump-Fans 
In Berlin treffen sich zum zweiten Mal rechtsgerichtete Konservative, um Erfolgsstrategien für Wahlen zu besprechen. Gesponsert wird die Veranstaltung auch von einem Trump-nahen Institut – und einer Organisation, in der Jens Spahn eine wichtige Rolle spielt.
correctiv.org

Hand einer Person lässt Wahlzettel in eine Urne fallen
Symbolfoto: Sylvio Dittrich / imageBROKER / Picture Alliance

So geht’s auch
In Oosterwold, einer Stadt in den Niederlanden, muss jeder Einwohner auf der Hälfte seines Grundstücks Obst oder Gemüse anbauen. So versorgt die Stadt sich zum Großteil selbst. Die Menschen in Oosterwold genießen bei ihrem Hausbau viele Freiheiten, als Gegenzug sind sie allerdings selbst verantwortlich für den Bau von Straßen und anderen Infrastrukturen.
dw.com (Video) 

Fundstück
In London ist ein neues Kunstwerk des Streetart-Künstlers Banksy aufgetaucht. Es zeigt einen Richter, der mit seinem Richterhammer auf einen Demonstranten einschlägt. Als Bildunterschrift steht geschrieben: „Royal Courts of Justice, London“. Übersetzt auf Deutsch: „Königliche Gerichtshöfe, London“. 
zeit.de


Über diese Frage haben wir gestern mit dem NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) gesprochen. Ich bin seit einer Woche bei CORRECTIV, habe das Interview vorbereitet und Ihre Leserfragen gesammelt. Viele von Ihnen wollten wissen: Treibt die Union mit den geplanten Sozialstaats-Kürzungen nicht noch mehr Menschen in die Arme der AfD?

Laumann hat dazu eine klare Haltung: „Zur Politik gehört: Man muss die Dinge benennen, wie sie sind.” Einsparungen beim Bürgergeld von rund fünf Milliarden Euro? „Das kann man machen.“ Wie passt das zu seiner christlich-sozialen Haltung? Viele Bürger würden das Bürgergeld nicht wollen, und das müsse man ernst nehmen, sagt Laumann. Nur so könne man ein „Bollwerk gegen die AfD“ bilden. 

Ich habe mich nach dem Interview gefragt: Geht diese Strategie für die CDU wirklich auf? Aktuelle Umfragen wecken Zweifel.

Laumann hat eine interessante und seltene Perspektive in der Union. Er stammt aus einer Landwirtsfamilie und kam als gelernter Schlosser im Alter von 33 Jahren mit 15 Jahren Berufserfahrung in den Bundestag. Im Interview mit uns stellte er fest: Heute sitzen kaum noch Nicht-Akademiker im Parlament. Dabei würde das der Demokratie sicher gut tun, denn: „Welchen Beruf man hat, das prägt Blickwinkel.” 

Für mich spricht Laumann damit einen relevanten Aspekt an. Mein Eindruck: Wenn die Politik sich zu weit von den Lebensrealitäten der Menschen entfernt, wächst in der Wählerschaft das Gefühl von „die da oben“ und „wir hier unten“. Populistische Parteien wissen das für sich zu nutzen. 

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Leonie Georg, Sebastian Haupt und Jule Scharun.