
Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.
Liebe Leserinnen und Leser,
wäre an diesem Sonntag Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, käme die AfD auf 39 Prozent der Stimmen. Sie wäre die mit Abstand stärkste Kraft. Sachsen-Anhalt ist aber nicht irgendein Bundesland – sondern jenes, in dem der Landeschef der Partei Ulrich Siegmund heißt.
Siegmund war einer der Teilnehmer am Geheimtreffen von Potsdam. Und nicht nur Teilnehmer, sondern auch Vortragender. Er stellte dort vor, wie er es für Menschen mit Migrationshintergrund in seinem Bundesland ungemütlich machen will. Diese Dimension beleuchten wir im Thema des Tages, weil die Zusammenhänge den meisten wahrscheinlich nicht so klar vor Augen sind. Und es geht um die Frage, wie sich unser Rechtsstaat zur Lage in Sachsen-Anhalt nun verhalten kann.
Auch morgen, in unserer Samstagsausgabe, geht es um die Frage, was unsere Institutionen der AfD rechtlich entgegensetzen können – und zwar dann, wenn deren Bundestagsabgeordnete verurteilte Gewalttäter als Mitarbeiter einsetzen.
Heute lesen Sie im SPOTLIGHT außerdem eine neue Recherche unseres Teams, das schwerpunktmäßig zu russischer Einflussnahme arbeitet. Es geht um einen einflussreichen Strippenzieher, der in Europa für Russland lobbyiert.
Und in der „Leserfrage der Woche“ gehen wir der Frage nach: Was geschah mit rund fünf Milliarden Euro, die während der Corona-Zeit aus dem Bundeshaushalt entnommen wurden?
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend, und schreiben Sie mir gern: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Sachsen-Anhalt – Blaupause fürs Land?
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
CORRECTIV Events: Medienfreiheit und Wahlkampf in NRW
CORRECTIV.Faktenforum: Keine neue Regel: Wer fahren darf, hängt nicht vom Fahrzeugschein ab
CORRECTIV-Werkbank: Russischer Kolonialismus: Unser neues Buch ist erschienen
Grafik des Tages: Klimawandel macht Waldbrände 40-mal wahrscheinlicher
Ulrich Siegmund, Landeschef der AfD in Sachsen-Anhalt, war einer der Redner beim Geheimtreffen von Potsdam. Er warb dort um finanzielle Zuwendungen, um seine Vision für sein Bundesland umsetzen zu können, sollte die AfD dort an die Regierung kommen:
Das Straßenbild müsse sich ändern, sagte Siegmund. Ausländische Restaurants sollten unter Druck gesetzt werden. Es solle in Sachsen-Anhalt „für dieses Klientel möglichst unattraktiv sein zu leben“. Und das könne man sehr einfach realisieren.

Angesichts der historisch hohen Umfragewerte für Sachsen-Anhalt sieht es nun so aus, als sei diese Version Siegmunds gar nicht mehr weit weg. Und nun?
Die Relevanz für die Verbotsdebatte:
Das, was Siegmund in Potsdam vortrug, könnte entscheidend für ein mögliches AfD-Verbotsverfahren sein. Denn: Sollte es tatsächlich zu einem solchen Verfahren kommen, dann müsste das Bundesverfassungsgericht einerseits prüfen, ob das Gedankengut im Kern der Partei rassistisch und damit verfassungsfeindlich ist.
Zum anderen müsste es prüfen, ob Teile der Partei tatsächlich versuchen, dieses Gedankengut in handfeste Politik umzusetzen – es also für Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland so ungemütlich zu machen, dass sie das Land freiwillig verlassen. Und hier lohnt sich eben der genaue Blick auf Siegmunds Pläne für sein Bundesland.
Mehr dazu lesen Sie auf unserer Themenseite „Debatte um ein AfD-Verbot“.
Die Möglichkeiten des Rechtsstaats:
Viele Leserinnen und Leser schreiben uns dieser Tage, ob nicht die AfD nur in Sachsen-Anhalt verboten werden könnte. Die Rechtslage ist die:
Es können keine Verbotsanträge gegen einzelne Landesverbände einer bundesweiten Partei gestellt werden. Ein Verbotsantrag muss immer gegen die Gesamtpartei gestellt werden. Ausführlich erklärt dies der Verfassungsblog (unter Punkt 8).
Möglich wäre also lediglich, einen bundesweiten Verbotsantrag zu stellen. Dann könnte das Bundesverfassungsgericht prüfen, inwieweit die Pläne der Partei in Sachsen-Anhalt relevant sind – und dann könnte theoretisch das Verbot dieses einzelnen Landesverbandes daraus resultieren. Es ist also kompliziert. Hinzu kommt …
… das politische Spannungsverhältnis:
Wenn in einem Bundesland die AfD derart hohe Zustimmungsraten hat, wäre es politisch äußerst heikel, mit einem Verbotsverfahren gegen sie vorzugehen. Die an einem solchen Verfahren beteiligten Politiker würden sich dem Vorwurf aussetzen, sich gegen mehr als ein Drittel der Wählerinnen und Wähler im Bundesland zu stellen.
Genau deshalb blicken Politikerinnen, Rechtsexperten und Medienschaffende dieser Tage so bang nach Sachsen-Anhalt: Das, was in diesem Bundesland derzeit geschieht, könnte eine Blaupause für das gesamte Land sein.
Krankenkassenausgaben im ersten Halbjahr gestiegen
166,1 Milliarden Euro haben die 90 deutschen gesetzlichen Krankenkassen im ersten Halbjahr für Leistungen ausgegeben. Das sind 7,95 Prozent mehr als in der ersten Hälfte des Vorjahres. „Solche Steigerungsraten hält kein Gesundheitssystem der Welt auf Dauer aus“, sagt der GKV-Chef Oliver Blatt.
zeit.de
Europas erster Exascale-Supercomputer „Jupiter“ in Jülich eingeweiht
In Jülich (NRW) ist mit „Jupiter“ der schnellste Supercomputer Europas offiziell in Betrieb genommen worden. Er soll vor allem in Klimaforschung, Energiewende, Kreislaufwirtschaft sowie beim Training großer KI-Modelle eingesetzt werden. Mit Kosten von 500 Millionen Euro und einem Energiebedarf von bis zu 20 Megawatt soll „Jupiter“ weltweit zu den leistungsfähigsten und zugleich effizientesten Supercomputern gehören.
deutschlandfunk.de
Lokal: Nato-Geheimpläne ziehen ihren Weg durch Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt soll laut Ariane Berger, der Geschäftsführerin des Landkreistages, bei den Nato-Plänen als sogenannte „Drehscheibe“ fungieren. Dabei geht es um die Zusammenarbeit von militärischen und zivilen Behörden. In Sachsen-Anhalt sollen demnach Truppen und Personal koordiniert werden. Dies geht aus den militärischen Geheimplänen der Nato hervor.
mdr.de
CORRECTIV-Recherche: Ein Kurier des Zaren
Bertrand Malmendier ist der deutsche Anwalt der Wahl, wenn es um russische Staatsinteressen geht. Viele Jahre hat er in der Politik lobbyiert und genetzwerkt. Heute trifft er sich mit Vertretern von Ministerien und dem Kanzleramt – und soll Nachrichten mit Putin austauschen.
correctiv.org

Leserfrage der Woche

SPOTLIGHT-Leserin Elke H. hat uns gefragt: Stimmt es, dass die Bundesregierung 5,2 Mrd. Euro aus den Pflegekassen entnommen und nicht wieder zurückgeführt hat? Liegt eine verfassungsrechtliche Bewertung dazu vor?
Der Sozialverband der Kranken- und Pflegeversicherung (VDK) bestätigt: Die Bundesregierung habe in Zeiten der Corona-Pandemie Gelder von Beitragszahlern aus der Pflegeversicherung entnommen – und zweckentfremdet. Aus einem Gutachten der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) geht dazu hervor, die Politik habe sich in der Pandemie unzulässig an der sozialen Pflegeversicherung (SPV) bedient, um „Maßnahmen wie zum Beispiel Corona-Tests oder Corona-Prämien für Pflegekräfte zu stemmen“.
Dabei ist die Pandemie-Bewältigung laut VdK aber eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die über Steuern finanziert werden müsste, nicht über Sozialversicherungsbeiträge“. Heißt: Wichtige gesellschaftliche Vorhaben und die Finanzierung der Pandemie dürften nicht allein den Beitragszahlern der Sozialkassen aufgebürdet werden. Doch die Pflegeversicherung hat, so heißt es, pandemiebedingte Kosten von rund 13 Milliarden Euro tragen müssen. Nur ein Teil sei bis jetzt erstattet worden – 5,2 Milliarden Euro seien noch ausständig, erklärt ein Sprecher des VdK auf Anfrage. Ein Einbehalten der Gelder wäre laut AOK verfassungswidrig.
Dagegen will VdK nun klagen. (CORRECTIV liegt das dazugehörige Gutachten vor.) Denn: „Ein langfristiges Einnahmendefizit und eine zusätzliche Mittelentnahme aus der SPV gefährden die Resilienz des Pflegeversicherungssystems nachhaltig.“ Fehlende Milliarden könnten mittelfristig zu Beitragserhöhungen oder Leistungseinschränkungen führen – das hätte somit direkte Auswirkungen für Versicherte.
Auf eine Bitte um Stellungnahme antwortete das Bundesgesundheitsministerium innerhalb der gegebenen Frist nicht.

CORRECTIV Events

Exile Talk: Medienfreiheit und Repression in der Türkei, Essen
Seit Jahren werden die Pressefreiheit und kritische Berichterstattung in der Türkei unterdrückt. Am 9. September widmet sich der Exile Talk in Essen dem Exiljournalismus aus der Türkei: Banu Güven und Tuncay Özdamar sprechen darüber, wie Journalismus in autoritären Regimen möglich bleibt. Das Event ist Teil der Veranstaltungsreihe Exile Talks, welche die Themen Pressefreiheit, Menschenrechte und kritischen Journalismus auf die Bühne bringt.
Zur kostenlosen Anmeldung
Sommerinterviews faktenchecken – eine Bilanz von CORRECTIV, online
Die Sommerinterviews des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind vorbei: CORRECTIV.Faktencheck zieht eine Bilanz und gibt Einblicke, wie die Arbeit der Faktencheck-Redaktion hinter den Sommerinterviews funktioniert. In einem Online-Workshop am 10. September kann die Community dazu all ihre Fragen stellen.
Zur Anmeldung
Was kann meine Stimme? Kommunalwahl-Tour von Salon5, Köln
Kurz vor den Kommunalwahlen in NRW tourt unsere Jugendredaktion Salon5 mit ihrem mobilen Studio durch NRW, um mit jungen Menschen in den Austausch zu gehen – und ihre Ideen, Sorgen und Wünsche für die Kommunalwahlen hörbar zu machen. Am 12. September ist das mobile Studio in Köln.
Zum Event

CORRECTIV.Faktenforum

Virale Kurzvideos behaupten: Ab dem 1. September 2025 dürfe nur noch die im Fahrzeugschein eingetragene Person das Auto fahren. Ansonsten drohten Bußgelder, der Verlust des Versicherungsschutzes und volle Haftung bei Unfällen. Das stimmt nicht. Es gilt weiterhin: Auch nicht im Fahrzeugschein eingetragene Personen dürfen mit Zustimmung des Halters fahren, solange sie einen Führerschein haben.
Endlich verständlich
2024 wurden in Deutschland 17.545 Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche polizeilich erfasst. Das neue Lagebild von Innenministerium und BKA zeigt: Die Zahlen bleiben hoch – besonders im Netz nehmen jugendpornografische Inhalte weiter zu. Unsere Salon5-Jugendredaktion erklärt, was sexualisierte Gewalt genau ist und wo insbesondere betroffene Jugendliche Hilfe finden können.
instagram.com
So geht’s auch
Die Ananas-Krone verursacht höhere Transportkosten und CO2-Emissionen: Die Supermarktkette „Penny“ möchte deshalb die Kronen künftig vor dem Transport entfernen lassen. Sie sollen jedoch nicht weggeworfen, sondern als Stecklinge oder Düngern für weitere Ananaspflanzen verwendet werden.
taz.de
Fundstück
Was ist ein „Schlumpf-Spray“? Das Schlumpf-Spray dient der Selbstverteidigung und darf in den Niederlanden gegen Angreifer eingesetzt werden. Es sondert eine blaue Farbe ab, die tagelang auf Haut und Kleidung eines Täters haften bleiben kann. Das Ziel besteht darin, diese sichtbar zu machen. Dadurch soll auch die Strafverfolgung erleichtert werden. In Deutschland ist die Verwendung des Sprays aber verboten.
zdfheute.de
Am Anfang stand ein Twitter-Thread, entstanden ist ein Buch: Während der russische Angriff auf seine Heimat begann, ging ein Tweet des ukrainischen Journalisten Maksym Eristavi viral und wurde als „mother of all #RussianColonialism threads“ bekannt. Zusammen mit ukrainischen Künstlerinnen und Künstlern hat Maksym aus ihm ein Buch gemacht, das 48 Fälle russischer Kolonialgewalt bündelt – persönlich, politisch und verdammt wütend.
„Russischer Kolonialismus – Ein illustriertes Handbuch“ ist kein gängiges Geschichtswerk, keine Reportage, kein klassisches Sachbuch. Es ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit Geschichte auf der Basis von Fakten – durch Erfahrung geprägt, durch Schmerz gezeichnet. Und das macht es so bedeutend. Deswegen haben wir uns vom CORRECTIV.Verlag entschieden, es auf Deutsch zu verlegen.
Das Buch zeigt, wie die Menschen denken, die überfallen wurden, deren Häuser verbrannt, deren Familien getötet wurden. Es zeigt, in welcher Kontinuität des Widerstandes sich die Helden und Heldinnen sehen, die gegen Putin kämpfen und Europas vorderste Front halten. Wir wollen ihnen zuhören und mit ihren Augen auf das Imperium Russland blicken, das sich mit immer neuen Aggressionen Kolonien aneignet.
Wir müssen verstehen, dass der russische Einmarsch in die Ukraine Teil einer langen, kaum aufgearbeiteten Kolonialgeschichte ist. Und das macht das Buch so besonders: Am Anfang standen Schmerz und Wut, entstanden ist Kunst. Und Kunst zwingt uns, hinzusehen, wenn wir am liebsten die Augen verschließen würden.
Das Buch ist heute bei uns erschienen. Hier können Sie es bestellen.

Der Sommer in Deutschland war ziemlich regnerisch. Nicht so in Südeuropa. Besonders Spanien und Portugal kämpften gegen verheerende Waldbrände. Welchen Anteil hat der Klimawandel daran? Basierend auf Daten der beiden Länder haben Forschende errechnet: Die extreme Hitze und Trockenheit, welche die Grundlage für die Brände bildeten, treten dort inzwischen (statistisch) alle fünfzehn Jahre auf. Ohne Erderwärmung (etwa 1,3 Grad kälter) wäre dies nicht einmal alle fünfhundert Jahre der Fall.
worldweatherattribution.org / stern.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Jule Scharun, Lena Schubert, Sebastian Haupt, Till Eckert und Samira Joy Frauwallner.
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