Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Justus von Daniels

Die erste Reise nach seiner Papstwahl machte Franziskus damals nach Lampedusa. Er wollte ein Zeichen für die menschliche Behandlung von Geflüchteten setzen. Eine der ersten Amtshandlungen von Donald Trump war es, ein morsches Gesetz aus dem Jahr 1798 zu finden, um Migranten ohne Verfahren nach El Salvador zu deportieren.

Der eine wird heute seinen Kopf zum Gebet für den anderen senken. Wieviel Schauspiel verträgt dieser Tag? 

Man kann das Bild auch auf einer anderen Ebene sehen: Hier treffen zwei übermächtige Institutionen aufeinander, deren Macht sichtbar bröckelt, die uns aber immer noch betrifft. Es gibt zwar 1,4 Milliarden Katholiken, aber die Fliehkräfte innerhalb der Kirche werden stärker. Auf der anderen Seite die USA, die nicht nur ihre wirtschaftliche Dominanz verlieren, sondern derzeit jede Form von Autorität einbüßen durch die politischen Volten von Trump.

Das Ereignis des Papst-Todes ist derzeit überpräsent in unseren Medien, verglichen mit dem Blick in die Kirchen, die sonntags nicht gerade voll sind. Warum beschäftigt uns das so? Offenbar ist der Papst zumindest noch ein Gradmesser für unser Gesellschaftsbild, an dem sich viele orientieren. Ist da ein Papst, der die Botschaft der katholischen Kirche in die Zeit überträgt, in der wir leben oder ist er einer, dem die Dogmatik wichtiger ist? Und vor allem: Wie geht er mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs um? Das ist ja eine der weiterhin ungelösten Fragen, die wir übrigens kontinuierlich recherchieren.

Auch vom US-Präsidenten geht eine Wirkung auf uns aus: Trump überschreitet ständig Regeln der Demokratie, um seine Macht zu demonstrieren. So sind auch seine Deportationsflüge nach El Salvador zu verstehen. Natürlich färbt das ab. Die Frage wird sein, welche Politikerinnen oder Politiker bei uns ins selbe Horn stoßen und ein wenig mehr Trump wagen wollen. Das ist übrigens auch eines der Themen, an dem wir weiterhin dran bleiben.

Das Bild, das wir heute von der Trauerfeier im Vatikan sehen werden, hat also mehrere Ebenen, die uns direkter betreffen, als es auf den ersten Blick wirkt. 

Bevor ein neuer Papst gewählt wird, gibt es voraussichtlich einen neuen Kanzler bei uns. Und mit ihm ein neues Machtzentrum. Wie gerade Jens Spahn von der Bild-Zeitung hofiert und getragen wird, fasst meine Kollegin Annika Joeres heute im CORRECTIV.Inside am Ende dieses Spotlight zusammen.

Ihnen wünsche ich ein schönes und erholsames Wochenende. Wir haben für Sie wie immer sehr lesens- und sehenswerte Empfehlungen der Woche!

Ihr 

Rechtsextreme Jugend organisiert sich
In Deutschland formieren sich neue rechtsextreme Jugendgruppen wie „Deutsche Jugend Voran“. Sie rekrutieren Mitglieder über soziale Medien, organisieren sich in verschlüsselten Chats und verüben gewalttätige Angriffe. Einige Mitglieder sind erst zwölf Jahre alt. Die Recherche der Zeit beleuchtet die Strukturen dieser Gruppen, ihre Ideologien und die wachsende Gefahr, die von ihnen ausgeht.
Neonazi, 12, will Zecken jagen (zeit.de, €)

Eine Frau im Schatten des NS-Regimes
Während Staatschefs wieder an ein klassisches Männlichkeitsbild appellieren, erinnert das Dummy-Magazin an Heldinnen im Widerstand gegen Diktaturen. Zusammen mit ihrem Partner unterstützte Ruth Andreas-Friedrich jüdische Mitbürgerinnen im Untergrund, widersetzte sich dem NS-Regime und kämpfte nach dem Krieg gegen das Vergessen. Ein Porträt einer stillen Heldin.
Diese Frau (dummy-magazin.de)

Russische Geheimdienste im hybriden Krieg
In dieser Woche deckten WDR, NDR und SZ auf, dass mutmaßlich russische Geheimdienste hinter den versuchten DHL-Paketbombenanschlägen steckten. Wie das polnische Portal Frontstory berichtet, gibt es eine Verbindung zu dem Cannabis-Betrugssystem Juicyfields, über das CORRECTIV vergangenen Herbst berichtete: Offenbar war einer der Saboteure, der Brandsätze aus Vilnius verschickt hat, an einem Juicyfields-Vorläufer-Betrug beteiligt, hinter der wohl dieselben russischen Drahtzieher steckten. Die Recherche von WDR, NDR und SZ ist in einer Doku in der ARD zu sehen:
Sabotage: Deutschland in Putins Visier (ardmediathek.de)

Lobbygruppen pochten auf Koalitionsvertrag
Während der Koalitionsverhandlungen drängten zahlreiche Lobby-Verbände darauf, ihre Interessen direkt im Vertrag zu verankern. Einige Akteure gingen dabei besonders forsch vor. Eine Recherche der Augsburger Allgemeinen zeigt, wie Lobbyisten politische Entscheidungen beeinflussten. Eine Gesetzlücke könnte geholfen haben.
Wie Lobby-Verbände Einfluss auf den Koalitionsvertrag nehmen (wollten) (ausgburger-allgemeine.de)


Für beide Seiten ein offensichtlich guter Deal: Der konservative Spahn erhält in der Bild viel Lob: Mal gilt er als „optimistisch“, mal als „Klartext-Sprecher“, dann als mutig oder pragmatisch. Im Gegenzug bekommt die Boulevardzeitung exklusive Interviews und Informationen, selbst in der Springer-Journalistenschule tritt der CDU-Politiker auf. Spahn pflegt enge Kontakte zum Vize-Chefredakteur, Paul Ronzheimer, dem er „exklusive“ Podcast-Gespräche gibt. Ronzheimer wiederum veröffentlicht immer wieder „exklusive Infos“ aus CDU-Kreisen.

In der CDU gibt es Stimmen, die eine erneute Annäherung an Russland nicht ausschließen. Collage: Ivo Mayr/CORRECTIV (Fotos: picture alliance & unsplash.com)

Die Widersprüche des Essener Bistums
Am Landgericht Essen kämpft ein Betroffener von klerikalem Missbrauch um Gerechtigkeit. Dabei hat er jetzt schon ein Stück weit gewonnen: Ihm gehe es vor allem darum, dass vor Gericht festgehalten wird, was der Serientäter Peter H. ihm und anderen Betroffenen angetan hat. Währenddessen verstrickt sich das Bistum in seiner Verteidigung in Widersprüchen.
correctiv.org

Landgericht Essen bestätigt Missbrauch – Bistum muss Schaden bezahlen
Das Landgericht Essen bestätigte den Missbrauch an Kläger Wilfried Fesselmann. Es verpflichtete das Bistum, für den daraus entstandenen Schaden zu bezahlen. Die Forderung nach mehr Schmerzensgeld wies das Gericht zurück.
correctiv.org

1. FC Nürnberg möchte Safe-Sport-Code einführen
Der 1. FC Nürnberg könnte zum Vorreiter für stärkere Maßnahmen gegen Gewalt im Fußball werden. Der Club plant den Safe-Sport-Code einzuführen, der Vergehen unterhalb der Strafrechtsschwelle ahndet. Auch der DFB arbeitet an einer Umsetzung.
correctiv.org

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Marie Bröckling und Finn Schöneck.