Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

der Mutterkonzern von Facebook, Instagram und Threads, Meta, will künftig nicht mehr mit Faktencheckern zusammenarbeiten. Warum, was das für uns in Deutschland bedeutet – und was für unser Faktencheck-Team bei CORRECTIV? Heute unser Thema des Tages. Und in der heutigen Grafik zeigen wir passend dazu, wie verbreitet Falschinformationen bei Facebook sind.

Wenn Sie uns mit Ihren Fragen oder Gedanken dazu schreiben mögen: faktencheck@correctiv.org.

Außerdem im Spotlight: Was genau passiert da gerade in Österreich, wo sich eine Regierung mit der rechtspopulistischen FPÖ andeutet? Das ordnet unsere österreichische Kollegin Gabriele Scherndl aus dem Faktencheck-Team ein.

Thema des Tages: Tschüss, Facebook, war schön mit dir

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: „Wir müssen mehr arbeiten“: Aussage von Friedrich Merz fälschlich auf Ukraine bezogen

Gute Sache(n): So läuft der Wahlkampf in Sozialen Netzwerken • Rufbusse als Lückenfüller • Grönlands Name: ein uralter Marketingtrick

CORRECTIV-Werkbank: Hang zur Verschwörung: die Lieblingsmedien der österreichischen FPÖ

Grafik des Tages: Falschinformationen auf Facebook: Wie groß ist das Problem?

Seit 2016 hatte Meta weltweit Kooperationen mit Faktencheck-Redaktionen aufgebaut, auch CORRECTIV ist Teil davon. Im Rahmen des Programms verknüpfen unabhängige Redaktionen Faktenchecks, die sie auf ihrer Webseite veröffentlichen, direkt mit Beiträgen auf Facebook, Instagram und Threads. Es wird dann ein Warnhinweis über dem Beitrag eingeblendet. 

Welche Beiträge die Faktenchecker überprüfen, entscheiden sie unabhängig und nach transparenten Kriterien. Dafür, dass Meta die Recherchen nutzen darf, erhalten die Redaktionen eine Vergütung. Mehr dazu steht hier.

Screenshot der verifizierten Facebook-Seite

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Ankündigung von Zuckerberg:

Warum macht er das?
Offensichtlich hat sein Entschluss mit der bevorstehenden Präsidentschaft von Donald Trump in den USA zu tun. So zumindest stellt Zuckerberg selbst es in einem Video dar, das er bei Facebook gepostet hat.

Anstatt professioneller Faktencheck-Teams, sagt er darin, soll künftig – ähnlich wie bei Elon Musks Netzwerk X – im Rahmen von sogenannten „Community Notes“ Desinformation von den Nutzerinnen und Nutzern selbst eingedämmt werden. Und zwar, indem diese bei Textbeiträgen, Fotos oder Videos „einordnenden Kontext“ ergänzen können.

Aus Sicht unserer Faktencheck-Redaktion kein adäquater Ersatz für professionelle Faktenchecks, da hier weder journalistische Standards noch politische Unabhängigkeit garantiert werden können.

Bemerkenswert zudem: Zuckerberg hat gleichzeitig einen engen Trump-Vertrauten in seinen Verwaltungsrat berufen. Das wirkt, als rücke der Konzern aus strategischen Gründen näher an die neue US-Regierung heran.

Ist das die einzige Neuerung?
Nein. Meta kündigte auch an – unter anderem beim US-Magazin Wired nachzulesen – seine Beschränkungen für Hassrede aufzuweichen. Zum Beispiel soll es demnach künftig auf Instagram und Facebook akzeptabel sein, zu schreiben, Homosexualität sei eine seelische Krankheit. Besonders bedenklich: Zuckerberg begründete dies damit, die öffentliche Meinung habe sich an vielen Stellen geändert.

Was bedeutet das Ganze für Nutzer in Deutschland?
Das ist noch nicht ganz klar. Die angekündigten Neuerungen beziehen sich erst einmal nur auf die USA. 

Das Europäische Faktencheck-Netzwerk EFCSN ist dennoch in höchster Sorge und kommentiert: Zuckerberg habe es so dargestellt, als sei die Arbeit professionell ausgebildeter Faktenchecker „Zensur“. Es widerspricht Zuckerbergs Aussage entschieden. Faktenchecks lieferten vielmehr Kontext und Fakten, damit sich jede und jeder eine eigene Meinung bilden kann.

Vater von Hanau-Opfer stellt Strafanzeigen gegen Polizeibeamte
Vor knapp fünf Jahren starb Vili Viorel Păun beim Anschlag in Hanau. Sein Vater Niculescu Păun hat jetzt Strafanzeigen gegen einzelne Polizeibeamte gestellt. Der Vorwurf: fahrlässige Tötung. Mehrfach habe sein Sohn nämlich versucht, den Notruf zu erreichen. Vergeblich.
fr.de

Lokales: Ermittler aus Bamberg gehen weltweit gegen Kindesvergewaltigung vor
Die Fallzahl an Missbrauchsdarstellungen von Kindern nimmt zu, auch in Bayern. Das zuständige Ermittler-Team in Bamberg hat immer häufiger mit Missbrauch per Livestream zu tun – die Opfer befinden sich dabei auf der ganzen Welt, die Täter sitzen hinter Bildschirmen in Deutschland. sueddeutsche.de

Investigativ: Ampel wollte Alkoholwerbung strenger regulieren 
Das Gesundheitsministerium hatte eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis war eine Empfehlung für ein komplettes Werbeverbot für Alkohol. Dazu kam es aber nicht.
tagesschau.de

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bei seiner Rede im Deutschen Bundestag zur Abstimmung über die Vertrauensfrage am 16. Dezember 2024 (Foto: Kay Nietfeld / DPA / Picture Alliance)

So geht’s auch
Wer auf dem Land wohnt, ist aufs Auto angewiesen. Oder? Eine mögliche Lösung sind sogenannte Rufbusse. Etwa ein Drittel der kommunalen Verkehrsgesellschaften in Deutschland bietet solche flexiblen Optionen für den ÖPNV an.
taz.de
 
Fundstück

Trump beansprucht Grönland für die USA. Nicht immer war die Insel so umgarnt. Das zeigt die Geschichte ihres Namens, der auf Deutsch „Grünland“ bedeutet. Er bezieht sich aber nicht darauf, dass die Insel tatsächlich einmal grüner war als heute – sondern dürfte ein Marketingtrick gewesen sein, um vor über 1.000 Jahren Siedler anzulocken. 
klimafakten.de


Als ehemalige Innenpolitik-Journalistin in Österreich und jetzige Faktencheckerin bei CORRECTIV besorgt mich noch etwas: Dass nun jene mehr Macht bekommen, die auf hetzerische und verschwörerische sogenannte Alternativmedien vertrauen und gleichzeitig etablierte Medien links liegen lassen.

Ein Beispiel: Vor der Wahl im Herbst 2024 weigerte sich Kickl, sich dem TV-Duell eines Fernsehsenders zu stellen, weil ihm inhaltliche Entscheidungen nicht gefallen hatten. Stattdessen brüstete sich Auf1ein Verschwörungskanal mit Wurzeln in der österreichischen Rechtsextremen – mit dem ersten Kickl-Interview nach der Wahl. Erst gestern wurden einzelne Medien nicht zu einer Kickl-Pressekonferenz zugelassen – aus „Platzgründen“. Ähnliches kennen wir in Deutschland auch von der AfD.

Und dann ist da noch die Geldfrage. In Österreich gibt es die unrühmliche Praktik, wohlgesinnte Medien mit Inseratengeldern zu füttern. An sich schon problematisch, noch problematischer, wenn damit gezielt Desinformations-Portale gefördert werden. Während der Schwarz-Blauen Koalition von 2017 bis 2019 flossen zigtausende Euro von FPÖ-Ministerien in Portale wie Wochenblick, Zur Zeit und Unzensuriert – einige fielen auch uns schon als Desinfo-Verbreiter auf. 

Die FPÖ hat sich mit Hilfe solcher Portale eine Welt aufgebaut, in der sie kritische Medien nicht mehr braucht. Warum sich lästigen Fragen der unabhängigen Presse stellen, wenn man seine Klientel auch ungefiltert erreichen kann? 

Medien arbeiten nach Qualitätsstandards. Sie halten Regeln ein, die dafür sorgen sollen, dass sie bestmöglich informieren und Missstände aufdecken können. Im österreichischen Presse-Ehrenkodex steht: „Gewissenhaftigkeit und Korrektheit (…) sind oberste Verpflichtung von Journalisten.“ Sogenannte Alternativmedien wie Auf1 haben sich diesem Kodex nicht verpflichtet.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Robin Albers, Till Eckert und Sebastian Haupt.