
Liebe Leserinnen und Leser,
heute Morgen war ich beim Bezirksamt, um einen neuen Personalausweis zu beantragen. Dort wurde ich positiv überrascht: Abgesehen davon, dass es schnell ging und alle freundlich waren, ist das Amt seit Anfang Mai komplett digitalisiert.
Man muss zum Beispiel kein ausgedrucktes Foto mehr mitbringen – sondern lässt sich an einem Automaten schnell fotografieren und das Bild wird gleich im System gespeichert und später auf den Ausweis gedruckt.
Dass Behörden immer mehr unserer Daten in ihren Systemen speichern, hat freilich zwei Seiten. Einerseits erleichtert es Abläufe, andererseits kann es zu erheblichen Problemen führen, wenn in einem Land plötzlich andere Kräfte regieren – die mit diesen Daten wer weiß was anstellen.
Das passiert gerade in den USA. Was genau (und was das mit uns in Deutschland zu tun hat), dazu haben wir heute einen Text vom Digitalexperten und Gründer der Messe re:publica, Markus Beckedahl, veröffentlicht. Mehr dazu im Thema des Tages. In der Grafik sehen Sie heute die Auflösung unserer Umfrage von gestern: Wie sorgen die SPOTLIGHT-Leserinnen und -Leser für das Alter vor?
Und noch eine Empfehlung: Seit heute haben wir eine Übersichtsseite auf correctiv.org, auf der alles Wissenswerte zur Debatte um ein mögliches AfD-Verbotsverfahren steht. Wenn es in Ihrem Bekanntenkreis Fragen und Diskussionsbedarf zu dem Thema gibt – dann freuen wir uns, wenn Sie diese Seite weiterempfehlen.
Thema des Tages: Wenn die Regierung im Serverraum sitzt
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Angebliches Koks-Video und Fake-Webseite: Merz im Visier russischer Desinformation
CORRECTIV-Werkbank: Heute jährt sich der Tag, der mein Leben als Journalist bis heute prägt
Grafik des Tages: SPOTLIGHT-Umfrage: Wie sorgen Sie für das Alter vor?
In den USA zeigt sich gerade, was passieren kann, wenn intimste Daten der Bürgerinnen und Bürger auf öffentlichen Servern liegen – und dann die Regierung wechselt.
Seitdem Donald Trump Präsident ist, marschiert Elon Musk mit seiner „DOGE“-Truppe durch die Behörden, sie kopieren dort die Daten der Amerikaner. Welche Bedeutung das hat und was es mit uns zu tun hat, beschreibt Markus Beckedahl in einem „Denkanstoß“-Text, den wir heute veröffentlicht haben.

Was genau passiert dort?
Beispiele für die Daten, auf die „DOGE“ zugreift: Wer wohnt wo? Wer hat was verdient? Wer wurde irgendwann mal von der Polizei befragt – schuldig oder nicht?
Manchmal stellen sich mutige Beamte in den Weg und aufrechte Richter urteilen später, dass das Kopieren illegal war. Aber sind die Daten erstmal auf den Notebooks, sind sie außer Kontrolle.
Denn die Daten landen aktuell in den gigantischen Auswertungsmaschinen von Palantir – einem Unternehmen, das seit Jahren im Geheimen an der digitalen Überwachung der Gesellschaft arbeitet.
Wer steckt hinter Palantir?
Die Firma wurde von Peter Thiel mitgegründet, und dieser Silicon Valley-Milliardär ist einer der Vordenker der autoritären Rechten in den USA.
Er träumt offen von einer Welt, in der „Demokratie und Freiheit nicht miteinander vereinbar“ sind. Palantir ist seine Maschine zur Umsetzung dieser Ideologie.
Was macht die Firma konkret?
Palantir analysiert riesige Datenmengen, erstellt präzise Profile, bewertet Menschen nach Gefährlichkeit und „Nützlichkeit“. Laut Recherchen von Medien wie Wired und CNN ist aktuell auch die Rede davon, „Abschiebe-Operationen zu rationalisieren“. Das ist der technokratische Euphemismus für: Wer wird als Nächstes abgeschoben? Effizient, kostengünstig, algorithmisch optimiert.
Was hat das mit uns zu tun?
Das Beispiel der USA könnten sich autoritäre Regierungen weltweit abschauen.
Auch bei uns wird in einzelnen Bundesländern bereits Palantir-Technologie von Sicherheitsbehörden genutzt. Zum Beispiel in NRW: Dort führt die Software Daten zu einzelnen Personen aus verschiedenen Datenbanken in Windeseile zusammen. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagt, das sorge für Zeitgewinn und Arbeitserleichterung. Datenschutzexperten dagegen sind hochbesorgt, es laufen Verfassungsbeschwerden.
Und solche Methoden sollen massiv ausgebaut werden. Der Bundesrat sprach sich noch kürzlich für einen bundesweiten Einsatz bei der Polizei aus.
Wir müssen leider bei dem aktuellen politischen Klima immer mit berücksichtigen, dass wir in Deutschland nur eine Wahl davon entfernt sein könnten, dass die Falschen die richtigen Knöpfe drücken. Man weiß nie, wer nach der nächsten Wahl in den Serverräumen sitzt.
Übrigens hat die Organisation AlgorithmWatch heute ein Rechercheprojekt gestartet, bei dem Sie mitmachen können. Es geht um die Frage, ob man schon mal aufgrund von Entscheidungen, die von Computer-Algorithmen in Behörden getroffen wurden, handfest im Alltag benachteiligt wurde.
Mehr zur Macht der Tech-Konzerne:
OpenAI (die Firma hinter dem KI-Tool ChatGPT) stellt gerade seine Partnerschaft mit seinem Hauptinvestor Microsoft neu auf. Auch das betrifft uns: Das Ziel ist offenbar, das Unternehmen stärker zu kommerzialisieren.
Und das wirft wiederum kritische Fragen zum Daten- und Verbraucherschutz auf: Sammelt ChatGPT bald deutlich mehr Daten von uns – und wenn ja, welche Gefahren birgt das? Wir haben die Bundesnetzagentur gefragt, wie sie das bewertet. Die Antworten finden Sie in den kommenden Tagen in unserer Rubrik „Werkbank“.
Bundesinnenminister verbietet Reichsbürgerverein „Königreich Deutschland“
Der Verein „richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland”, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt in seiner Erklärung. Ziel des Vereins sei es, einen Gegenstaat zu gründen und sich somit von der Bundesrepublik Deutschland abzuspalten. Der selbsternannte König des Vereins, Peter Fitzek, wurde festgenommen.
zeit.de /mdr.de
Hamas lässt Geisel Edan Alexander frei
Der US-israelische Staatsbürger kam durch eine Vereinbarung der Hamas mit den USA frei. Am 7.Oktober 2023 wurde er an einem Wachposten in der Nähe des Gazastreifens entführt. Seitdem wurde er von der Hamas festgehalten. Er ist der erste männliche Soldat, der lebend aus der Geiselhaft entlassen wurde.
sueddeutsche.de
Düsseldorf: Wegen mutmaßlicher Spionage für China vor Gericht
Die drei Angeklagten sollen Informationen über Militärtechnik an den chinesischen Geheimdienst MSS verraten haben. Die Angeklagten sollen auch drei Speziallaser beschafft und ohne Genehmigung nach China ausgeführt haben.
zeit.de/ antenneduesseldorf.de
Über einen weiteren möglichen Spionagefall hat CORRECTIV zuletzt berichtet:
correctiv.org
CORRECTIV: Debatte um AfD-Verbot
Sollte ein Versuch unternommen werden, die AfD zu verbieten – oder nicht? Ein Parteiverbotsverfahren ist höchst umstritten. Auf dieser neuen Themenseite sammeln wir nun die wichtigsten Informationen und aktuellsten Recherchen auf einen Blick.
correctiv.org

Faktencheck

Kurz nach der Wahl zum Kanzler wird Friedrich Merz zum Ziel von Desinformation. Eine gefälschte Webseite schreibt ihm eine erfundene Aussage über ukrainische Geflüchtete zu, ein virales Video soll vermeintlich Drogenkonsum belegen. Verbreitet wurden die Falschbehauptungen von bekannten prorussischen Profilen.
correctiv.org
Endlich verständlich
Eine 19-Jährige wurde am 1. Mai in Remscheid von einem Raser angefahren und ist vergangene Woche an ihren Verletzungen gestorben. Und das ist kein Einzelfall. Immer wieder fallen junge Männer durch Raserei auf. Unsere Jugendredaktion Salon5 schaut sich an, was hinter diesem lebensgefährlichen Adrenalinkick steckt.
Instagram( Salon5)
So geht’s auch
Viele Menschen halten sich für toleranter, als sie eigentlich sind. Was man selbst tun kann, um eigene Vorurteile zu überwinden, thematisiert dieser Podcast.
spiegel.de
Fundstück
Das Universum endet womöglich früher als bislang angenommen, nämlich in 10 hoch 78 Jahren. Das sagen zumindest niederländische Forschende, die es mit zeitlichen Dimensionen aufnehmen, die ohnehin das menschliche Vorstellungsvermögen übersteigen dürften.
kurier.at
Bevor ich zu CORRECTIV kam, arbeitete ich als freier Journalist in Zentralasien. Vor 20 Jahren stand ich auf dem zentralen Platz von Andischan in Usbekistan und erlebte ein Massaker. Soldaten fuhren auf Panzerwagen vorbei, schossen in die Menge und erstickten so einen Volksaufstand gegen die Willkür des damaligen Herrschers Islam Karimow.
Dieser Tag prägt mein Leben als Journalist bis heute. Danach erlebte ich die Gefahren für das freie Wort in einer Autokratie. Ein junger Usbeke, der uns half, wurde verhaftet. Ich holte ihn aus dem Gefängnis und schmuggelte ihn über die Grenze. Meine Kollegin, später meine Frau, floh mit Hilfe von Diplomaten aus dem Land. Der usbekische Staat stempelte uns als „Informationsterroristen“ ab. Die Repression begann. Freunde und Kollegen flohen, einige kamen ins Gefängnis, Alisher Saipov wurde 2007 ermordet – am Abend zuvor hatten wir noch gesprochen. Auch ich wurde überfallen.
Ich schrieb darüber, wie Deutschland und die EU nach dem Massaker mit Usbekistan umgingen. Das Land galt damals für Deutschland und die USA im Afghanistankrieg als wichtiger Verbündeter, die Verbindung zu Karimow sollte bestehen bleiben. Zum Jahrestag vor 10 Jahren veröffentlichte CORRECTIV und die Zeit dazu eine Recherche.
Die damaligen Akteure begegnen uns heute wieder, wenn wir zur Russland-Connection recherchieren: Frank-Walter Steinmeier (SPD), heute Bundespräsident, damals Außenminister. Friedbert Pflüger (CDU), damals Staatssekretär im Verteidigungsministerium, und Thomas Kunze von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Usbekistan.
Die Kreise schließen sich. Am 13. Mai 2005 schossen usbekische Sicherheitskräfte über 6.000 Kilometer entfernt auf Menschen, die auf die Demokratie und vergeblich auf den Schutz der EU und USA hofften. Heute nimmt Russland die liberale Demokratie in Europa ins Visier.

Wie sorgen Sie für das Alter vor? Das wollten wir von unseren Leserinnen und Lesern wissen. Ein Ergebnis: Viele (27 Prozent) setzen dabei auf Aktien.
Das spiegelt sich auch in Kommentaren zu den Ideen wider, von denen einer beispielsweise lautet: „Alle zahlen in die Gesetzliche ein, als Sockel. Wer mehr will und es sich finanziell erlauben kann, macht parallel mehr.“ Einige setzen dabei auch auf parallele Vorsorgestrategien – und kombinieren Riestern, Rürup-Rente, Depotsparen und andere Fondsinvestments.
Ebenfalls sehr häufig in den Antworten zu finden sind eigene Immobilien als Teil der Altersvorsorge. Menschen müssten stärker in die Lage versetzt werden, eigenen Wohnraum überhaupt erwerben zu können, forderte deshalb eine Person in der Umfrage.
Darüber hinaus gab es viele Vorschläge, die systemische Änderungen vorschlagen: etwa Rentenpunkte fürs Ehrenamt, eine Aktienrente mit staatlicher Garantieleistung oder den Ausbau der Betriebsrente. Und besonders die Namen zweier Länder fielen häufiger, an denen sich Deutschland orientieren solle: Norwegen und Österreich.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
CORRECTIV ist spendenfinanziert
CORRECTIV ist das erste spendenfinanzierte Medium in Deutschland. Als vielfach ausgezeichnete Redaktion stehen wir für investigativen Journalismus. Wir lösen öffentliche Debatten aus, arbeiten mit Bürgerinnen und Bürgern an unseren Recherchen und fördern die Gesellschaft mit unseren Bildungsprogrammen.