
Liebe Leserinnen und Leser,
heute ist wieder einiges los auf der Welt: Die Trump-Zölle gegen Europa und andere Länder treten in Kraft – darum geht es in gleich mehreren SPOTLIGHT-Kategorien. Unter anderem lesen Sie in der Grafik des Tages die Auflösung unserer Leser-Umfrage von gestern. Außerdem haben sich Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, und die neuen Ministerinnen und Minister stehen fest.
Im Thema des Tages geht es aber um ein anderes Thema, das uns alle betrifft: wozu die außergewöhnlich warmen Temperaturen und die Trockenheit führen, die wir gerade in Deutschland erleben.
Ich möchte Ihnen noch eine aktuelle Story aus unserem Recherche-Team empfehlen, die wir bei Instagram veröffentlicht haben: Wir zeigen dort, welche neuen Radikalen für die AfD im Bundestag sitzen.
Und hier im SPOTLIGHT lesen Sie heute einen „Denkanstoß“ von Netzpolitik- und Freiheitsrechte-Experten Markus Beckedahl. Er beschreibt, welche Auswirkungen die Trump’sche Politik auf Freiheitsrechte weltweit hat.
Was sind die Themen, die Sie gerade am meisten umtreiben? Schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Wir dürren aus
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Denkanstoß: Für globale Menschenrechte sieht es derzeit leider düster aus
Faktencheck: UN-Charta: Feindstaatenklausel ist spätestens seit 1995 hinfällig
Grafik des Tages: Spotlight-Umfrage: Trumps Zölle lösen Sorge aus
Dieser März war in Europa der wärmste März seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Das haben Messungen des offiziellen Klima-Dienstes der EU (Copernicus) ergeben. Im Schnitt war es knapp über sechs Grad warm – etwa 2,4 Grad mehr als in einem durchschnittlichen März.
Es ist zudem seit Wochen extrem trocken bei uns, das haben Sie wahrscheinlich längst festgestellt, falls Sie einen Garten haben und feststellen mussten, dass Sie jetzt schon die Pflanzen gießen müssen. Noch-Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat sich dazu höchst besorgt geäußert. Sie sagt:
„Die aktuelle Dürre ist besorgniserregend. Bereits jetzt ist es in vielen Teilen Deutschlands viel zu trocken.“
Steffi Lemke (Grüne)
Noch-Bundesundheitsministerin
Die Trockenheit:
Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung betreibt den sogenannten Dürre-Monitor. Dort kann man nachschauen, wie trocken es in welcher Region Deutschlands gerade ist. Die Landkarte ist teils tiefrot gefärbt, das bedeutet: außergewöhnliche Dürre. Am größten ist das Problem im Nordwesten des Landes.

Das ist nicht nur ein Problem für die Landwirtschaft und für Wälder (bei Trockenheit breitet sich Pilzbefall bei Bäumen schneller aus), sondern hat auch andere Auswirkungen.
Wozu das unter anderem führt:
In Teilen Nordrhein-Westfalens gab es jetzt, Anfang April, schon Waldbrände, ebenso in Schleswig-Holstein.
Eine andere Auswirkung: Der Pegelstand wichtiger Wasserstraßen ist außergewöhnlich niedrig, zum Beispiel der des Rheins. Das wiederum wirkt sich auf die Wirtschaft aus: Frachtschiffe können weniger laden als sonst und erzielen somit weniger Einnahmen.
Der Gestank:
Eine Auswirkung der Dürre, die wohl kaum ein Laie auf dem Schirm hat: Weil die Kanalisationen der Städte deutlich weniger Wasser führen als sonst, fängt es in manchen Städten jetzt an, zu müffeln. Das berichtet zum Beispiel heute der Kölner Stadt-Anzeiger für Köln.
Die Ursache:
Der Klimawandel. Er ist in Deutschland weiter fortgeschritten als gedacht – das beleuchtet dieses Radiofeature des Bayerischen Rundfunks.
Unser Klimateam hatte schon vor einiger Zeit gemeinsam mit anderen Medien recherchiert, wie gut (bzw. schlecht) die Kommunen in Deutschland auf Klimafolgen vorbereitet sind, unter anderem auf Dürre. Wie es in Ihrer Region aussieht, können Sie hier nachlesen.

Union und SPD einigen sich auf Koalition
Es wird eine schwarz-rote Koalition in Deutschland geben. Details des Koalitionsvertrages veröffentlichten die Parteispitzen heute Nachmittag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. Bei CDU und SPD müssen allerdings die Parteimitglieder zustimmen. Medienberichten zufolge soll auch die Verteilung der Ministerien geklärt sein, die Frankfurter Rundschau schreibt von einigen „faustdicken Überraschungen“.
zdf.de / fr.de
US-Zölle: EU kündigt Gegenmaßnahmen an
Im Handelsstreit mit den USA hat die Europäische Kommission erste Gegenzölle genehmigt. Sie sollen kommende Woche in Kraft treten.
welt.de
Regensburg: Reederei steht vor Gericht
Die Staatsanwaltschaft Kiel wirft einer Reederei die illegale Verbringung von Abfall vor. Sie soll einen Containerfrachter ohne Genehmigung zur Verschrottung nach Indien gebracht haben. Die meisten Abwrackwerften in Indien entsprechen nicht den EU-Vorgaben und gelten daher als gesundheits- und umweltschädlich.
spiegel.de
Ölraffinerie in Schwedt: Staatssekretär Kellner empfiehlt Enteignung
Russland und die USA verhandeln über Deutschlands Energieinfrastruktur. Der scheidende Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Michael Kellner, schlägt Alarm: Er warnt vor einer Spaltung Europas und empfiehlt die Verstaatlichung der russischen Anteile an der Ölraffinerie in Schwedt.
correctiv.org
Welche Auswirkungen hat die Trump-Politik auf die weltweiten Freiheitsrechte? Unser Autor schreibt: Nach hoffnungsvoller Stimmung vor ein paar Jahren herrscht jetzt Katerstimmung.
„Die Gefängnisaufenthalte werden kürzer, je älter man wird, man mehr Menschen kennt – und mehr Geld hat,“ war der eindrücklichste Satz, den ich aus einem Gespräch auf der Rightscon in Taipeh mitnehme.
Eine malaysische Menschenrechts-Aktivistin erzählte mit einem Lachen, wie sie in ihrem bisherigen Leben für ihre Arbeit ständig Repressionen ausgesetzt war. Glücklicherweise war ihr dabei ihr Humor nicht abhanden gekommen, auch hat sich die politische Lage in ihrer Heimat mittlerweile gebessert.
Auf der Rightscon, die Ende Februar in Taiwan stattfand, kamen rund 3000 Menschen zusammen, um über Menschenrechte im digitalen Raum zu diskutieren. Die Veranstaltung wird seit 2010 von der US-amerikanischen Organisation Accessnow ausgerichtet und entstand aus einer Zusammenkunft, die seinerzeit das Silicon Valley mit Menschenrechtsaktivist:innen zusammenbrachte.
Plattformen wollten damals „nicht evil“ sein
Es war die Zeit von „Internet Freedom“, der arabische Frühling hatte gerade stattgefunden und die US-Regierung sah in der Verbreitung ihrer Plattformen und der Förderung von Anti-Zensur-Technologien großes Potential, ihre Sicht auf Menschenrechte und Meinungsfreiheit in alle Welt zu exportieren. Plattformen wollten „nicht evil“ sein, ihr Image verbessern und vor allem global expandieren. Zumindest das letztere ist ihnen nachhaltig gelungen. Meinungsfreiheit ist natürlich immer noch ein Thema, die endet aber jetzt da, wo es um Genderfragen, LGBTQ-Rechte oder Wissenschaftsfreiheiten geht.
15 Jahre später sind alle verkatert. Autoritäre Systeme und Akteure weltweit nutzen die algorithmischen Mechanismen der großen Plattformen für die Verbreitung von Desinformation und Propaganda. Die großen Plattformen wiederum verbünden sich mit Donald Trump, um weiterhin durch die digitale Kolonisierung ihre Monopole zu erhalten und möglichst viel Geld verdienen zu können. …
Weiter zum vollständigen Denkanstoß:
correctiv.org

Faktencheck

Ist es Russland per UN-Charta erlaubt, in Deutschland militärisch zu intervenieren, wenn die Regierung Taurus-Raketen an die Ukraine liefern würde? Das behaupten Nutzerinnen und Nutzer in Sozialen Netzwerken. Angeblich wäre das über die Feindstaatenklausel möglich. Doch die ist seit Jahrzehnten hinfällig.
correctiv.org
Wenn’s nach mir ginge, hätte jeder Mensch genug Geld zum Leben, bedingungslos und ohne Leistung.
Das verspricht das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Ein fester Betrag, etwa 1.200 Euro – für alle, jeden Monat. Ich durfte mich bereits vor meiner Zeit als Journalistin mit dem Thema beschäftigen. 2017 arbeitete ich beim Berliner Verein „Mein Grundeinkommen“, der bedingungslose Beträge für ein Jahr verlost. Die Gewinnerinnen und Gewinner erzählten uns mit leuchtenden Augen, wie dieser Zuschuss ihr Leben veränderte, darunter vor allem der Fakt, dass sie ihn einfach so bekamen. Aus Vertrauen, ohne Antrag, ohne Rechtfertigung.
Das hartnäckigste Argument gegen das BGE ist seit Jahren, dass die Menschen dann angeblich aufhörten, zu arbeiten. Seit heute sind die Ergebnisse des bislang größten Feldexperiments in Deutschland öffentlich, und sie räumen mit Vorurteilen auf: Keiner der Teilnehmer hat seine Arbeitszeit reduziert. Stattdessen investieren viele in ihre Zukunft, wechseln den Job oder machen sich selbstständig. Sie arbeiten genauso viel wie vorher, sind aber zufriedener und gesünder.
Es ist Zeit für eine faktenbasierte Debatte darüber, wie wir arbeiten und leben wollen – fernab alter Annahmen.
Endlich verständlich
Vor 80 Jahren wurde der Theologe Dietrich Bonhoeffer von den Nazis ermordet. Sein selbstloser Widerstand gegen das NS-Regime beeindruckt noch immer viele Menschen weltweit. Allerdings wird sein Andenken heute auch von evangelikalen Kreisen in den USA und rechter Propaganda missbraucht, um eine radikale Ausrichtung und sogar den Sturm aufs Kapitol zu rechtfertigen.
br.de
So geht’s auch
Winzig klein, aber gefährlich für Mensch und Umwelt: Verschmutzung mit Mikroplastik ist vielerorts ein Problem. Auch die europäischen Flüsse weisen einen alarmierend hohen Anteil von Kunststoff auf, wie Studien zeigen. Dagegen will die EU nun vorgehen, gestern einigten sich Unterhändler auf strengere Regeln für den Umgang mit Plastikgranulat.
stuttgarter-zeitung.de
Fundstück
Ein satirisches KI-Video wird zum Internet-Hit: Es stellt vermeintliche Durchschnittsamerikaner dar (eine gute Portion Stereotype und Bodyshaming inklusive), die nun in einer Textilfabrik arbeiten müssen. Trumps Zollpolitik, so die spitze Botschaft, würde nicht etwa Wohlstand und gute Jobs zurückbringen, sondern die eintönige Industriearbeit. Warum es aber für US-Hersteller in Wahrheit fast unmöglich ist, tatsächlich komplett in den USA zu produzieren, problematisiert indes ein hörenswerter Podcast – am Beispiel einer Grillbürste.
futurism-com.translate.goog (Video) / spotify.com (Podcast zur Grillbürste, Englisch)

Wir wollten wissen, ob Ihnen die Zolleskalation der Trump-Administration Sorge bereitet. Die Auswertung unserer nicht-repräsentativen Umfrage zeigt einen klaren Trend: Nur acht Prozent sehen die politischen Entwicklungen gelassen.
Viele Teilnehmende bewegt auch die Frage, was jetzt aus ihren Aktien und Finanzanlagen wird. Dabei gaben die meisten (406 Personen) an, ihre Anteile erst einmal zu halten. Nur sehr wenige (11 Personen) wollen verkaufen.
Die wichtigsten Infos für Anleger in der aktuellen Lage haben wir gestern im Thema des Tages zusammengetragen.
correctiv.org
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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