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Wie Wokreisel mit der Community über die Wahl berichtet

Die klassische Wahlberichterstattung beginnt meistens bei den Kandidierenden und ihrem Wahlprogramm. Warum eigentlich? Sollten nicht die Wählerinnen und Wähler bestimmen, was auf der Agenda steht? Das digitale Magazin Wokreisel aus Brandenburg hat genau das versucht und mit dem Projekt Wahlkreisel die Themen der Menschen in den Fokus gerückt.

von Tobias Hauswurz

Wokreisel_Wahlkreisel_Themen

Im ersten Schritt wollte Wokreisel die Community in die Themensetzung für die Wahlberichterstattung mit einbeziehen, also eine Art Wahlagenda erstellen. Dort sollten die Themen vorkommen, die die Menschen vor der Wahl wirklich bewegen und bei denen sie sich Konzepte und Ideen von den Kandidierenden wünschen.

Um diese Themen festzulegen, lud Wokreisel zu einer Auftaktveranstaltung ein. Dabei erarbeiteten die Teilnehmenden gemeinschaftlich eine Wahlagenda.

Am Ende standen vier Fokusthemen fest:

  • Ehrenamt & Kommunalpolitik – Wie unterstützen Sie das Ehrenamt in allen Lebensbereichen?

  • Kitas, Schulen, Arztpraxen, Wohnraum, Fachkräfte – Wie schaffen Sie bedarfsgerechte Lebensqualität?

  • Selbstbestimmung in den Gemeinden – Wie sorgen Sie für einen Interessenausgleich im Landkreis

  • Mobilität und Nachhaltigkeit – Wie sehen Sie einen zukunftsfähigen Landkreis

Dörthe Ziemer sagt, dass es in dieser Phase wirklich darauf ankam, die Community über die Themen bestimmen zu lassen, und nicht selbst journalistisches Agenda-Setting zu betreiben: „Mir hat zum Beispiel das Thema Kultur komplett gefehlt, aber das war eben nicht der Fokus der Menschen.“

Vier Gesprächsformate für die Community

Zu jedem der Themenschwerpunkte hat Wokreisel dann eine Gesprächsveranstaltung mit den Kandidierenden geplant.

Die Veranstaltungsorte wurden auch mit der Community abgestimmt, sagt Dörthe Ziemer: „Es haben schon bei der Auftaktrunde Teilnehmende gesagt: Kommt doch zu uns.“

Die Veranstaltungen selbst waren dann recht klassische Podiumsdiskussionen. Die Moderatorinnen stellten aber sicher, dass vor allem die Teilnehmenden Fragen stellen und ihre Sichtweisen einbringen konnten. Laut Dörthe Ziemer war die Gesprächsatmosphäre sehr angenehm. „Das ist ja leider nicht mehr immer der Fall.“ Durch die Fokussierung auf ein Schwerpunktthema pro Veranstaltung, konnten alle Teilnehmenden zum Teil sehr tief in die Themen gehen.

Begleitende Berichterstattung

Vor jedem Termin veröffentlichte Wokreisel einen Vorbericht, der erklärte, worum es bei dem Themenschwerpunkt geht und wie der Stand der Dinge bei den Themen ist.

Im Nachbericht stellte Wokreisel dann dar, was die einzelnen Standpunkte der Kandidierenden zu den Themen waren und wie die Diskussion verlief.

Neben den Vor- und Nachberichten gab es weitere Texte, zum Beispiel Reportagen über den Straßenwahlkampf oder Erklärstücke, z.B. über die Tätigkeiten eines Landrats.

Guide-Empfehlung: Citizen’s Agenda

Wer seine Wahlberichterstattung auch umkrempeln will, sei der Guide „Citizen’s Agenda“ ans Herz gelegt. Das Konzept wurde unter anderem von Jay Rosen von der New York University entwickelt.

Es geht im Prinzip genau darum, was Wokreisel auch gemacht hat: Die Berichterstattung beginnt nicht bei den Kandidierenden, sondern bei den Wählerinnen und Wählern. Sie erstellen gemeinsam mit der Redaktion ihre Citizen’s Agenda, auf die die Kandidierenden dann reagieren müssen.

In diesem kurzen Video wird das Konzept in Grundzügen erklärt.

Viele Redaktionen haben das Konzept bereits adaptiert, so zum Beispiel auch die Bristol Cable aus Großbritannien. Auf der Webseite der Citizen’s Agenda gibt es noch weitere Beispiele.

Dieses Fallbeispiel ist Teil des Angebots vom CORRECTIV.StartHub, der Anlaufstelle für Journalistinnen und Journalisten, die ihr eigenes Community-zentriertes Medienprojekt gründen wollen.

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