Recherchen von CORRECTIV und 11FREUNDE offenbaren ein gravierendes Missbrauchsproblem von Trainern und anderen Funktionsträgern im deutschen Fußball: Hunderte Kinder und Jugendliche waren in den vergangenen Jahren von Gewalt betroffen.
Die Redaktionen werteten aktuelle Strafverfahren aus: Seit 2020 wurden in Deutschland mindestens 37 strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet, die Gewaltdelikte im Fußball gegen Minderjährige zum Gegenstand haben – meist begangen von Trainern. Betroffen sind mindestens 130 Geschädigte, dokumentiert in über tausend einzelnen Taten.
Zudem äußerten sich in einer Online-Befragung von CORRECTIV und 11FREUNDE knapp 500 Menschen zu Gewalterfahrungen als Minderjährige im Fußball. Die nicht repräsentative Erhebung fand von März bis August 2025 statt.
Die darin geschilderten Erlebnisse der Betroffenen und die Auswertung der Strafverfahren zeichnen ein Bild, das in dieser Klarheit bisher nicht sichtbar gewesen ist: In den meisten Fällen geht es um sexualisierte Gewalt in einem Machtgefälle, die Trainer gegenüber ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen ausübten, aber auch Betreuer, Schiedsrichter und Spielerberater werden genannt.
Das Spektrum der sexualisierten Taten umfasst geheime Filmaufnahmen, Betäubungen mit Medikamenten und Drogen, unsittliche Berührungen, sexuelle Handlungen und Vergewaltigung. Die Übergriffe fanden sowohl auf dem Vereinsgelände der Fußballmannschaften statt, als auch in Privaträumen und Fußballcamps.
In der Umfrage werden auch andere Gewaltformen geschildert: rassistische, antisemitische und homofeindliche Äußerungen, Ohrfeigen, Schläge, Bodyshaming, Essensentzug, schweres Mobbing, andere Erniedrigungen, die psychische Schmerzen oder in zahlreichen Fällen auch körperliche Schmerzen zur Folge hatten.
Die Berichte reichen von Gewalterfahrungen in den 1970er Jahren bis ins Jahr 2025 im Amateurfußball und in den Nachwuchsabteilungen von Profiteams. Fast alle in der Umfrage geschilderten Vorfälle spielten bisher keine Rolle bei Ermittlungsbehörden. Darunter viele, bei denen es wahrscheinlich nicht um strafrechtliche, sondern ethische Grenzverletzungen geht. In anderen Fällen kam es nicht zu einer Anzeige.
Bei einigen Gewalttätern ist ein strukturelles Muster erkennbar: In den Strafverfahren tauchen mehrere Trainer auf, die bei unterschiedlichen Fußballvereinen über Jahre Übergriffe begangen haben sollen, bis die Ermittlungsbehörden sie strafrechtlich verfolgten.
Am 23.09.2025 haben CORRECTIV und 11FREUNDE über die wichtigsten Ergebnisse der monatelangen Recherche berichtet. Das Fußballmagazin veröffentlichte dazu eine Titelgeschichte in der September-Ausgabe und berichtete zudem online. In der Folge stiegen zahlreiche weitere Medien in die Berichterstattung ein, darunter auch Reporterinnen und Reporter aus dem Netzwerk CORRECTIV.Lokal.