Krieg in der Ukraine: Doch, dieses Bild ist aktuell und zeigt die Folgen eines mutmaßlich russischen Raketenangriffs
In Sozialen Netzwerken wird eine Collage verbreitet: Ein Bild-Artikel über einen russischen Raketenangriff auf ein Wohnhaus in der Ost-Ukraine wird einem russischen Bericht mit demselben Foto gegenübergestellt. Der russische Bericht soll angeblich belegen, dass das Foto die Folgen einer Gasexplosion 2018 zeige. Das stimmt nicht, das Foto ist aktuell.
Beim Beschuss eines Wohngebäudes in der ostukrainischen Stadt Tschuhujiw gab es Berichten zufolge mindestens ein Todesopfer sowie mehrere Verletzte. Auf Telegram wird – zu Unrecht – angezweifelt, dass die Bilder des zerstörten Hauses aktuell sind.
In Tschuhujiw hatte ein mutmaßlich russischer Raketenangriff ein Wohnhaus getroffen. Die Stadt liegt in der Oblast Charkiw, englische Berichte schreiben den Namen der Stadt auch Chuhuiv oder Chuguiv. Als „Oblast“ wird in osteuropäischen Staaten ein größeres Verwaltungsgebiet bezeichnet.
Die Nachrichtenagentur AFP und der arabische Nachrichtensender Al Jazeera veröffentlichten Fotos des zerstörten Gebäudes. Im Netz sind zudem zahlreiche weitere Bilder und Videos davon zu finden. Das Recherchenetzwerk Bellingcat verifizierte den Ort des Angriffs:. Das getroffene Wohnhaus liegt in Tschuhujiw in der Nähe eines Flughafens, der das eigentliche Ziel des Angriffs gewesen sein könnte.
Auf Telegram wird fälschlich behauptet, ein Foto des getroffenen Wohnhauses sei von 2018
Auch die Bild-Zeitung nutzte ein Bild des Gebäudes in ihrer Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine. Anschließend verbreitete sich in deutschsprachigen Telegram–Kanälen die Behauptung, das Foto sei bereits vier Jahre alt und im Zusammenhang mit einer Gasexplosion 2018 entstanden. Als angeblicher Beleg dafür wird ein Screenshot gezeigt, der einen russischen Text mit demselben Foto zeigt.
Auf Facebook kursiert eine ähnliche Collage – hier mit Bezug zu einem Artikel des Schweizer Blick.
Doch unsere Recherche zeigt: Das Foto ist aktuell im Zusammenhang mit dem russischen Raketenangriff in Tschuhujiw entstanden. Die Behauptung, es zeige die Folgen einer Gasexplosion aus dem Jahr 2018, ist falsch.
Eine Übersetzung des russischen Textes und Medienberichte belegen: Das Foto ist aktuell aus Tschuhujiw
Um das herauszufinden, haben wir zunächst einen Screenshot des russischen Artikels gezeigt, der in der Collage gezeigt wird. Wir haben den Text mit der App Google Lens abfotografiert und so den Text unter dem Foto auslesen lassen.
Wir haben den russischen Text dann mit einem Onlinetool übersetzt. Demnach steht dort unter anderem: „Anton Heraschtschenko hat die Folgen des Raketenschlags des Aggressors veröffentlicht (…) am Stadtrand von Charkiw. Der Angriff wurde Berichten zufolge mit ungelenkten Raketen durchgeführt.“ Anton Heraschtschenko ist Berater des ukrainischen Innenministeriums.
Vergleich mit anderen Fotos belegt: Das Bild ist aktuell und zeigt ein Wohnhaus in der Oblast Kharkiw
Über eine Google-Suche mit dem russischen Originaltext sowie dem Zusatz „OneNews“, der oben im geteilten Screenshot des russischen Textes zu sehen ist, fanden wir zudem ein Youtube-Video, das als Startbild das gezeigte Foto nutzt und vom 24. Februar 2022 stammt. Der Titel des Videos verweist ebenfalls auf Anton Heraschtschenko.
Eine Bilderrückwärtssuche nach dem Bild liefert zudem zahlreiche Treffer für Berichte über den Raketenangriff auf das Wohnhaus in der Oblast Charkiw am 24. Februar, die teilweise dieses Foto, teilweise andere Bilder verwenden:
Auch ein Vergleich des Fotos mit anderen Bildern des Vorfalls in der Datenbank Picture Alliance belegt, dass es sich um dasselbe Wohnhaus handelt. Zu erkennen ist das unter anderem an der weißen Fassade, den fehlenden Fensterscheiben und den zerstörten Balkonen. Weitere übereinstimmende Merkmale haben wir hier markiert:
Das russische Verteidigungsministerium beteuerte am Donnerstag, man werde keine ukrainischen Städte angreifen und Zivilisten seien nicht in Gefahr durch die russischen Angriffe in der Ukraine. Doch mehrere Berichte, unter anderem der aus Tschuhujiw, widerlegen das. Bereits am Donnerstag sprach die ukrainische Regierung von mindestens zehn zivilen Todesopfern im Land, wie mehrere Medien berichteten.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Russland-Ukraine-Krieg finden Sie hier.
Redigatur: Sophie Timmermann, Alice Echtermann