Doch, deutsche Medien berichteten über den Regierungswechsel in Bulgarien
Deutsche Medien sollen den Regierungswechsel in Bulgarien im August „unter den Teppich gekehrt“ haben. Schon eine Google-Suche zeigt, dass das haltlos ist.
„Regierung in Bulgarien gestürzt und wir bekommen nichts mit? Haben GEZ-Medien und Bundesregierung so große Angst? Was nicht passt, wird nicht mehr passend gemacht, sondern gleich unter den Teppich gekehrt.“ Das wird in dutzenden Facebook-Beiträgen schon seit August immer wieder behauptet.
Als Grund für die angeblich ausbleibende Berichterstattung machen die Beiträge folgendes aus: Die Übergangsregierung wolle mit dem russischen Energiekonzern Gazprom verhandeln, anstatt weiter auf Flüssiggas aus den USA „zu horrenden Preisen“ zu setzen. Das solle in Deutschland offenbar verschwiegen werden. Ursprünglich verbreitete sich die Behauptung in einem einfachen Bild mit Text auf blauem Hintergrund. Seit Anfang Dezember kursiert derselbe Text, diesmal soll er sich aber angeblich auf einem Werbeplakat befinden, das an einem Eisenzaun hängt. Ob es das Plakat wirklich gibt und wo es ist, konnten wir nicht herausfinden.
Dass die deutschen Medien über den Regierungswechsel nicht berichtet hätten, ist nicht wahr, wie schon eine Google-Suche zeigt. Sucht man mit den Stichworten „Regierung“, „Bulgarien“ und „gestürzt“, werden viele Artikel zu dem Thema angezeigt, unter anderem von Tagesschau, Spiegel, Süddeutsche, ZDF und Deutsche Welle. Sie berichteten am 22. Juni, dem Tag, an dem die bulgarische Regierung durch ein knappes Misstrauensvotum gestürzt wurde. Eine Suche in der Pressedatenbank Genios zeigt, dass auch viele Lokalzeitungen Artikel dazu veröffentlichten.
Berichterstattung auf unterschiedlichsten Seiten zu finden, auch bei Tagesschau und ZDF
Auch über die Einsetzung der Übergangsregierung Anfang August gab es Berichterstattung in Deutschland, auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dass die „GEZ-Medien“ aus Angst nicht berichten würden, wie es in den Beiträgen behauptet wird, ist haltlos. Dass die Übergangsregierung mit Russland über Gaslieferungen verhandeln wollte, stimmt aber. Bulgarien bezog vor dem Krieg 90 Prozent seines Erdgases aus Russland, am 27. April stellte Russland die Lieferungen ein. Die Verhandlungen der neuen Regierung mit Russland haben an dieser Lage nichts verändert, seit dem 1. Oktober ersetzt Bulgarien die Gaslieferungen durch solche aus Aserbaidschan. Zwischendurch bezog das Land Flüsiggas aus den USA.Die bulgarische Regierung war schon seit Längerem instabil. Allein 2021 wurde dreimal gewählt. Gründe dafür sind unter anderem die schlechte wirtschaftliche Lage des armen Landes, dessen desolates Gesundheitssystem während der Pandemie dramatisch überlastet war. Auch die Beziehung zum Nachbarland Nordmazedonien sorgt für Streit. Nachdem die Regierungsbildung am 14. Dezember 2022 erneut scheiterte, steuert Bulgarien auf den fünften Urnengang in zwei Jahren zu.
Redigatur: Viktor Marinov, Matthias Bau