Faktencheck

Weißes Haus, Bundestag, UN: Videos mit projizierten russischen Schriftzügen gefälscht

Im Netz wird behauptet, Hacker hätten am 9. Mai prorussische Schriftzüge auf Gebäude in Deutschland und den USA projiziert. Das soll ein Video belegen – doch die Aufnahmen sind manipuliert.

von Max Bernhard , Sarah Schmidt

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Ein Video soll projizierte russische Schriftzüge auf Gebäude in Deutschland und den USA zeigen. Doch die Aufnahmen wurden manipuliert. (Quelle: Telegram; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Videos würden zeigen: Hacker hätten am „Tag des Sieges“, dem 9. Mai 2023, auf Russisch den Schriftzug „Wir haben 1945 gewonnen – wir werden jetzt gewinnen“ auf das Weiße Haus projiziert und „Großväter haben gewonnen, Enkel werden gewinnen“ auf das Reichstagsgebäude.
Bewertung
Manipuliert. Die Aufnahmen sind nicht aktuell. Wir haben die Original-Videos gefunden, in denen die Projektionen nicht zu sehen sind. Sie wurden nachträglich hinzugefügt.

„Wir haben 1945 gewonnen – wir werden jetzt gewinnen“ und „Großväter haben gewonnen, Enkel werden gewinnen“ – diese Sprüche sollen russische Hacker am 9. Mai 2023 auf Regierungsgebäude in Deutschland und den USA und das UN-Hauptquartier projiziert haben. Am 9. Mai feiert Russland den Sieg über Nazideutschland. Die Sprüche sollen offensichtlich den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gutheißen. Nutzerinnen und Nutzer verbreiten die Behauptung auf Telegram, Twitter und Facebook.

Doch die vermeintliche prorussische Aktion ist erfunden. Die Originalvideos sind älter als behauptet, die Schriftzüge wurden nachträglich hinzugefügt.

Prorussiche Projektionen auf dem Bundestagsgebäude? Diese Behauptung verbreitet sich unter anderem auf Facebook. Doch die angeblichen Beweisvideos dazu sind gefälscht. (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Aufnahmen vom Weißen Haus, Bundestag und UN-Mission sind alt und wurden manipuliert 

Das Video enthält das Logo von Mash, einer russischen Publikation, mit engen Verbindungen zu Präsident Putin. Der Telegram-Kanal der Organisation ist mit etwa 1,8 Millionen Abonnenten laut Medienberichten einer der populärsten Russlands. Dort teilte Mash das Video am Morgen des 9. Mai 2023.

Es besteht aus drei einzelnen Aufnahmen, jede davon zeigt eines der genannten Gebäude. In einer Version des Videos, die zum Beispiel auf Twitter verbreitet wird, sind die eingeblendeten Ortsangaben falsch. Über Bildrückwärtssuchen finden wir zu jeder Aufnahme das Original.

Ein Vergleich des aktuellen Videos mit einem aus dem Jahr 2016 zeigt, dass es sich um dieselben Aufnahmen handelt. Die Bewegung der Flagge ist synchron. (Quelle: Telegram, Shutterstock; Video-Collage und Verlangsamung: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Video vom Weißen Haus wurde schon 2016 auf der Webseite der Agentur Shutterstock hochgeladen. Der russische Text auf der Fassade ist in den Originalaufnahmen nicht zu sehen. Dass es sich bei beiden Videos um dieselbe Aufnahme handelt, zeigt etwa ein Blick auf die Fahne: Sie bewegt sich in beiden Aufnahmen exakt gleich.

Auch beim Clip vom Bundestag bewegen sich die Fahnen genau gleich (Quelle: Telegram, SevArt / Shutterstock; Video-Collage und Verlangsamung: CORRECTIV.Faktencheck)

Auch das Video vom Bundestag finden wir auf Shutterstock, ebenfalls ohne die angebliche Projektion. Ein Account namens SevArt hat es dort veröffentlicht, ohne Datumsangabe. Doch den Ausschnitt veröffentlichte auch der SevArt Youtube-Kanal in einem Video im Jahr 2016 . Wir fragten zusätzlich bei der Bundestagsverwaltung nach, ob ein solcher Schriftzug auf das Gebäude am 9. Mai 2023 projiziert worden sei. „Uns ist kein solcher Vorfall bekannt“, antwortete uns Sprecher Sven Göran Mey.

Dieselbe Aufnahme mit zwei unterschiedlichen Projektionen. Die Aufnahme ist schon mindestens ein Jahr alt. (Quelle: Telegram, Ru News 24; Video-Collage und Verlangsamung: CORRECTIV.Faktencheck)

Die letzte Aufnahme soll das UNO-Hauptquartier in New York zeigen. Zu sehen ist jedoch das Gebäude der Vertretung der Vereinigten Staaten, das genau gegenüber steht. Durch eine Bilderrückwärtssuche finden wir ein Video des russischen Senders Ru News 24 vom März 2022. Dort ist eine andere Projektion auf dem Gebäude zu sehen.

In allen drei Fällen wurden also die angeblichen Projektionen in alte Aufnahmen montiert – die Videos sind manipuliert.

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Gabriele Scherndl, Viktor Marinov