Faktencheck

LKW-Protest in Polen: Dieses Video hat nichts mit den deutschen Bauernprotesten zu tun

Die Aufnahme einer LKW-Kolonne in Stettin, Polen, zeigt zwar eine Demonstration, es geht dabei aber nicht, wie behauptet, um die deutschen Bauernproteste.

von Gabriele Scherndl

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Zu dem Video einer LKW-Kolonne wird behauptet, es zeige polnische Fahrzeuge auf dem Weg nach Deutschland. Das stimmt nicht, die Demo war in Polen. (Quelle: X; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige eine Kolonne polnischer LKW, die auf dem Weg nach Deutschland seien, um die dortigen Bauernproteste zu unterstützen.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Das Video zeigt einen lokalen Protest im polnischen Stettin. Er hat nichts mit den deutschen Protesten von Landwirtinnen und Landwirten zu tun.

„Eilmeldung“, heißt es zu einem Tiktok-Video vom 7. Januar 2023. In dem Video fährt ein LKW-Konvoi eine Autobahn entlang. Dabei steht: „Polnische Trucker kommen nach Deutschland“ und „Bauernprotest“ – offenbar sollen die Trucks also an den bundesweiten Protesten von Landwirtinnen und Landwirten in Deutschland teilnehmen, denen sich auch LKW-Speditionen angeschlossen haben.

Über 50.000 Mal wurde allein dieser Beitrag angezeigt, auch andere Beiträge auf Tiktok und X zeigen das Video mit Bezug auf die Bauernproteste. 

Screenshot des Tiktok-Beitrags, in dem das Video gezeigt wird.
Dieses Video zeigt zwar eine LKW-Demonstration, mit den Bauernprotesten in Deutschland hat das aber nichts zu tun (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Stettin: Straßentransportverband bestätigt, dass die LKW-Demo nicht nach Deutschland fuhr

In manchen der Aufnahmen ist das Wasserzeichen des Tiktok-Nutzers witekx77 zu sehen. Er veröffentlichte das Video schon am 23. Dezember 2023. Einen Tag davor postete er zudem ein weiteres Video der Demonstration, das ebenfalls im falschen Kontext verbreitet wird.

Auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck stellt sich der Tiktok-Nutzer als Piotr Krzyżankiewicz, Vizepräsident des Vorstands des Westpommerschen Straßentransportverbands in Stettin vor. Er sagt, das Video zeige eine Demonstration am 22. Dezember 2023, die sich gegen die LKW-Konkurrenz aus der Ukraine und polnische Steuerregelungen richte. Mit den Bauernprotesten in Deutschland habe sie nichts zu tun. Und: Die LKW hätten Polen bei der Demo nicht verlassen. 

Das bestätigt auch ein weiterer Vertreter des Verbandes schriftlich. Der Westpommersche Straßentransportverband (ZSPD) veröffentlichte auch einen Aufruf zur Demo und eine Beschreibung der Route auf seiner Webseite. 

Vergleich mit Google Maps belegt: Video entstand in Stettin, Polen

Durch diese Route lässt sich auf Google Maps der genaue Ort nachvollziehen, an dem das Video aufgenommen wurde: Auf der Łabuda-Brücke in Stettin, etwa 30 Autominuten von der deutschen Grenze entfernt.

Zweimal die selbe Szene aus unterschiedlichen Aufnahmewinkeln.
Mit Bildern von Google Street View (oben) lässt sich genau rekonstruieren, wo das Video (unten) aufgenommen wurde. Gebäude entlang der Straße und Laternen stimmen auf beiden Aufnahmen überein. (Quellen: Google Maps / Tiktok; Screenshot, Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Über die Demonstration gab es auch mehrere polnische Medienberichte samt Fotos. Die Reihung der LKW in dem Tiktok-Video ist dieselbe wie in diesen Bildern. Das Video hat also nichts mit den Bauernprotesten in Deutschland zu tun und ist älter als in Sozialen Netzwerken behauptet wird. 

Zwei Bilder von aufgereihten LKW, sie stehen auf beiden Fotos in der selben Reihenfolge.
Der Vergleich eines Fotos aus einem Medienbericht (oben) und dem Tiktok-Video (unten) zeigt: Die Reihung in der Kolonne ist identisch. (Quellen: Logistyka / Zachodniopomorskie Stowarzyszenia Przewoźników Drogowych / Tiktok; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Ob sich polnische LKW mittlerweile an den Protesten in Deutschland beteiligen, ist unklar. Krzyżankiewicz vom ZSPD schloss im Telefonat mit CORRECTIV.Faktencheck nicht aus, dass der Verband in Zukunft teilnehmen werde. Zum Zeitpunkt des Gespräches gab es dafür aber noch keine konkreten Pläne. 

Redigatur: Kimberly Nicolaus, Steffen Kutzner