Video aus Braunschweig zeigt entsorgte Corona-Tests, aber keine Impfstoffe
In Sozialen Netzwerken verbreitet sich ein Video aus einer Lagerhalle – es zeigt angeblich die Entsorgung von Impfstoffen gegen Covid-19 und Corona-Tests in Braunschweig. Wir haben beim Entsorger nachgefragt, was dahinter steckt.
„Zehntausende Sars-CoV-2-Schnelltests, die der Steuerzahler teuer finanzierte, werden jetzt heimlich entsorgt“, heißt es in einem Telegram-Beitrag des Österreichers Stefan Magnet am 23. März 2024. Ein Video dazu – angeblich aufgenommen in der Alba-Müllentsorgungsanlage in Braunschweig – zeigt Hunderte aufgerissene Kartons, die sich in einer Halle stapeln. Auf dem Boden liegen rechteckige weiße Päckchen verstreut, in Glasflaschen verpackte Impfstoffe sind nicht zu erkennen. Ein Foto im Beitrag zeigt eine Schnelltest-Verpackung in der Nahaufnahme.
Die Behauptung verbreitet sich auf X, Facebook und Tiktok: In manchen Beiträgen ist von entsorgten Tests und Impfstoffen die Rede, in anderen nur von Tests. Bei Magnet ist nicht ganz klar, ob er von beidem spricht, auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck reagierte er nicht. Mehr als 200.000 Nutzerinnen und Nutzer haben derartige Beiträge gesehen.
Alba-Pressesprecher: „Es spricht viel dafür, dass die Aufnahme illegal auf unserem Betriebshof erstellt wurde“
Für die Angabe, das Video stamme aus einer Abfallentsorgungsanlage der Firma Alba in Braunschweig, spricht der blaue LKW, der in der letzten Sekunde des Videos zu sehen ist. Seine Farbe und das Modell passen zu den Fahrzeugen, die Alba selbst auf einem Jobportal zeigt.
Wir fragten bei Alba nach, ob es wirklich eine Anlage der Firma zeige. Pressesprecher Matthias Hochstätter schrieb uns in einer E-Mail, dass viel dafür spreche, dass die Aufnahme „illegal“ auf dem Betriebshof von Alba erstellt wurde – seiner Ansicht nach das einzig „heimliche“ an diesem Vorgang. Wann und wo genau das Video auf dem Alba-Gelände aufgenommen wurde, wollte er nicht sagen.
Die im Foto gezeigten Antigen-Schnelltests sind 24 Monate haltbar
Über den Inhalt der Kartons schrieb uns der Alba-Sprecher, dass darin Corona-Antigen-Schnelltests verpackt seien. „Die zu entsorgenden Produkte kamen von einem mittelständischen Kunden aus der Großregion Braunschweig. Impfstoffe haben wir nicht zur Entsorgung bekommen“, schrieb uns Hochstätter. Den Namen der Firma, die die Tests in Braunschweig entsorgt hat, nannte er nicht.
Er betonte, dass es sich um einen normalen Entsorgungsvorgang von „nichtgefährlichem Abfall“ handele. Die Haltbarkeit der Tests sei begrenzt und der Bedarf gering. Die Schnelltests, die in manchen Beiträgen auf einem Foto zu sehen sind, haben eine Haltbarkeit von 24 Monaten.
Dafür, dass auch Impfstoffe entsorgt wurden, gibt es keine Belege. Impfstoffe werden üblicherweise in Glasampullen gelagert, die anders verpackt sind – solche sind im Video nicht zu erkennen.
Ob die Tests von Steuermitteln bezahlt wurden, hängt vom Unternehmen ab, das sie entsorgt hat
Über die Tests heißt es in den Beiträgen in Sozialen Netzwerken, der Steuerzahler habe sie „teuer finanziert“. Ob das stimmt, können wir nicht sagen. Nicht jeder Kauf von Tests geschieht mit Steuergeldern. Apotheken zum Beispiel kommen laut einer Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände selbst für die Schnelltests auf.
Der Bund hat allerdings auch Tests bestellt und bezahlt. Laut einer Sprecherin des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) waren es im Verlauf der Pandemie insgesamt 39 Millionen Tests, die als sogenannte Hilfspakete an die Länder und an vollstationäre Pflegeeinrichtungen gingen.
Unternehmen bekamen bis Ende Februar 2023 eine Pauschale für Schnelltests
Auch für Unternehmen wurden zu einem Teil Steuermittel bereitgestellt. Für sie galt von April 2021 bis Ende Februar 2023 die Pflicht, ihren Beschäftigten einen Antigen-Schnelltest anzubieten. Dafür erhielten Unternehmen laut der BMG-Sprecherin nach der Coronavirus-Testverordnung eine feste Pauschale je Test. Die Höhe der Pauschale wurde mehrfach angepasst. Vom Dezember 2021 bis Ende Januar 2022 betrug die Pauschale pro Test 4,50 Euro, in der Verordnung danach nur noch 2 Euro.
Das Geld für diese Pauschale kam laut der Sprecherin aus dem Gesundheitsfonds, aus dem Krankenkassen Mittel erhalten, um Leistungen für Versicherte zu finanzieren. In den Fonds fließen Beiträge der Arbeitgeber, der anderen Sozialversicherungsträger und der Mitglieder der Krankenkassen. Hinzu kommt ein kleinerer Anteil vom Bund, der sogenannte Bundeszuschuss. In solchen Fällen haben Unternehmen also lediglich eine Pauschale für die Tests bekommen, die zudem nur teilweise aus Steuermitteln bezahlt wurde.
Tatsächlich wurden bereits zahlreiche Impfdosen entsorgt: Über 130 Millionen Impfstoffe, die nicht an die Subvariante Omikron angepasst waren, wurden zwischen dem 4. Quartal 2022 und Ende 2023 vernichtet. Das ist in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD nachzulesen.
Fazit: Es stimmt, dass Antigen-Schnelltests in der Alba-Müllentsorgungsanlage in Braunschweig entsorgt wurden. Die Tests waren laut dem Alba-Pressesprecher kurz vor dem Ablauf. Impfstoffe wurden dort nicht entsorgt. Ob die Tests aus Steuergeldern finanziert wurden, ist unklar.
Redigatur: Sarah Thust, Gabriele Scherndl
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Artikel zur Corona-Arbeitsschutzverordnung „Unternehmen müssen Tests anbieten“, Bundesministerium für Gesundheit, 20. April 2021: Link (archiviert)
- Pressemitteilung „Test- und Maskenpflicht fallen bereits zum 1. März“, Bundesministerium für Gesundheit, 14. Februar 2023: Link (archiviert)
- Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von AfD-Abgeordneten, 29. Dezember 2023: Link (PDF, archiviert)