Der entspannte Minister
Finanzminister sind beliebte Politiker in Deutschland. Das gilt nicht nur für Bundesminister, auch Landesminister stehen selten im Feuer. NRW-Finanzminister Norbert Walter Borjans ist da keine Ausnahme. Äußerlich irgendwo zwischen Kevin Spacey und Heinz Schenk arbeitet er schon lange in öffentlichen Ämtern und ist als ehemaliger Regierungssprecher ein solider Kommunikator. „NWB“ kümmert sich gerne öffentlichkeitswirksam um den Ankauf von Datenpaketen zur Jagd auf Steuersünder und stört ansonsten das Regierungsgeschäft der rot-grünen Landesregierung nicht mit überlauten Sparermahnungen. Kurzum: Borjans kann zur Geheimwaffe werden im nahenden Wahlkampf. In Leverkusen-Opladen konnte er Wahlkampf schon einmal üben.
NRW: Nicht schlechter, sondern anders
Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung hatte den Minister zur Diskussionsrunde geladen. Das Thema: „Miteinander gerecht leben“; wie die Lage sich darstellt nach dem Zuzug von Flüchtlingen seit Sommer 2015. Für Borjans „alles andere als negativ“. NRW, das Bundesland müsse man sich als „riesigen Stadtstaat“ vorstellen. Rund die Hälfte der deutschen Großstädte seien hier, das Land „dichter besiedelt, größer, bunter“ – nicht schlechter oder besser als andere, sondern „anders: Ich bin sehr froh in NRW zu leben“.
Irgendwie „anders“ betrachtet der SPD-Minister auch die Flüchtlingsdiskussion: Die öffentliche Hand würde insgesamt rund 25 Milliarden zusätzlich aufbringen, für die Versorgung der geflohenen Menschen, und zur Integration. Die zusätzlich eingestellten Lehrer seien aber auch Wohnungsmieter, Autokäufer: „Das ist ein riesiges Konjunkturprogramm“, das dem Bund geschätzt 6 bis 8 Milliarden zusätzliche Steuereinnahmen bringe, fast so viel wie der Bund für die neue Flüchtlingspolitik ausgebe: „Für Berlin ist das doch fast ein Nullsummenspiel“.
Verstopfte Steuerquellen
Weniger ausgeglichen fiel Borjans Kritik an Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) aus; aber nur auf den ersten Metern. Angesichts der guten wirtschaftlichen Lage jetzt Steuersenkungen zu versprechen, sei unangebracht: „Oder heißt das umgekehrt, bei schlechter Konjunktur die Steuern wieder zu erhöhen?“ Doch wie Schäuble kann sich auch der SPD-Politiker Borjans Entlastungen der Schwächeren vorstellen. Die gute alte große Koalition lebt.
Gerecht miteinander leben: Deutschland sieht Borjans auf Kurs, der Zusammenhalt sei besser als in vielen anderen europäischen Ländern. Anders sehe das international aus: Das exportstarke Industrieland profitiere enorm von der europäischen Geldpolitik, dabei sollten mit der eigentlich die Produkte der südlichen EU-Staaten günstiger gehalten werden. Ungerechtigkeit sei ein europäisches und natürluch ein globales Problem, die Ausbeutung in den ärmsten Ländern auch eine Fluchtursache. Das Flüchtlingsthema sei auch deshalb eine gesamtstaatliche Aufgabe, die alle schultern müssten. Besser und viel gerechter ginge das, sagt der Finanzminister und berühmte Steuer-CD-Käufer, wenn man die „verstopften Steuerquellen“ endlich öffnen könne: Etwa Apple dazu zu bringen in Europa mehr Steuern zu zahlen, als die 0,005 Prozent, die der Weltkonzern in Irland löhne.
Denn: „Die teuersten Flüchtlinge sind immer noch die Steuerflüchtlinge!“