Faktencheck

Angebliches Gesetzesvorhaben – auch 2026 dürfen Haushalte mehr als ein Auto besitzen

In Beiträgen in Sozialen Netzwerken heißt es, ab 2026 dürfen Haushalte nur noch ein Auto haben, um die Umweltbelastung und das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. Doch das ist frei erfunden.

von Johannes Gille

Gehört dieser Anblick von zwei Autos vor einem Haus bald der Vergangenheit an? Kurze Antwort – nein. (Quelle: Bastian / Caro / Picture Alliance)
Gehört dieser Anblick von zwei Autos vor einem Haus bald der Vergangenheit an? Kurze Antwort – nein. (Quelle: Bastian / Caro / Picture Alliance)
Behauptung
Ab 2026 wäre es verboten, mehr als ein Auto pro Haushalt zu besitzen.
Bewertung
Falsch. Kein seriöses Medium berichtet von einem solchen Vorhaben, es lässt sich im Netz kein entsprechendes Gesetzesvorhaben finden und das zuständige Ministerium dementiert die Behauptung.

In Sozialen Netzen kursierten im Januar und Februar mehrere Beiträge, in denen es heißt, dass in Deutschland bald pro Haushalt nur noch ein Auto erlaubt sei. Auf Tiktok erreichte die Behauptung über eine Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Was steckt dahinter?

Die Videos verwenden alle denselben Text, laut dem „die Regierung“ eine neue Regelung plane, die ab 2026 die Anzahl an Autos pro Haushalt beschränken soll. Ausnahmen für diese Regelung seien nur mit einem Nachweis möglich, der die Notwendigkeit eines Zweitwagens belegt. Ziel der Maßnahme sei es, „den Verkehr in Innenstädten zu reduzieren und die Umweltbelastung zu minimieren“.

Doch eine Google-Suche nach der Behauptung führt zu keinen Gesetzesbeschlüssen oder Medienberichten, die die Behauptung stützen würden. Auf Anfrage der Presseagentur AFP Ende März 2025 schrieben das Verkehrsministerium, das Justizministerium und der ADAC einstimmig, dass es sich bei der Behauptung um eine Falschmeldung handle. Woher kommt die Idee also?

Screenshot von einem Tiktok-Beitrag zum angeblichen Autoverbot.
„Aufgepasst“ heißt es in vielen ähnlichen Beiträgen auf Tiktok und Facebook, in denen die Falschmeldung verbreitet wird (Quelle: Tiktok; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Spur führt zum Verschwörungs-Blog Kettner Edelmetalle

Der Creator eines der Tiktok-Videos kommentiert unter seinem Beitrag: „Das Weltwirtschaftsforum (WEF) hat eine Agenda ins Leben gerufen, die aufhorchen lässt: Im Namen des Klimaschutzes soll der private Autobesitz massiv eingeschränkt werden.“ Sucht man auf Google nach „WEF Auto Verbot“, landet man bei einem Artikel der für Verschwörungserzählungen bekannten Seite Kettner Edelmetalle vom Mai 2024. Der erste Absatz des Artikels stimmt im Wortlaut exakt mit dem Kommentar des Tiktok-Nutzers überein und könnte daher der Ursprung der Behauptung sein. 

Von einem konkreten kommenden Autoverbot in Deutschland steht in dem Artikel aber nichts. Es geht darin um einen Artikel über ein Experiment in Australien durch den Taxivermittlungsdienst Uber in Zusammenarbeit mit weiteren Mobilitätsdienstleistern, der auf der Seite des WEF veröffentlicht wurde. Für das Experiment mit dem Titel „One Less Car“ gaben 58 Personen eines der Autos in ihrem Haushalt für mehrere Monate auf. Dafür erhielten sie ein Budget, mit dem sie stattdessen das Fahrrad, öffentliche Verkehrsmittel und kommerzielle Mobilitätsangebote nutzen sollten. 

Das von Uber veröffentlichte Whitepaper vertritt die Ansicht, dass weniger Autos auf den Straßen gesellschaftliche und ökologische Vorteile mit sich bringen würden, und viele Menschen die laufenden Kosten ihres Autos unterschätzen. Es empfiehlt mehrere politische Reformen, die Australien dem Ziel „One Less Car“ – ein Auto weniger – näherbringen sollen. Hier wird jedoch – anders als von Kettner Edelmetalle behauptet – an keiner Stelle ein Verbot von mehreren Autos pro Haushalt gefordert. Der Text appelliert beispielsweise für Reformen beim Parken in der Innenstadt, den Ausbau des ÖPNV – und mehr Unterstützung für die Angebote der Firmen, von denen die Studie bezahlt wurde.

Feindbild Weltwirtschaftsforum

Das WEF ist immer wieder Ziel von Verschwörungserzählungen rund um den sogenannten „Great Reset“, die in Deutschland auch von der AfD verbreitet werden. In der Vergangenheit wurde der Organisation unter anderem unterstellt, Verbote von bestimmten Modetrends und privatem Gemüseanbau, eine Ein-Kind-Politik für weiße Familien oder die massenhafte Ermordung von Senioren zu fordern. In keinem der Fälle gab es Belege für die Behauptungen.

Es ist auch nicht das erste Mal, dass dem WEF unterstellt wird, den privaten Besitz von Autos einschränken zu wollen. In der Vergangenheit kursierten mehrere irreführende Beiträge, in denen behauptet wurde, die Organisation fordere ein Verbot privater PKW.

Redigatur: Matthias Bau, Steffen Kutzner

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • One Less Car – Shifting to a sustainable transport future, Uber, November 2023 : Link (Englisch, archiviert)
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