CO2 kann Pflanzenwachstum fördern, aber zu viel davon belastet das Klima
Da CO2 Pflanzenwachstum fördere, könne es keine negative Rolle beim Klimawandel spielen – von dieser Logik gehen einige Beiträge in Sozialen Netzwerken aus. Doch sie lassen außen vor, dass der menschengemachte CO2-Ausstoß den Bedarf von Pflanzen übersteigt.

„CO2 und Klimawandel, das ist für Biologen so eine Frage. Wenn man sich jetzt die Pflanzen hier anschaut, alle Pflanzen brauchen zum Wachstum zwingend Kohlendioxid“, sagt eine Frau in einem Video, das seit Jahren im Netz kursiert. Zuletzt erhielt es Anfang März 2025 auf Instagram mehr als 12.000 Likes. Die Frau im Video behauptet, mehr CO2 sei gut für Pflanzen – CO2 „künstlich“ zu reduzieren, beeinflusse den biologischen Kreislauf dagegen negativ. Unter den Videos sammeln sich Spekulationen über eine „Klimalüge“ oder „CO2-Lüge“.

Es gibt einen CO2-Düngeeffekt – doch der wirkt nur bedingt
Es stimmt, dass CO2 in der Atmosphäre positiv für das Pflanzenwachstum sein kann, weil es die Photosynthese fördert. 2016 zeigte eine Studie, über die auch die Nasa berichtete, dass die Erde seit den 1980er Jahren grüner geworden sei. 70 Prozent der Ergrünung erklärten die Forscherinnen und Forscher mit dem sogenannten CO2-Düngeeffekt. Doch dieser Effekt lässt nach laut Mitautor der Studie, Philippe Ciais: Studien hätten gezeigt, dass sich Pflanzen an die steigende Kohlendioxidkonzentration gewöhnen beziehungsweise anpassen. Die Autoren und Autorinnen der Studie erklärten zudem, dass ihre Studie kein Argument gegen Minderungen von Emissionen sei. Dazu kommt: Auf das Wachstum mancher Pflanzen sowie auf das Gleichgewicht in Ökosystemen kann sich der Düngeeffekt negativ auswirken, wie wir 2022 ausführlich in einem Faktencheck berichteten.
Beispiel von holländischen Großbauern greift zu kurz
Die Frau im Video, die die Behauptung macht, ist keine Klimaforscherin, sie arbeitet als Biologin in der medizinischen Forschung am Uniklinikum Würzburg. Sie heißt Ulrike Kämmerer und ist auch in Videos der Impfgegner-Partei Die Basis zu sehen, für die sie bereits als Landtags- und Bezirkstagskandidatin Unterfranken angetreten ist. Auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck zu dem Ausschnitt im Netz antwortete sie nicht.
Als Beleg, dass mehr CO2 gut für das Pflanzenwachstum sei, führt sie ein Beispiel an: Holländische Großbauern würden die Luft in ihren Gewächshäusern mit CO2 düngen, damit Pflanzen besser wachsen und einen höheren Ertrag liefern. Das ist richtig, über einen Fall berichteten wir hier. In der Landwirtschaft weiß man aber auch: Zu viel CO2 kann Pflanzenwachstum schaden.
CO2-Düngung wird in Gewächshäusern unter optimierten, kontrollierten Bedingungen eingesetzt. Der Landwirt oder die Landwirtin steuert neben dem CO2-Wert auch die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur. In der Natur ist das nicht kontrollierbar. Forscherinnen und Forscher, unter anderem von der Universität Augsburg, haben 2021 herausgefunden, dass der globale natürliche CO2-Düngeeffekt seit den 1980er Jahren um fast 30 Prozent abgenommen hat. Eine mögliche Ursache: Das Fehlen von ausreichend Wasser und wichtigen Nährstoffen.
Negative Folgen der steigenden CO2-Konzentration in der Atmosphäre überwiegen
Anders als im Video behauptet, würde eine Reduktion des CO2-Ausstoßes dem biologischen Kreislauf nicht schaden: Pflanzen wie auch Ozeane oder Böden setzen CO2 frei und absorbieren es. Dieser natürliche Kreislauf ist in einem Gleichgewicht, gestört wird er durch das vom Menschen verursachte zusätzliche CO2. Im Jahr 2023 produzierten die Menschen mehr als 37,7 Milliarden Tonnen CO2 – alle Lebewesen und Pflanzen an Land nehmen etwa ein Viertel des vom Menschen verursachten CO2 zusätzlich auf, wie uns zwei Forscher hier erklärten. Pflanzen federn also einen Teil des Klimawandels ab, sie funktionieren wie ein Puffer, aber sie können nicht die globale Erwärmung verhindern.
Welchen Einfluss CO2 auf den Klimawandel hat, hat die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in einer Faktensammlung erklärt. Kurz gesagt führt die Konzentration des Gases in der Atmosphäre dazu, dass mehr Wärme gespeichert als abgegeben wird, so kommt es zur Erwärmung der Erde. Die Folgen dieser Erwärmung mit vermehrt auftretenden Extremwetterereignissen, wie Dürren, Hitzewellen und Starkregen, wirken sich negativ auf das Pflanzenwachstum aus.
Redigatur: Paulina Thom, Steffen Kutzner
Mitarbeit: Laura Seime
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Artikel: „Carbon Dioxide Fertilization Greening Earth, Study Finds“, Nasa, 26. April 2016: Link (Englisch, archiviert)
- Studie: „Greening of the Earth and its drivers“, Nature Climate Change, 25. April 2016: Link (Englisch, archiviert)
- Studie: „Recent global decline of CO2 fertilization effects on vegetation photosynthesis“, Science, 11. Dezember 2020: Link (Englisch, archiviert)
- Faktensammlung der Leopoldina: „Klimawandel: Ursachen, Folgen und Handlungsmöglichkeiten“, Nationale Akademie der Wissenschaft, Mai 2021: Link (PDF, archiviert)