
Liebe Leserinnen und Leser,
diese Woche geht es bei CORRECTIV schwerpunktmäßig darum, wie wir Deutschen fürs Alter vorsorgen – und auf welche Herausforderungen wir dabei stoßen. Am Montag zeigten wir, dass die neue Bundesregierung das Großprojekt Aktienrente wieder einkassiert hat. Und dass es nun keinen wirklichen Plan gibt, um die gesetzliche Rente langfristig zu sichern.
Wir hatten Sie dann in der SPOTLIGHT-Umfrage gefragt, wie Sie für das Alter vorsorgen. In der Grafik der Ausgabe von Dienstag haben wir gezeigt, dass fast jede und jeder Dritte mit Aktien und Fonds vorsorgt. Und einige Tage zuvor hatten Sie uns bei einer weiteren Umfrage geschrieben: Wenn Sie „nachhaltig“ investieren, dann darf bitte ganz sicher kein Öl-Konzern im Portfolio des Fonds enthalten sein.
Daran knüpft die Recherche an, die Klima-Reporterin Gesa Steeger gemeinsam mit dem Portal Finanztip.de gemacht hat. Sie zeigt: Fondsanbieter in Deutschland haben in großem Stil Fonds und ETFs – börsengehandelte Indexfonds – zu Unrecht als „nachhaltig“ oder „grün“ ausgewiesen. Mehr dazu steht im Thema des Tages.
Sind auch Sie betroffen? Was genau haben Sie erlebt? Schreiben Sie unserer Reporterin: gesa.steeger@correctiv.org.
Und noch eine Leseempfehlung: Die Firma hinter ChatGPT will offenbar die KI-Anfragen, die wir dem Tool stellen, jetzt zu Geld machen. Reporterin Samira Joy Frauwallner hat sich umgehört, was das für uns Nutzerinnen bedeutet.
Thema des Tages: Geldanlage unter falschem Etikett
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktenforum: Wehrdienst-Vorschlag der Grünen aus Bayern falsch interpretiert
CORRECTIV-Werkbank: Im Call mit Klimaleugnern
Grafik des Tages: Die Zahl der Dürrejahre nimmt gravierend zu
Gemeinsam aufgedeckt: Haben auch Sie Gewalt im Jugendfußball erlebt?
Fondsanbieter in Deutschland mussten bei Hunderten vermeintlich „grünen“ Fonds und ETFs Begriffe wie „Klima“ oder „nachhaltig“ aus dem Namen streichen – weil die Geldanlagen oft nicht hielten, was die Titel versprachen. Insgesamt sind mindestens 150 Milliarden Euro betroffen, wie unsere Recherche zeigt.

Was genau ist passiert?
Es gibt eine neue Leitlinie der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die besagt: Wo grün drauf steht, muss auch grün drin stecken.
Konkret heißt dies, dass nachhaltige Fonds und ETFs künftig mindestens 80 Prozent ihres Kapitals in Wertpapiere investieren müssen, die ökologische oder soziale Kriterien berücksichtigen. Steckt das Geld der Fonds dagegen überwiegend in fossilen Energieunternehmen wie Shell oder Total, darf man das Geldanlageprodukt als Fondsanbieter nicht mehr „nachhaltig“ bewerben.
Klingt absurd, dass das bisher gemacht wurde, ist aber so:
Gemeinsam mit Finanztip.de haben wir die zehn größten Fondsgesellschaften im Land gefragt, ob sie ihre aktiven Fonds jetzt umbenennen mussten.
Das Ergebnis: Anlagevermögen im Wert von 150 Milliarden Euro ist betroffen.
Ein paar Beispiele:
→ Allianz Global Investors musste seinen Fonds „Green Future“ umbenennen: in „Multi Asset Future“
→ Deka Investmentfonds nennt seinen Fonds „Deka-Nachhaltigkeit Multi Asset CF“ jetzt „Deka-Perspektive Multi Asset CF“
→ Der BlackRock-Fonds „Systematic ESG“ heißt jetzt „Systematic World Equity“. (ESG ist kurz für: Environmental, Social und Governance, es geht also um umfassende Nachhaltigkeitskriterien)
Was man als Betroffene jetzt tun kann:
Darauf geht unser Recherchepartner Finanztip.de in seiner Veröffentlichung ein – zum Text geht es hier entlang.
Die Geldanlageexperten des Portals erklären dort, welche Fonds sie weiterhin empfehlen, welche nicht – und warum.
Regierungserklärung: Friedrich Merz stellt Außenpolitik und Europa in den Fokus
Entschlossen und engagiert trat Friedrich Merz bei seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag auf. Er stellte die Themen Europa und Wirtschaft in den Vordergrund. Außerdem lobte er seinen Vorgänger Olaf Scholz und dessen Regierung für den Umgang mit der Ukraine-Krise. Bezüglich der Migrationspolitik erklärte Merz: „Deutschland ist ein Einwanderungsland, das war so, das ist so und das bleibt auch so.“ Unsere Jugendredaktion Salon5 fasst seine Rede in diesem Instagram-Post zusammen.
spiegel.de
Friedensverhandlungen in der Türkei – ohne Putin
Zur Verhandlung um einen möglichen Waffenstillstand treffen sich heute die Delegationen Russlands und der Ukraine in Istanbul. Nicht anwesend ist Kremlchef Wladimir Putin. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist vor Ort, seine Teilnahme aber noch unklar.
tagesschau.de
Stuttgart: Gefängnis Stammheim 50 Jahre nach RAF-Prozess
Im Herbst dieses Jahres soll das ehemalige Gefängnis Stammheim abgerissen werden. Dort waren angeklagte Linksterroristen untergebracht, die um 1976 herum verurteilt wurden. Heute ist das Gebäude nur noch eine Erinnerung an die deutsche Nachkriegsgeschichte.
schwaebische.de
KI in Deutschland: So steht es um unsere Rechte und Daten
KI wird zunehmend kommerzialisiert – mit Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher: Wer Zugang zu den besten Funktionen will, muss zahlen. CORRECTIV hat bei Behörden und Verbraucherschützern nachgefragt, wer Menschen in Deutschland vor hohen Kosten, fehlender Transparenz und digitaler Ausgrenzung schützt. Die Antworten zeigen: Der Aufbau einer wirksamen staatlichen Aufsicht steckt noch in den Anfängen.
correctiv.org

CORRECTIV.Faktenforum

Ein Vorschlag der Grünen-Politikerin Katharina Schulze wird online als Zwang interpretiert, auch für ältere Bürger. Doch Schulze geht es nicht darum, Omas zur Bundeswehr zu schicken. Die aktuelle Bundesregierung plant zudem ein anderes Wehrdienst-Modell.
faktenforum.org
Diese Faktensammlung stammt aus unserem CORRECTIV.Faktenforum. Hier kann sich jede und jeder einbringen, um Falsch- und Desinformation gemeinsam zu entlarven.
Endlich verständlich
Seit wenigen Tagen ist das Verfassungsschutzgutachten zur AfD durch Medienleaks für alle einsehbar. Die rund 1.100 Seiten geben viel Anlass zur Diskussion. Aber was bedeutet die Einschätzung dort genau? Und was steht nicht drin? Unsere Kolleginnen und Kollegen ordnen das für Sie ein:
correctiv.org
So geht’s auch
Immer mehr Supermärkte bieten Rettertüten an. Obst und Gemüse, das nicht mehr perfekt genug für den normalen Verkauf ist, können Kunden für weniger Geld erwerben – dadurch landet es nicht im Müll.
stimme.de
Fundstück
„Gegen-Gutachten“ der AfD: Der Staatsrechtler Michael Elicker hat – im Auftrag der AfD – ein Gutachten zum Verfassungsschutz geschrieben. Darin behauptet er, die Verfassungsschützer in Thüringen und Sachsen dürften die AfD-Abgeordneten gar nicht beobachten. Grund sei die „Indemnität“ für Abgeordnete beider Bundesländer – ein Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung, der, anders als die Immunität, nicht einmal vom Parlament aufgehoben werden kann.
Das Gutachten steht zwar nicht im direkten Zusammenhang mit der offiziellen Hochstufung der Partei durch den Bundesverfassungsschutz und erschien einen Tag davor. Dennoch hat Björn Höcke bereits angekündigt, dass er damit auch langfristig gegen jegliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorgehen möchte.
Elicker ist Lehrbeauftrafter an der Universität des Saarlandes, selbst AfD-Mitglied – und vertrat die Partei als Anwalt bereits vor dem Bundesverfassungsgericht. Unsere Kollegin Marie Bröckling hat bei der Universität nachgefragt. Diese distanziert sich von den rechtsextremen Positionen der AfD. Eine Pressesprecherin schreibt: Elickers Gutachter-Tätigkeit geschehe „nicht im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an der Universität des Saarlandes. Michael Elicker verfasst diese Gutachten eigenständig, vermutlich im Rahmen seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und, wie im vorliegenden Fall, vermutlich im Auftrag der AfD.“ Die Universität verfolge hingegen „ausdrücklich eine offene Willkommenskultur [und] unterhält zahlreiche Beziehungen ins Ausland und fördert das Zusammentreffen von Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen und Nationen, die gemeinsam miteinander leben, forschen und lernen möchten.“
Wie denken die Klimaleugner, die hinter US-Präsident Trump stehen und ihn beeinflussen? Um diese Frage zu beantworten, beobachte ich eine einflussreiche US-Denkfabrik: die Heritage Foundation. Einige ihrer Vertreter arbeiten für Trump.
Am Dienstag lud das Klima-Center der Denkfabrik zu einer hybriden Veranstaltung: Man wolle die Gefahren der Klimakrise „überdenken“. Ich schaltete mich dazu.
Es sprachen einige der weltweit einflussreichsten Klimaleugner. Ihre Taktik: Sie mieden meist physikalische Fakten und verdrehten stattdessen ökonomische Argumente, um den angeblichen Nutzen von CO₂ hervorzuheben. Ihrer Logik zufolge sei die Erderwärmung positiv, da beispielsweise mehr Menschen durch Kälte als durch Hitze gefährdet seien.
Bemerkenswert fand ich, wie seriös die Sprecher teils wirkten: Man präsentierte Studien, zeigte komplizierte Diagramme und erklärte Berechnungen. Mein Eindruck: Wer wenig Vorwissen hat, kann so getäuscht werden. Und erkennt nicht direkt, dass die Schlussfolgerungen schlicht Unsinn sind.
Angesichts der eskalierenden Klimakrise ist es alarmierend, wie selbstbewusst die Klimaleugner auftreten. Genau deshalb recherchieren wir weiter ihre Narrative und zeigen, wo sie auch in Europa und Deutschland Anschluss suchen.

Mal wieder ein Rekord: Dieser Frühling ist in Deutschland so trocken wie noch keiner zuvor in den Wetteraufzeichnungen. Das ist für sich genommen schon ein Problem, für Ökosysteme und Landwirtschaft könnte das ein schwieriges Jahr werden. Die Grafik des Tages zeigt jedoch: Dahinter liegt ein langfristiger Trend. Während es in vorigen Jahrzehnten nur gelegentlich zu Perioden extremer Trockenheit kam, kommt es seit den 2010er-Jahren fast durchgängig zu regionalen oder bundesweiten Dürren.
fr.de
Es ist erschütternd, was Kinder und Jugendliche teilweise im Fußballverein erleben: Über unseren CrowdNewsroom zu Gewalt im Jugendfußball haben uns bereits über 450 Menschen von ihren Erfahrungen berichtet – von körperlicher Gewalt, Beleidigungen, Grenzverletzungen durch Erwachsene. Manchmal auch von sexualisierter Gewalt. Es sind so viele einzelne Geschichten, dass wir sie nicht alle selbst weiter recherchieren und erzählen können.
Das Gute ist: Wir recherchieren nicht alleine – sondern können Hinweise an unsere lokalen Kolleginnen und Kollegen aus dem Netzwerk von CORRECTIV.Lokal weitergeben. Rund 1.800 Journalistinnen und Journalisten von lokalen Medien sind bei uns inzwischen Mitglied.
Und der Austausch mit ihnen ist meine Aufgabe – ich teile Informationen mit ihnen, die wir von CORRECTIV über Presseanfragen herausgefunden haben. Und Ideen, wie sie vor Ort weiter recherchieren können. Zum Beispiel zu Maßnahmen, wie Fußballvereine Kinder und Jugendliche besser schützen können.
Im Moment frage ich Menschen, die sich über die Umfrage bei uns gemeldet haben, ob wir den Kontakt zwischen ihnen und lokalen Journalistinnen vor Ort herstellen dürfen. Damit vor Ort Missstände im Fußball aufgedeckt werden und Debatten darüber stattfinden können, was sich ändern muss.
Haben auch Sie Gewalt im Jugendfußball erlebt? Dann können Sie uns noch bis zum 18. Mai im CrowdNewsroom von Ihren Erfahrungen erzählen. Wir lesen jeden Beitrag — danke für Ihr Vertrauen!

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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