Wird der Wissenschaftliche Dienst transparent?
Arbeitet der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages für uns alle? Ist die aus Steuergeld finanzierte Arbeit transparent? Oder bleibt der Dienst eine geschlossene Abteilung, nur nutzbar für die Abgeordneten des Bundestages? Darüber entscheidet morgen Deutschlands höchstes Verwaltungsgericht in Leipzig.
Fast genau vier Jahre ist es her, dass „Welt“-Redakteur Manuel Bewarder dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages schrieb. Eine knappe Mail, drei Sätze. Bewarder fragte nach den Arbeiten des Wissenschaftlichen Dienstes, aus denen der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mehrere Textabschnitte für seine Doktorarbeit verwendet haben soll. Dabei berief er sich auf das Informationsfreiheitsgesetz, nach dem Bürger Zugang zu Dokumenten von Behörden haben.
Der Dienst lehnte damals ab, Bewarder legte Einspruch ein und zog irgendwann die Anwälte des Axel-Springer-Konzerns hinzu. Seither kämpft Bewarder für die Veröffentlichung. Morgen, vier Jahre und vier Tage später, geht das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in die dritte und letzte Instanz. Danach ist klar, ob der Wissenschaftliche Dienst zur Transparenz verpflichtet ist – oder ausschließlich den Bundestagsabgeordneten zuarbeitet. Der Termin ist um 10 Uhr in Leipzig. Mündliche Verhandlungen am Bundesverwaltungsgericht sind grundsätzlich öffentlich.
100 Mitarbeiter für neutrale Analysen
Der Wissenschaftliche Dienst hat rund 100 Mitarbeiter. Diese haben Zugriff auf die Parlamentsbibliothek und das Archiv des Bundestages. Abgeordnete und Gremien können Aufträge für Analysen an den Dienst herantragen. Die elf Fachbereiche des Dienstes geben dann meist zehn bis 15-seitige Arbeiten heraus. Diese sollen einen politisch neutralen Überblick geben und stehen auch anderen Abgeordneten zur Verfügung.
Der Bundestag will diese Analysen an nicht an Manuel Bewarder und die „Welt“ herausgeben, weil diese Zuarbeiten des Dienstes angeblich unmittelbar der parlamentarischen Tätigkeit der Abgeordneten zugerechnet werden müssen. Diese unmittelbare parlamentarische Tätigkeit ist von der Informationsfreiheit ausgenommen.
Die „Welt“ geht dagegen davon aus, dass es sich um neutrale Zuarbeiten handelt, die als Verwaltungstätigkeit unter das IFG fallen und die von jedem Bürger eingesehen werden dürfen. Schließlich werden die Arbeiten mit dem Steuergeld aller Bürger bezahlt.
Die Klage der Welt soll auch dabei helfen, insgesamt mehr Transparenz in die Arbeit des Bundestages zu bringen. Das Informationsfreiheitsgesetz, auf das sich Bewarder bezieht, gibt es in Deutschland seit 2006. Noch immer verweigern sich Behörden oft der gesetzlich vorgeschriebenen Transparenz und machen es Bürgern schwer, an die ihnen zustehenden Dokumente und Informationen zu kommen.
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