Gefährliche Keime

Hygieneampel und strenge Kontrollen gefordert

von Daniel Drepper

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Mehr Hygiene-Kontrollen in Krankenhäusern, weniger Antibiotika in der Tierhaltung: CDU-Politiker aus Bundesregierung und Europäischem Parlament fordern gezielte Maßnahmen im Kampf gegen multiresistente Keime. Sie reagieren auf bundesweite Recherche-Ergebnisse von CORRECTIV, der Funke-Mediengruppe, der ZEIT sowie ZEIT-ONLINE zu vermeidbaren Infektionsrisiken und multiresistenten Keimen.

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, will Hygienemängeln in der Berliner Charité und in NRW-Kliniken nachgehen, die im Zuge der Recherchen aufgeflogen waren. Er werde die Klinikleitungen zur Rede stellen, sagte Laumann dem Reporter der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, Klaus Brandt.

Harte Maßnahmen angekündigt
„Ich will wissen, warum das passiert ist,“ sagte Laumann. Dass „einige Krankenhäuser offensichtlich das Infektionsschutzgesetz nicht umsetzen, kann nicht toleriert werden“. Laumann: „Wenn Krankenhäuser die Reinigung outgesourct haben, haben sie damit nicht die Verantwortung abgegeben.“

CORRECTIV-Reporter Benedict Wermter war im September zwölf Tage lang undercover als Pflege-Praktikant in der Berliner Charité unterwegs gewesen und hatte zahlreiche Hygiene-Mängel festgestellt. Benedicts Reportage gibt es hier in voller Länge online und als eBook.

Der Patientenbeauftragte Laumann plädiert im Gespräch mit der Funke-Mediengruppe für „mehr unangemeldete Hygiene-Kontrollen in Kliniken“. Gefordert seien die Aufsichtsbehörden der Länder und Kommunen. Laumann: „Wir haben vor Jahren in Altenheimen unangemeldete Kontrollen eingeführt. Was im Altenheim geht, geht im Krankenhaus ganz sicher.“

Unterstützung aus Brüssel
„Vorbehaltlose Unterstützung“ für unangemeldete Klinik-Kontrollen kommt von Dr. Peter Liese, gesundheitspolitischer Sprecher der EVP, der größten Fraktion im Europaparlament. Im PIP-Skandal um minderwertige Brustimplantate hätten angekündigte Kontrollen „die kriminellen Machenschaften gedeckt“, unter denen Tausende Frauen zu leiden hätten, so Liese. „Die wichtigste Lehre daraus: Dass es unangemeldete Kontrollen geben muss – für medizinische Produkte und für die grundsätzliche Hygiene im Krankenhaus.“

Im Interview mit der Funke-Mediengruppe befürwortet Liese auch eine „Hygieneampel für Krankenhäuser“. Wenn die im Nahrungsmittelbereich gefordert werde, wo „eine Verunreinigung nicht gleich Lebensgefahr bedeutet“, sei sie in Kliniken überfällig. „Dinge, die direkten Einfluss auf Leben oder Tod haben“, gehörten veröffentlicht.

Die Initiative der EU-Kommission für ein Verbot von Reserveantibiotika in der Tierhaltung müsse sofort umgesetzt werden, fordert Liese. Das angestrebte Verbot betrifft Antibiotika, gegen die Keime schon bei der Tiermast resistent werden und die dann als letztes Mittel beim Patienten nicht mehr wirken. „Lieber mal ein Tier notschlachten als ein Menschenleben gefährden“, sagt Liese. Und: Reserveantibiotika sollten nur noch speziell geschulte Ärzte verordnen dürfen.

Mehr Infos
Das gesamte Interview mit Peter Liese, dem gesundheitspolitischen Sprecher der EVP, der größten Fraktion im Europaparlament, gibt es hier auf den Sonderseiten von DerWesten.

Wir können ihre Unterstützung bei der Recherche zu multiresistenten Keimen gebrauchen. Haben Sie selbst Erfahrungen mit multiresistenten Keimen gemacht? Hier können Sie ihre Erlebnisse oder die ihrer Bekannten oder Verwandten in einem von uns entwickelten Fragebogen teilen. Unsere Berichterstattung finden Sie unter mrsa.correctiv.org.