Gefährliche Keime

UN beschließt Kampf gegen Antibiotikaresistenz

Am Mittwoch hat die UN-Generalversammlung in New York erstmals über das Problem der multiresistenten Keime diskutiert. Vertreter von 60 Regierungen nahmen teil, zudem Dutzende Gesandte von Pharmafirmen, Forschungsinstitutionen und Nichtregierungsorganisationen. In den kommenden zwei Jahren sollen konkrete Vorschläge erarbeitet werden.

von Hristio Boytchev

Antibiotika (Collage): UN will neue Forschungsansätze finanzieren

Antibiotika (Collage): UN will neue Forschungsansätze finanzieren© Ivo Mayr

Am Ende hat die Versammlung eine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Darin steht, dass zentrale Errungenschaften des 20. Jahrhunderts durch Antibiotikaresistenzen in Frage gestellt werden könnten. Dass gerade die Schwächsten – Schwangere, Neugeborene, chronisch Kranke – am stärksten leiden würden, sollten sich multiresistente Keime weiter ausbreiten.

Um dem entgegenzuwirken, soll die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, eine stärkere Rolle als bislang spielen. Bereits im vergangenen Jahr hat die WHO einen Plan verabschiedet, wie Antibiotikaresistenzen bekämpft werden sollten. Etwa: mehr Daten über die Verbreitung von Resistenzen zu sammeln; die Hygiene zu verbessern und so Infektionen zu vermeiden; den Verbrauch von Antibiotika bei Tier und Mensch zu senken; die Forschung an neuen Antibiotika auf neue Weise zu finanzieren.

Konkretes erst in zwei Jahren

In dem Papier verpflichten sich die Regierungschefs zudem, auch daheim in ihren Ländern aktiv zu werden: Sie sollen Pläne ausarbeiten, wie Antibiotikaresistenzen bekämpft werden können, und Geld dafür zur Verfügung stellen.

Eine Koordinationsgruppe der UN soll in den kommenden zwei Jahren konkrete Vorschläge ausarbeiten, wie die Zahl resistenter Keime eingedämmt werden kann; diese Vorschläge sollen auf einer UN-Generalversammlung in zwei Jahren diskutiert werden.

Geht die UN weit genug?

Experten sind sich uneins, ob die Beschlüsse weit genug gehen. „Das UN-Papier ist eine verpasste Möglichkeit, darin fehlen die konkreten Schritte“, sagt Peter Sogaard Jorgensen, Nachhaltigkeitsforscher an der Stockholm University. Er fordert, eine Behörde auf UN-Ebene einzurichten, die – ähnlich wie der Weltklimarat – kontinuierlich Antibiotikaresistenzen überwache. Jorgensen hatte sich deutlich mehr erhofft von der UN-Konferenz.

Mark Woolhouse, Epidemiologe von der University of Edinburgh, widerspricht. Er findet, die Resolution sei ein Fortschritt. Allerdings kritisiert auch er das erneute Aufschieben. „Die Diskussion schwieriger Fragen wird um weitere zwei Jahre verschoben“, sagt er. „Ich befürchte, dass die Keime nicht warten werden.“

„Die Deklaration ist insgesamt sehr positiv, doch wir hätten uns eine Ende der Werbung für Antibiotika gewünscht“, sagt Tim Reed, Direktor der NGO „Health Action International“, die ich für eine nachhaltige und gerechte Arzneimittelversorgung einsetzt. 

Es ist erst das vierte Mal in der Geschichte der UN, dass sich die Generalversammlung mit einem Gesundheitsthema befasst – bislang tat sie das bei HIV, Ebola und nichtübertragbaren Krankheiten.

Das Treffen ist damit Höhepunkt der Bemühung, gegen Antibiotikaresistenzen international vorzugehen – samt Gipfeln der G7 und G20. Die dort verabschiedeten Resolutionen sind ähnlich und verweisen auf die zentrale Rolle der WHO bei der Koordination.