Kandidierenden-Check

Kubitschek, Helferich, Kaiser: Neue Rechte vernetzt sich im Bundestag

Auf Einladung des AfD-Politikers Matthias Helferich kamen bekannte Gesichter der Neuen Rechten in Berlin zusammen. Doch statt Hinterzimmer zu nutzen, trafen sie sich offen im Bundestag – rechtsextreme Vernetzung im Herzen der Demokratie.

von Martin Böhmer

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Nach Treffen in Dortmund und Schnellroda lud AfD-Politiker Matthias Helferich (r.) den Neue-Rechte-Vordenker Götz Kubitschek in Räume des Bundestags ein. Collage: Ivo Mayr/CORRECTIV (Vorlage:picture alliance)

Bei Wein und Bier debattieren bekannte Rechtsextremisten, Abgeordnete und AfD-Vordenker am 3. Dezember in kleiner Runde in Berlin. Treffpunkt sind Räumlichkeiten des Bundestages. Fotos der Runde kursieren in Sozialen Netzwerken. Es sei an diesem Nachmittag um Streit, Feindschaft und Machtfragen gegangen, wie der Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich (AfD) in seinen Posts schreibt.

Helferich ist es auch, der Götz Kubitschek für diesen Nachmittag eingeladen hat. Die AfD-Bundestagsabgeordneten Christina Baum und Roger Beckamp sind vor Ort, der Neue-Rechte-Autor Benedikt Kaiser, sowie Erik Lehnert, Herausgeber eines neurechten Magazins und weitere Akteure aus dem sogenannten politischen Vorfeld. Kurz: Es treffen sich prominente Gesichter der Neuen Rechten.

Götz Kubitschek bei AfD: Rechtsextremer Gast im Bundestag

Sie alle sind gekommen, um Kubitschek zu hören. Der Landesverfassungsschutz Sachsen-Anhalt beschreibt ihn als „einer der einflussreichsten Publizisten, Verleger und Netzwerker des rechtsextremistischen Spektrums der Neuen Rechten im deutschsprachigen Raum“. Kubitschek gilt auch als geistiger Vordenker für die AfD, etwa für Björn Höcke und Maximilian Krah und deren rechtsvölkische Thesen.

Der Bundestag teilt auf Anfrage von CORRECTIV mit, dass sich Gäste zwar anmelden und einer polizeilichen Überprüfung unterziehen müssen, aber „Einsichtnahmen in Dateien von Nachrichtendiensten oder Abfragen bei Nachrichtendiensten erfolgen nicht“. Dass Götz Kubitschek in Berichten des Verfassungsschutzes mehrfach in der Kategorie Rechtsextremismus genannt wird, ist demnach kein Grund, um ihm den Zutritt zum Bundestag zu verbieten. Der Bundestag teilt weiter mit, dass „Regelungsänderungen zur Extremismusprävention“ geprüft würden. Dazu gehöre auch, „dass die Räumlichkeiten und Einrichtungen des Deutschen Bundestages für Veranstaltungen mit Dritten nur innerhalb der Grenzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung genutzt werden dürfen“.

AfD-Rechtsaußen-Politiker Helferich will erneut in den Bundestag

„Während die einen bereit sind, faule Kompromisse einzugehen, riskieren andere den Streit und die Auseinandersetzung“, schreibt der AfD-Rechtsaußen-Politiker und Organisator des Treffens, Matthias Helferich später auf X zur Veranstaltung. Er dankt Kubitschek und kündigt an: „Wir machen weiter!“ Ein bemerkenswertes Statement, denn Vielen in der AfD gilt Helferich als zu radikal. Weil Helferich in „schwerwiegender Weise“ gegen das Grundgesetz verstoßen habe, forderte sein Landesverband in NRW seinen Ausschluss. Momentan läuft ein Parteiausschlussverfahren gegen den Abgeordneten. Außerdem blockiert der Landesverband seine erneute Kandidatur für den Bundestag. Aufgeben will Helferich aber offensichtlich nicht. Er sucht derzeit den offenen Streit mit Martin  Vincentz, dem AfD-Fraktionsvorsitzendem in NRW. Das Vernetzungstreffen von Helferich, Kubitschek und weiteren kommentiert der AfD-Landesverband gegenüber CORRECTIV nicht.

Diese Veröffentlichung ist Teil eines Recherche-Projekts von CORRECTIV zu Kandidierenden des Bundestages. Dieser Artikel ist in Kooperation mit den Ruhr Nachrichten entstanden. Für mehr Transparenz blickt CORRECTIV gezielt auf Interessenkonflikte, Unklarheiten in der Biografie, auf Personennetzwerke und politische Positionen der Kandidierenden. Kurz: Auf alles, was Wählerinnen und Wähler interessiert, um ihre Wahlentscheidung zu treffen. Sie haben einen Hinweis? Dann schreiben Sie uns unter sunlight@correctiv.org oder nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten.

Dass Helferich mit Kubitschek einen bekannten Namen des Vorfeldes der Neuen Rechten in den Bundestag holt, ist offenbar Kalkül. Beide kennen sich schon länger, beide propagieren eine stärkere Verzahnung von politischem Vorfeld-Aktivismus mit der AfD. Im Januar besuchte Kubitschek das „freundliche Gesicht des NS“, wie sich Helferich 2017 einmal selbst beschrieben haben soll, in dessen Dortmunder Wahlkreisbüro. Begleitet wurde der Besuch von Antifa-Protest vor Ort, es kam zum Polizeieinsatz. Im Juli nahm Helferich seinerseits an Kubitscheks Sommerfest in Schnellroda teil, zu dem sich regelmäßig ein Freundeskreis der Neuen Rechten trifft. Doch statt in Privaträumen und Hinterzimmern geht die Neue Rechte nun offensiver vor – im Bundestag.

Recherche: Martin Böhmer, Niclas Fiegert
Redaktion: Gesa Steeger, Justus von Daniels
Faktencheck: Gesa Steeger
Grafik: Ivo Mayr
Kommunikation: Luise Lange-Letellier

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