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Warum Datenjournalisten öfter mal den Staat fragen sollten

Bei unserem Auskunftsrechte-Special wird deutlich: Kaum jemand nutzt seine Informationsfreiheitsrechte. Dabei lohnt es sich – vor allem, wenn man weiß, was alles gefragt werden kann. Der Meetup-Rückblick.

von Simon Wörpel

meetup

Wir haben euch auf unserem 4. Meetup gefragt: Wer kennt das Informationsfreiheitsgesetz? Ergebnis: Eigentlich alle, zumindest hat jeder schon einmal davon gehört. Wer hat es schonmal genutzt? Nur vereinzelte Hände bleiben oben. Dieser Eindruck scheint repräsentativ für die Journalisten-Branche. Viel zu wenige Nutzen ihre Auskunftsrechte, egal ob als Journalist oder als Bürger. Wir hoffen, mit unserem Themenabend dazu motiviert zu haben.

Tania Röttger, Auskunftsrechte-Expertin bei correctiv.org und Arne Semsrott, der das Portal fragdenstaat.de betreut, brachten uns die beiden hauptsächlichen Gesetze näher, die Bürger und Journalisten nutzen können. Kurz gesagt: Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gilt für alle Bürger, Journalisten können sich zusätzlich auf die Landespressegesetze (LPG) berufen. Die sind von Bundesland zu Bundesland verschieden, ermöglichen aber vor allem kurzfristigere Presseanfragen. Außer Ministerien, Behörden und Ämtern sind auch bestimmte private Unternehmen auskunftspflichtig. Nämlich diejenigen, die gemeinschaftliche Aufgaben übernehmen oder mehrheitlich in öffentlicher Hand sind.

Durch die Talks wurde klar, was die Hürden erfolgreicher Anfragen sind: Zum einen versuchen natürlich die Ämter und Ministerien gerne, den Weg so kompliziert wie möglich zu gestalten. Missverstandene Fragen oder hohe Kosten sind keine Seltenheit. Hier hilft ein langer Atem.

Wichtig: Wissen, was es alles zu holen gibt

Zum Anderen ist es aber auch für uns Antragssteller wichtig, zu wissen, was alles gefragt werden kann: Nämlich wirklich alles! Dazu ist wichtig zu verstehen, wie eine Behörde in Deutschland funktioniert. Nahezu alles wird irgendwie schriftlich festgehalten. Gesprächsprotokolle, Ausarbeitungen der einzelnen Fachreferate, Handlungs-Vorschläge zu allen möglichen Themen, haufenweise eMails sowieso.

Ein Beispiel dafür: Gesprächsvorbereitungen. Trifft sich etwa ein Minister mit Lobbyvertretern, arbeitet irgendein Fachreferat mindestens Stichpunkte für dieses Gespräch aus. Wenn man das einmal weiß, kann man durch IFG-Anfragen an interessante Informationen kommen. Wir haben dann mit Arne gleich mal „live“ eine Anfrage über fragdenstaat.de gestellt. Wir wollen wissen, um was es bei einem Treffen zwischen Gabriel und Edeka-Vertretern ging. Ihr könnt sogar über das Portal der Anfrage folgen, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben.

Neue Geschichten ausgraben

Hier wird klar, warum das gerade für Journalisten so interessant ist: Aus der Antwort lässt sich garantiert sofort eine neue Geschichte aufschreiben! Und für Datenjournalisten noch der Tipp: Selbst das kleinste Fachreferat irgendeiner Behörde hat irgendwo auf seinen Computern einen Ordner, der garantiert voll mit Excel-Tabellen ist. Und manchmal freut sich sogar der ein oder andere Beamte, wenn sich jemand für seine Daten interessiert.

Auch in den USA gibt es den „Freedom of Information Act“. Unsere Open-News-Fellow Sandhya Kambhampati erklärte uns die Unterschiede zum deutschen Gesetz. So gibt es in den USA viel weniger Ausnahmen, und gerade im Bildungsbereich gibt es viel mehr Daten, wie zum Beispiel die Geld-Spenden an die Sportprogramme der Colleges. Sandhya zeigte uns auch, dass Anfragen nicht immer nur ernste, komplizierte Sachverhalte oder Datensätze sein müssen: Auch eine Geschichte über Bären kann durch eine Informationsfreiheitsanfrage entstehen.

Also, an alle Bürger und Journalisten: Nutzt eure Auskunftsrechte. Wir helfen euch dabei.