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Möglicher Einfluss des FSB auf AfD-Abgeordnete: Fragwürdiger Lobbyist war 2021 im Bundestag

Zwei ehemalige AfD-Abgeordnete pflegten Kontakt zu einem Mann, dessen Stiftung nach Recherchen eines ukrainischen Youtube-Kanals vom russischen Geheimdienst FSB durchsetzt sein soll. Der Mann war 2021 auch Gast im Bundestag.

von Marcus Bensmann , Till Eckert

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Links zu sehen ist der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Robby Schlund mit Amram Petrosian im Jahr 2019, rechts der ebenfalls ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Waldemar Herdt mit Petrosian im Jahr 2021 – im Bundestag. (Screenshots: „diplomacy.center“ / „fcad.am / Collage: CORRECTIV)

Die Nähe der AfD-Bundestagsfraktion zu Russland findet Interesse in ukrainischen Medien: Ein Film auf dem Nachrichten-Youtube-Kanal „Telebachennya Toronto”, der rund 100.000 mal angeklickt wurde, beschäftigt sich mit dem möglichen Einfluss des russischen Geheimdienst FSB auf zwei ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD.

Die Autoren des Youtube-Filmes erheben dabei schwere Vorwürfe gegen die ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Robby Schlund und Waldemar Herdt, die bis zur Wahl 2021 im Bundestag saßen. Sie hätten in ihrer Zeit als Parlamentarier Kontakt mit dem Kreml-Lobbyisten Amram Petrosian gehabt. Dessen „Stiftung zur Entwicklung moderner Diplomatie“ soll vom russischen Geheimdienst FSB durchdrungen sein. Der Youtube-Film zeigt Petrosian als prorussischen Aktivisten in der Ukraine. Nach seiner Übersiedlung nach Moskau begann er, die besagte Stiftung zu leiten, in der auch zwei FSB-Agenten tätig sein sollen. 

Im Youtube-Film werden die beiden mutmaßlichen FSB-Agenten bei gemeinsamen Terminen mit Petrosian gezeigt. Der Moderator des Films kommentiert das sarkastisch mit: „Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder arbeitet Petrosian für den FSB. Oder der FSB arbeitet für Petrosian.“ 

Herdt bestätigt Gastbesuch von Petrosian im Bundestag im Jahr 2021

Der Film zeigt Fotos der beiden ehemaligen Bundestagsabgeordneten der AfD mit Petrosian. Sie wurden auf Webseiten veröffentlicht, mit denen Petrosian für seine Sache wirbt. Schlund soll sich demnach in Moskau mit Petrosian getroffen haben. Auf Anfrage von CORRECTIV hat der ehemalige AfD-Abgeordnete bisher nicht reagiert. 

Herdt bestätigt, Petrosian einmal getroffen zu haben: Dieser habe sich selbst eingeladen, Herdt habe ihn 2021 dann im Bundestag empfangen. Auf der Webseite der Stiftung von Petrosian ist nachzulesen, dass Petrosian bei dem Termin von Herdt in einen „Expertenrat“ aufgenommen worden sei – auf einem Foto sind die beiden Männer zu sehen, wie sie sich über Papiere beugen.

Von der im Youtube-Film behaupteten Nähe zum FSB habe Herdt nicht gewusst. So etwas stünde nicht auf der Stirn eines Menschen, sagte Herdt gegenüber CORRECTIV. Dass er gegen die Sanktionen gegen Russland sei, sei kein Geheimnis. Und auch der von ihm initiierte Expertenrat sei laut Herdt nie zustande gekommen.

Petrosian selbst hat auf eine Anfrage von CORRECTIV über dessen Facebook-Seite nicht reagiert.

AfD näherte sich Russland in den letzten Jahren immer mehr an

Wie auch immer die Verbindung zwischen dem Kreml-Lobbyisten Petrosian sich zu den AfD-Bundestagsabgeordneten ausgewirkt habe: Herdt und Schlund setzen sich in ihrer Zeit im Bundestag für eine prorussische Positionen ein und waren dafür, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben. Schlund begleitete zudem Alice Weidel im März 2021 nach Moskau.

Die AfD hat sich, wie eine CORRECTIV-Recherche im September zeigte, in zehn Jahren von der Westbindung gelöst und sich Russland angenähert.