Der Kampf um Betriebsräte
In den letzten Jahren gab es immer wieder Berichte von Unternehmen, die die Arbeit von Betriebsräten behindert oder unmöglich gemacht haben. Wir wollen in einer großen Umfrage untersuchen, ob hinter den Einzelfällen eine Struktur steckt.
Die Einzelfälle sind bekannt: Wahlen zu Betriebsräten werden mit juristischen Winkelzügen verhindert und engagierte Beschäftigte sehen sich Mobbing und Schikanen ausgesetzt. Anwälte werden eingeschaltet, um betriebliche Aufklärung zu unterbinden oder den Kampf um Arbeitsplätze zu unterlaufen.
Wir wollen deswegen zusammen mit der Initiative „aktion./. arbeitsunrecht e.V.“ untersuchen, ob hinter diesen Einzelfällen eine systematische Bekämpfung von Betriebsräten in Deutschland steht und ob es ein Netzwerk von Akteuren gibt. Mit einer breit angelegten Umfrage unter Betriebsratsmitgliedern, Gewerkschaftern und Arbeitsrechtlern wollen wir gemeinsam nachsehen, wie verbreitet dieses Phänomen ist und ob es Unternehmen und Dienstleister gibt, die besonders aktiv die kollektiven Rechte von Beschäftigten verletzen.
Das Thema schlägt immer wieder Wellen. Am Montag, dem 20. Juli 2015, zeigt die ARD beispielsweise einen Dokumentarfilm zum Thema mit dem Titel „Mobbing, Sabotage, Kündigung – Betriebsräte im Visier der Arbeitgeber“. An drei eklatanten Beispielen von Betriebsratsverhinderung beschreibt der Film, wie Unternehmen mit Hilfe von Anwälten und Zermürbungstaktiken gegen Betriebsräte vorgehen.
„Der Film zeigt nur die Spitze des Eisbergs: Wir wollen untersuchen, ob die Verletzung von Menschrechten der Beschäftigten flächendeckend stattfindet und ob sich mit spezialisierten Anwälten, PR- und Sicherheitsfirmen eine ganze Industrie gebildet hat, die dieses Phänomen in einer bisher unentdeckten Breite betreibt“, sagt Peter Dinkloh von „aktion ./. arbeitsunrecht“.
Die Grundlagen der Untersuchung haben die Sozialforscher und Publizisten Elmar Wigand und Werner Rügemer mit einer Studie zur systematischen Betriebsratsbekämpfung und mit ihrem Buch „Die Fertigmacher“ gelegt. Sie haben auch den Film fachlich beraten und sind Gründungsmitglieder von „aktion./. arbeitsunrecht“.
„Durch unsere Untersuchung gemeinsam mit CORRECTIV wollen wir die bisherigen Erkenntnisse auf eine breitere Basis stellen und dadurch Einfluss auf den Gesetzgeber ausüben. Dieser unternimmt bisher praktisch nichts, um Betriebsräte vor gezielten Rechtsbrüchen zu schützen“, sagt Elmar Wigand.
Wird Betriebsratsarbeit systematisch bekämpft?
- Haben Sie Fälle von Behinderung der Betriebsratsarbeit erlebt?
- Haben Sie Bekannte oder Kollegen, denen so etwas passiert ist?
Betriebsräte und Betriebsratsmitglieder können die Umfrage hier ausfüllen: Hier geht es zum Fragebogen
Unsere Umfrage konzentriert sich in erster Linie auf Strafanzeigen, Kündigungen und Gerichtsverfahren. Diese können sowohl von Unternehmen gezielt gegen Betriebsräte oder einzelne Betriebsratsmitglieder in Gang gesetzt worden sein, als auch von Betriebsräten und Gewerkschaften wegen Behinderung von Betriebsratsarbeit eingeleitet worden sein. Mit der Erhebung von Aktenzeichen und dem dahinter liegenden Material soll erstmals eine solide Datenbasis geschaffen werden, um Ausmaß und Brisanz der Problematik zu bestimmen.
Wir sichern allen Teilnehmer der Umfrage den Schutz ihrer Identität zu. Wir gehen mit den Daten sensibel um. Und das gute ist: wir haben Erfahrung mit entsprechenden Datensammlungen, deswegen wissen wir, wovon wir reden, wenn wir entsprechende Garantien geben.
„aktion./. arbeitsunrecht“ ist eine Bürgerrechtsinitiative, die sich für die Rechte von Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen auf der Basis der allgemeinen Menschenrechte einsetzt.
Die Arbeit wird von der Rudolf-Augstein-Stiftung im Rahmen des Rudolf-Augstein-Fellowship für Datenjournalismus bei CORRECTIV gefördert.
Programmhinweis:
Der Dokumentarfilm „Mobbing, Sabotage, Kündigung – Betriebsräte im Visier der Arbeitgeber“ läuft am 20. Juli um 22:50 Uhr in der ARD auf dem Sendeplatz „Die Story im Ersten“