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Mythos Rundfunkbeitrag – die ewige Diskussion um die Öffentlich-Rechtlichen

von Lennart Kutzner

© TV Chair von Mike Seyfang unter Lizenz CC BY 2.0

Der Rundfunkbeitrag ist ein hitzig diskutiertes Thema. Ob GEZ-Gegner, Verschwörungstheoretiker, Privatsender oder Zeitungsverlage – die Spanne der Kritiker ist groß, entsprechend präsent ist das Thema auch im Wahlkampf. Gerade macht ein Richter des Landgerichts Tübingen Schlagzeilen, weil er einen Fragenkatalog zum Rundfunkbeitrag an den Europäischen Gerichtshof weitergeleitet hat. Wir haben uns die gängigsten Kritikpunkte zu dem Thema, die derzeit im Netz kursieren, näher angeschaut.

 

Kritikpunkt 1: Obwohl öffentlich finanziert, dürfen die Bürger beim Programm nicht mitentscheiden. Das ist undemokratisch.

  • Um die Meinungen der Bürger einzubeziehen, haben alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einen sogenannten Rundfunkrat oder auch Fernsehrat genannt. Diese Gremien bestehen neben Vertretern der gewählten Parteien auch aus Abgesandten von Verbänden. Im „ZDF“-Fernsehrat sind beispielsweise Vertreter von Umweltverbänden sowie von freien Wohlfahrtsverbänden, Sportfunktionäre und Repräsentanten von Minderheiten vertreten. Die Räte entscheiden unter anderem über den Erwerb teils teurer Sportlizenzen oder ob beispielsweise Günther Jauch eine Sendung in der ARD bekommen sollte.
     

Kritikpunkt 2: Jeder Zehnte zahlt keinen Rundfunkbeitrag. Daher laufen aktuell über vier Millionen Mahnverfahren.

  • Zuständig für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist der Beitragsservice von „ARD“, „ZDF“ und „Deutschlandradio“. Gegen die Zahlung wird immer wieder geklagt. Vor allem besagter Richter des Landgerichts Tübingen kassiert in seinen Urteilen immer wieder Vollstreckungsersuche des „SWR“ – die der Bundesgerichtshof alle nicht bestätigt hat. Dr. Hermann Eicher, Justiziar des „SWR“: „Der BGH ist mit seiner aktuellen Entscheidung dem vorinstanzlichen Beschluss des Landgerichts Tübingen klar entgegengetreten. Wir begrüßen die Feststellung des BGH, dass die Vollstreckung der Rundfunkanstalt in sämtlichen vom Landgericht Tübingen kritisierten Punkten rechtmäßig erfolgt ist.“
     

Kritikpunkt 3: Das Jahresbudget der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist zu hoch oder zu niedrig.

  • Je nachdem ob man Gegner oder Befürworter fragt, bekommt man eine andere Antwort zum Budget der Sender und zur Höhe des Rundfunkbeitrages. Um den Etat und die Sparsamkeit der öffentlich-rechtlichen Sender zu prüfen, haben die Ministerpräsidenten der Länder bereits 1975 die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) eingerichtet. Alle zwei Jahre legen die unabhängigen Sachverständigen, die aus den unterschiedlichsten Fachbereichen wie etwa einem Landesrechnungshof oder Universitäten kommen, einen Bericht vor. Im aktuellsten Bericht aus dem April 2016 empfiehlt die Kommission eine Absenkung des Rundfunkbeitrags um 30 Cent auf 17,20 Euro. Unter anderem, weil die Experten für die kommenden Jahre bis 2020 einen Überschuss in Höhe von 542,2 Millionen Euro errechnet haben.
     

Kritikpunkt 4: Deutschland hat den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt.

  • Die unterschiedlichen Modelle der Länder lassen sich nicht gut vergleichen, da beispielsweise das Finanzierungsmodell des National Public Radio, dem Zusammenschluss der öffentlichen Radiostationen in den USA, hauptsächlich durch Spenden finanziert wird. Nimmt man ein ähnliches System wie das deutsche, etwa das der britischen „BBC“, bleibt die Frage, misst man pro Kopf oder das Gesamtbudget? Die „licence fee“, die in etwa dem Rundfunkbeitrag entspricht, liegt bei 147 Pfund im Jahr, was etwa 160 Euro entspricht und der „BBC“ insgesamt etwa 4,1 Milliarden Euro Einnahmen durch ihren Rundfunkbeitrag beschert. Demgegenüber steht der Rundfunkbeitrag mit 210 Euro jährlich. „ARD“, „ZDF“ und „Deutschlandradio“ haben damit Beitragseinnahmen von jährlich etwa 8 Milliarden Euro, konkret waren es 2016 rund 7.978 Milliarden Euro. Zum Gesamtbudget beider Sender kommen noch Werbeeinnahmen und andere Einnahmen aus Lizenzgebühren. Ein Vergleich ist allerdings schwierig, denn die „BBC“ verkauft ihre englischsprachigen Produktionen auf einem weltweiten Markt – etwa die bekannte Autosendung „TopGear“ oder die Neuauflage des Romandetektivs Sherlock Holmes.

Weiterführende Quellen zu dem Thema: