Faktencheck

Kindern in einer Kita in Erfurt wird nicht verboten, sich 2020 an Fasching zu verkleiden

Verschiedene Medien berichten, dass Kindern einer Kita in Erfurt angeblich verboten werde, sich an Karneval zu verkleiden oder der Fasching „abgeschafft“ worden sei. Das stimmt so nicht: Die Kita veranstaltete eine eigene Faschingsveranstaltung und bat Eltern lediglich darum, dass die Kinder an anderen Tagen unverkleidet kommen.

von Bianca Hoffmann

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Die Kinder einer Kita in Erfurt dürfen sich ganzjährig verkleiden. Die offizielle Party zu Fasching fand allerdings schon im Januar statt. (Symbolfoto: Michael Gaida/Pixabay)
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Teilweise falsch
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Teilweise falsch. Die Bitte, dass Kinder an den Karnevalstagen nicht verkleidet erscheinen, war laut der Kita nicht als Verbot gemeint – es gab zudem eine Faschingsfeier an einem separaten Termin.

Die Kinder einer Kindertagesstätte (Kita) in Erfurt sollen am Rosenmontag und Faschingsdienstag nicht verkleidet erscheinen. Diese Nachricht an die Eltern sorgt zurzeit für bundesweites Aufsehen. Zuerst berichtete Thüringen24 am 20. Januar. Das Nachrichtenportal schrieb: „Erfurt: Kita verbietet Kostüme zum Karneval – aus DIESEM Grund“.

Es folgten Berichte in diversen anderen Medien. Die Überschriften reichten von „Erfurter Kita verbietet Faschingsverkleidung“ (PI-News) bis hin zu „Kita schafft Fasching ab“ (Merkur). Überall ist von einem angeblichen Verbot von Kostümen die Rede. Während in dem Artikel vom Merkur schnell aufgeklärt wird, dass die Kita den Fasching nicht abschafft, sondern nur vorverlegt hat, fehlt diese Einordnung bei PI-News

Dort wird außerdem behauptet, dass „jegliche Verkleidung” der betreuten Kinder am Fasching 2020 aus „kultursensiblen Gründen“ verboten worden sei. Zudem würde die Einrichtung auch von Kindern besucht, die das Faschingsfest nicht kennen und die sich erschrecken könnten, „wenn plötzlich und unerwartet ein ‘Cowboy’ oder ein ‘Indianer’ vor ihnen steht”. Diese Behauptungen sind teilweise falsch.  

Faschingsparty in der Kita schon Mitte Januar

Ursprung der ganzen Aufregung war die Einladung zu einer „Winter-Wonderland“-Faschingsparty des Studierendenwerkes Thüringen, von dem die Kita betrieben wird. Die Kinder sollten am 17. Januar verkleidet zum Unisportverein Erfurt (USV) kommen, um dort Spaß zu haben. 

In einem „Hinweis in eigener Sache“ geht es im weiteren Verlauf der Einladung um ein Projekt der Kita zum Thema „Inklusion und kultursensible Pädagogik“. In diesem Zusammenhang sei auch über Faschingskostüme gesprochen worden. Viele Kostüme waren laut Medienberichten in den vergangenen Jahren mehrfach in die Kritik geraten, weil sie häufig Stereotype bedienten und verletzend sein könnten. 

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Das ist die Einladung der Kita an die Eltern und Kinder. (Screenshot: CORRECTIV)

Behauptungen von PI-News sind falsch

„Dem Team der Einrichtung ist ein kultursensibler Umgang miteinander ein großes Anliegen. Deswegen haben wir den Beschluss getroffen, dass im Campus-Kinderland ausschließlich am 17.01.2020 Fasching gefeiert wird“, heißt es weiter in der Einladung. Und dann folgt der Satz, der als Verbot verstanden werden könnte: „Bitte verkleiden Sie Ihr Kind am Rosenmontag und Faschingsdienstag nicht, sondern nutzen Sie die Feierlichkeiten im USV. Mitgebrachte Faschingskostüme bleiben an beiden Tagen im Fach des Kindes.“ 

Die Behauptung von PI-News, dass verkleideten Kindern das Kostüm abgenommen und im Fach verstaut werde, will die Pressesprecherin des Studierendenwerkes Thüringen, Rebecca Heuschkel, so nicht stehen lassen. Sie schreibt in einer E-Mail, dass dieser Satz falsch sei. „Da das pädagogische Team in gutem Kontakt zu den Eltern unserer Einrichtung steht, gehen wir nicht davon aus, dass an diesem Tag mehr verkleidete Kinder als an jedem anderen Kita-Tag in die Einrichtung kommen werden.“ Heuschkel betont außerdem: „Das war nicht als Verbot gemeint.”

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E-Mail von Rebecca Heuschkel, Pressesprecherin des Studierendenwerkes Thüringen. (Screenshot: CORRECTIV)

Die Kita Campus Kinderland werde von 80 Kindern verschiedener Altersgruppen besucht, schreibt die Pressesprecherin. „Die Kinder haben das ganze Jahr über die Möglichkeit, sich zu verkleiden. Ihnen werden dafür auch Verkleidungsutensilien zur Verfügung gestellt, die im Voraus von dem pädagogischen Fachpersonal bewusst ausgewählt werden.“ 

Entsetzen über die Medienberichte 

Weiter behauptet PI-News, dass die Einrichtung von Kindern besucht werde, die das Faschingsfest nicht kennen und sich erschrecken könnten, „wenn plötzlich und unerwartet ein ‘Cowboy’ oder ein ‘Indianer’ vor ihnen steht”. 

Darauf antwortet Heuschkel, es würden keine Erhebungen durchgeführt, welche Feste die Kinder bereits kennen oder nicht. „Eine Kostümierung kann Angst und Überforderung bei den Kindern auslösen. Vor allem für Kleinkinder ist es befremdlich, wenn sie ihr Gegenüber nicht mehr erkennen können. Dieses Verhalten der Kinder kann nicht aufgrund spezifischer Kostüme festgemacht werden.“

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E-Mail von Rebecca Heuschkel, Pressesprecherin des Studierendenwerkes Thüringen. (Screenshot: CORRECTIV)

Rebecca Heuschkel schreibt außerdem: „Das pädagogische Team und die Elternschaft sind entsetzt über die Skandalisierung in den Medien einer zwischen Eltern, Kita-Leitung und pädagogischem Team getroffenen Entscheidung, wann und in welcher Form Fasching in der Einrichtung gefeiert wird.“