Faktencheck

Nein, der japanische Immunologe Tasuku Honjo sagte nicht, das Coronavirus sei „nicht natürlich“

Auf Whatsapp macht ein Kettenbrief die Runde: Darin wird behauptet, der japanische Immunologe und Nobelpreisträger Tasuku Honjo habe bestätigt, dass das Coronavirus „nicht natürlich“ entstanden sei. Honjo hat den Behauptungen jedoch öffentlich widersprochen.

von Steffen Kutzner

Header Honjo
Tasuku Honjo im November 2013. (Quelle: Von 大臣官房人事課 - 平成25年度 文化勲章受章者:文部科学省, CC-BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48110005. Screenshot und Collage: CORRECTIV)
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Falsch. Tasuku Honjo hat den Behauptungen öffentlich widersprochen.

„Der japanische Professor für Physiologie oder Medizin, Professor Dr. Tasuku Honjo, sorgte heute in den Medien für Aufsehen, als er sagte, das Coronavirus sei nicht natürlich.“ So beginnt ein Kettenbrief, der aktuell häufig auf Whatsapp geteilt wird und auf den uns Leser hingewiesen haben. In dem Text heißt es weiter, Honjo habe gesagt, dass ein natürlich entstandenes Virus nicht die ganze Welt gleichermaßen getroffen hätte, weil es sich nur in Ländern „mit der gleichen Temperatur wie China“ ausgebreitet hätte. Außerdem arbeite er seit vier Jahren „im Wuhan-Labor in China“.

Screenshot des auf Whatsapp geteilten Kettenbriefs. (Screenshot: CORRECTIV)

Tasuku Honjo ist zwar wirklich Immunologe an der Universität Kyoto (Japan) und hat 2018 auch wirklich den Nobelpreis für Medizin erhalten. Er hat aber laut seines Lebenslaufs (bei der Wissenschaftsakademie Leopoldina und auf seiner Webseite bei der Universität Kyoto) nie „im Wuhan-Labor in China“ gearbeitet. 

Honjo hat den Behauptungen öffentlich widersprochen

Wir fanden bei unserer Recherche mit verschiedenen Suchanfragen (hier, hier und hier) keine Hinweise darauf, dass er eine der ihm im Kettenbrief zugeschriebenen Äußerungen tatsächlich in einem Interview oder bei anderer Gelegenheit getroffen hätte. Zudem hat Honjo den Behauptungen öffentlich widersprochen.

Die Universität Kyoto hat am 27. April eine Stellungnahme Honjos veröffentlicht. Dort heißt es: „Ich bin sehr betrübt darüber, dass mein Name und der Ruf der Universität Kyoto benutzt wurden, um falsche Behauptungen und Falschmeldungen zu verbreiten.“ Außerdem schreibt er, zu diesem Zeitpunkt wären alle Energien nötig, um die Kranken zu versorgen und die Ausbreitung des Virus zu verhindern – die Verbreitung von „unbelegten Behauptungen über den Ursprung der Krankheit“ sei deshalb „gefährlich“.

Wie uns der Direktor für globale Kommunikation der Universität Kyoto mitteilte, bezieht sich Honjo in seinem Statement direkt auf die Behauptungen aus dem Kettenbrief.

Auszug der E-Mail, die uns der Kommunikationsdirektor der Universität Kyoto geschickt hat. (Screenshot: CORRECTIV)

Auch andere natürliche Viren treten über das ganze Jahr und auf der ganzen Welt auf

Es ist außerdem falsch, dass sich ein natürliches Virus nur in der Klimazone ausbreiten würde, in der es entstanden ist. Das zeigt sich allein durch Grippeviren, die sich jedes Jahr – das ganze Jahr – im Umlauf befinden. Laut WHO tritt die saisonale Influenza weltweit zwar gewöhnlich in den jeweils kalten Monaten auf, in tropischen und subtropischen Ländern könne sie jedoch das ganze Jahr über vorkommen. Auch andere Viruserkrankungen wie die Durchfall erregenden Noroviren kommen laut dem Robert Koch-Institut weltweit und das ganze Jahr über vor. 

Zahlreiche Wissenschaftler haben zudem bereits betont, das Virus sei ihrer Einschätzung nach in der Natur entstanden. Autoren einer im März veröffentlichten Studie im wissenschaftlichen Journal Nature kamen nach einer genetischen Analyse des neuartigen Coronavirus zu dem Schluss: „SARS-CoV-2 ist kein Labor-Konstrukt oder absichtlich manipuliertes Virus.“ 

Der Kettenbrief wurde in verschiedenen Versionen verbreitet

Der Kettenbrief wurde in verschiedenen Versionen und auch in englischer Sprache verbreitet und bereits von internationalen und deutschsprachigen Faktencheckern geprüft.  

Fazit: Die Behauptungen sind falsch. Tasuku Honjo hat nie gesagt, das Virus sei von Menschen gemacht. Er hat in einer öffentlichen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass in seinem Namen Falschinformationen verbreitet wurden.