Faktencheck

Keine Belege, dass in Tansania eine Papaya und eine Ziege positiv auf das Coronavirus getestet wurden

John Magufuli, der Präsident Tansanias, hat in einer auf Youtube kursierenden Rede behauptet, dass in seinem Land unter anderem eine Papaya, ein Huhn und eine Ziege positiv auf das Coronavirus getestet worden wären. Es gibt viele Gründe für Zweifel an dieser Aussage.

von Steffen Kutzner

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Symbolbild: Ziege. (Quelle: NickyPe/Pixabay)
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Unbelegt. Es ist unklar, welche Tests verwendet wurden.

Tansanias Präsident John Magufuli hat behauptet, in seinem Land seien unter anderem Proben einer Papaya, einer Ziege und eines Frankolinhuhns mit erfundenen Namen versehen und im Labor positiv auf das Coronavirus getestet worden. 

Getestet worden seien Magufulis Behauptungen zufolge auch Proben von Motoröl und einem Schaf, die negativ gewesen seien, sowie einer Zibetfrucht und eines Kaninchens. Diese seien ohne eindeutigen Befund gewesen, sagt er in einer Rede, die am 7. Mai auf Youtube hochgeladen und seither 60.000 Mal aufgerufen worden war. Auch die Nachrichtenagentur Reuters griff die Behauptung Magufulis auf. 

In einem Facebook-Post, in dem die Rede aufgegriffen wurde, wird behauptet, Christian Drosten hätte den Test entwickelt. „Es war schon immer eine große Diskussion, wie genau der PCR-Test bezüglich Covid-19 ist“, schreibt der Nutzer. Es gebe Befürchtungen, der Test sei „nicht effektiv“. Da jedoch nicht klar ist, welcher Test in Tansania eingesetzt wurde, ist die Behauptung, es sei dieselbe Art von Tests wie in Deutschland, nur Spekulation. 

In einem Faktencheck hat CORRECTIV drei deutsche Universitätskliniken zu dem dort eingesetzten PCR-Test befragt. Alle teilten mit, dass der Test sehr genau sei. „Falsch positive“ Ergebnisse, also der Nachweis des Coronavirus wenn es eigentlich gar nicht vorhanden ist, seien „nahezu ausgeschlossen“, so die Experten. 

Magufulis Aussagen fehlt zudem entscheidender Kontext: Die gängigen PCR-Tests auf den Coronavirus SARS-CoV-2 wurden für die Anwendung bei Menschen konzipiert. 

PCR-Tests liefern bei Papayas keine zuverlässigen Ergebnisse

Karsten Becker, Direktor des Instituts für medizinische Mikrobiologie der Universitätsmedizin Greifswald, schreibt auf eine Anfrage von CORRECTIV: „PCR-basierte Tests können die Nukleinsäure des Virus vom Testprinzip her in den verschiedensten Materialien nachweisen“. Allerdings könne das Untersuchungsmaterial die Testreaktion negativ beeinflussen und insbesondere zu falsch-negativen Befunden führen. Denn die Reaktion in den Tests müsse „immer für das zu untersuchende Material evaluiert werden, bevor man valide Testergebnisse bekommen kann“, so Becker. 

Auszug der E-Mail von Karsten Becker, Direktor des Instituts für medizinische Mikrobiologie der Universitätsmedizin Greifswald. (Screenshot: CORRECTIV)

Das bedeutet: Wird ein Test, der eigentlich für die Verwendung beim Menschen entwickelt und evaluiert wurde, für Ziegen, Papayas und Motoröl verwendet, ist das Testergebnis – ob positiv oder negativ – in jedem Fall zweifelhaft.

Infektion von Pflanzen „in höchstem Maße unwahrscheinlich“ 

Abgesehen davon, dass die PCR-Tests nicht für Papayas ausgelegt sind, ist Magufulis Schlussfolgerung, die Papaya sei offenbar vom Coronavirus befallen, fragwürdig. 

Uwe Truyen, Professor für Tierhygiene und Tierseuchenbekämpfung an der Universität Leipzig schrieb uns: „Dass ein Virus Säugetiere und Pflanzen befällt und sich in beiden Wirten vermehren kann, ist nie beschrieben worden und in meinen Augen auch völlig unmöglich.“

Auszug aus der E-Mail von Uwe Truyen. (Screenshot: CORRECTIV)

Und auch Christina Wege, Leiterin der Forschungseinheit Molekulare und Synthetische Pflanzenvirologie der Universität Stuttgart, erklärt dazu: „Meines Wissens gibt es keinen einzigen Fall, in dem ein Säugetiervirus in einer Pflanze aktiv ist bzw. eine Pflanze aktiv befällt und sich darin vermehrt/ausbreitet.“ 

Auszug der E-Mail von Christina Wege, Leiterin der Forschungseinheit Molekulare und Synthetische Pflanzenvirologie der Universität Stuttgart. (Screenshot: CORRECTIV)

Hühner nicht infizierbar, Ziegen noch ungeprüft

Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, hat zum Coronavirus und Tieren bereits erste Erkenntnisse durch Infektionsstudien in Schweinen, Hühnern, Flughunden und Frettchen gewonnen. Schon am 2. April veröffentlichte das Institut eine Pressemitteilung, in der es heißt, Flughunde und Frettchen seien empfänglich für eine Infektion, Schweine und Hühner dagegen nicht. 

Eine Pressesprecherin des FLI erklärt gegenüber CORRECTIV, der Grund dafür sei, dass die für eine Infektion notwendigen Zellrezeptoren bei Vögeln nicht gut passen würden. Damit ist die Aussage von John Magufuli, es sei auch ein Frankolinhuhn positiv getestet worden, ebenfalls zweifelhaft. 

Auszug aus der E-Mail des FLI. (Screenshot: CORRECTIV)

Warum der Kontext von Proben wichtig ist

Ein Kontext, den John Magufuli in seiner Rede weglässt, ist, dass ein positiver Test nicht zwingend bedeutet, dass eine Infektion da vorliegt, wo die Probe entnommen wurde. Das Virus kann laut Studien auch auf Karton, Edelstahl oder Kunststoff nachgewiesen werden, das bedeuten aber nicht, dass diese Stoffe „infiziert“ wären. Sondern nur, dass das Virus auf der Oberfläche vorhanden ist, weil zum Beispiel jemand vorher darauf gehustet hat. Dasselbe gilt für Papayas, deren Isolation Magufuli ironisch vorschlägt. (ab 1:56 im Video) 

Auch das FLI weist darauf hin, dass ein alleiniger Nachweis des Virus im Fell oder auf den Schleimhäuten einer Ziege nicht gleichbedeutend sei mit einer Infektion. Eine Übertragung sei zum Beispiel auch durch Anniesen möglich. „Eine solche Übertragung bedeutet nicht, dass eine Infektion in dem Tier angeht und es zu einer relevanten Virusvermehrung kommen muss.“

Auszug aus der E-Mail des FLI. (Screenshot: CORRECTIV)

Falsche Handhabung als Fehlerquelle

Magufuli unterstellt in seiner Rede, dass entweder die Mitarbeiter des Labors bestochen wurden, oder dass die importierten Testkits manipuliert sein müssen. Er forderte die WHO auf, etwas dagegen dieses „schmutzige Spiel“ zu unternehmen. (ab 2:35 im Video

Zur Fehlerquelle von falschen Testergebnissen haben wir im April für einen Faktencheck deutsche Universitätskliniken um Einschätzung gebeten. Corinne Klett vom Zentralinstitut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin am Klinikum Stuttgart schrieb dazu: „Als Fehlerquelle kommt vor allem die Präanalytik in Frage, also bspw. ungenügende Abstrichtechnik, Probenverwechslung oder auch zu lange Lagerung bzw. Transportzeiten.“

Welche Tests in Tansania verwendet wurden, ist unklar

Laut ZDF wurden die Tests vom Africa CDC und der Stiftung des Alibaba-Gründers Jack Ma bereit gestellt. CORRECTIV hat die Africa Centres for Disease Control and Prevention ebenfalls angeschrieben, um herauszufinden, welche Art von Coronatests benutzt worden sein sollen und von welchem Hersteller sie stammten. Wir haben jedoch keine Antwort erhalten. Auch das Medical Stores Department antwortete uns nicht auf diese Fragen. Das Medical Stores Department ist die tansanische Behörde, die im Land für die Verteilung von medizinischem Equipment an Krankenhäuser zuständig ist.

Jedoch wären die Angaben der Behörden Tansanias auch mit Vorsicht zu genießen. Präsident Magufuli leugnet laut Medienberichten die Gefährlichkeit des Virus und hat für die Bekämpfung von Covid-19 Gebete, eine Kräutermischung und das Inhalieren von Wasserdampf empfohlen. Die Faktenchecker von Africa Check haben das bereits als nutzlos entlarvt.

Am 25. Mai hatte Tansania laut WHO 509 bestätigte Corona-Fälle und 21 Tote. Seit 17 Tagen wurden keine neuen Fälle mehr gemeldet. Tansania ist eines der wenigen Länder Afrikas, die nicht täglich neue Zahlen an die WHO melden. Die US-Botschaft in Tansanias größter Stadt Daressalam bewertete das Risiko, sich dort mit Covid-19 zu infizieren am 13. Mai als „extrem hoch“; Krankenhäuser seien „seit Wochen überfüllt“.

Fazit

Die Aussagen John Magufulis lassen sich nicht belegen, zumal unklar ist, welche Art von Tests verwendet wurde. Ein positiver Test bedeutet zudem nicht zwingend, dass eine Infektion da vorliegt, wo die Probe entnommen wurde.

Die gängigen PCR-Tests auf SARS-CoV-2 sind nicht für die Anwendung an Papayas oder Ziegen ausgelegt, sondern für Menschen, daher sind die Ergebnisse bei dieser Anwendung zweifelhaft. Das FLI und Wissenschaftler verschiedener Universitäten bestätigten uns, dass eine natürliche Übertragung des Coronavirus in das Innere von Pflanzen und Früchten sehr unwahrscheinlich sei. Auch Hühner seien nachweislich nicht infizierbar. Ob Ziegen infiziert werden können, ist bisher noch unklar, laut FLI aber unwahrscheinlich.

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