Faktencheck

Dieses Foto einer irreführenden Bild-Schlagzeile ist echt – erschien so aber nie

Auf Facebook kursiert eine angebliche Bild-Schlagzeile zu falsch-positiven Corona-Tests. Die Schlagzeile ist echt – das Titelblatt ist jedoch nie in Druck gegangen. Die Schlagzeile führt zudem in die Irre.

von Steffen Kutzner

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Screenshot des Facebook-Beitrags. (Quelle: Facebook, Screenshot: CORRECTIV)
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Größtenteils richtig. Das Bild zeigt ein echtes Händlerplakat. Kurz vor Drucklegung war jedoch ein anderer Beitrag für das Titelblatt bestimmt worden.

Am 13. August 2020 wurde auf Facebook ein Foto veröffentlicht, das scheinbar die Schlagzeile einer Bild-Ausgabe zeigt. „Statistikerin warnt vor extremer Fehlerquote: Jeder zweite positive Corona-Test ist falsch“, heißt es dort. Das Foto zeigt jedoch keine tatsächlich erschienene Schlagzeile. 

Stattdessen ist ein sogenanntes Händlerplakat zu sehen. Ein Händlerplakat ist das Plakat für Werbung einer Zeitung im Einzelhandel, zum Beispiel an einem Kiosk. Die Schlagzeile wurde letztlich aber gar nicht gedruckt.

Die Bild-Zeitung erscheint beim Axel-Springer-Verlag. Auf unsere Anfrage teilte dieser mit, dass die Schlagzeile in der Hamburger Ausgabe vom 12. August erscheinen sollte. Kurz vor der Drucklegung sei sie jedoch ersetzt worden. Stattdessen sei auf der Titelseite ein Beitrag zu einer Aktion mit Schwimmhilfen für Kinder erschienen.

Ein Auszug aus der E-Mail des Sprechers des Axel-Springer-Verlags. (Screenshot: CORRECTIV)

Der Sprecher erklärte in der E-Mail, dass die Schlagzeile auf einer Aussage der Statistikerin Katharina Schüller basiere und korrekt sei. Als Beleg verweist er auf zwei Online-Beiträge, einen von der Tagesschau und einen von Focus Online

Tatsächlich heißt es in Schüllers Gastbeitrag bei Focus Online: „Umgekehrt deuten die derzeit extrem niedrigen Anteile positiver Tests in der RKI-Statistik, die bei unter ein Prozent aller durchgeführten Tests liegen, darauf hin, dass etwa die Hälfte der positiven Testergebnisse falsch sein dürfte.“ 

Hohe Fehlerquoten bei PCR-Tests sind Ergebnis statistischer Besonderheit 

Schüller betont jedoch auch, dass es sich dabei um eine statistische Besonderheit handele, die von der Verbreitung des Coronavirus in der Bevölkerung – der sogenannten Prävalenz – abhänge: „Bleiben Sensitivität und Spezifität über die Zeit konstant, weil die verwendeten Tests und Testbedingungen nicht wesentlich besser (oder schlechter) werden, dann hängt die Wahrscheinlichkeit falsch positiver Testergebnisse nur noch von der Prävalenz ab.“ 

Zur Problematik der Prävalenz und den vermeintlich sehr ungenauen PCR-Tests hat CORRECTIV bereits mehrere Artikel veröffentlicht, zum Beispiel hier oder hier. Die Aussage der Wissenschaftlerin ist demnach richtig, wenn auch die Überschrift auf dem Händlerplakat den Sachverhalt sehr verkürzt und dadurch irreführend darstellt.

Mit den Fehlerquoten von Corona-Tests befasste sich bereits im Mai die so genannte Unstatistik des Monats. Darin geht es um Antikörpertests, bei denen die statistische Besonderheit ebenfalls auftritt. Auch Antikörpertests haben eine bestimmte Spezifität und Sensitivität. Falsch-positive Ergebnisse (Nachweis von Antikörpern, obwohl die Person nicht mit SARS-CoV-2 infiziert war) oder falsch-negative Ergebnisse seien möglich. Die Unstatistik des Monats wird von einem vierköpfigen Wissenschaftler-Team herausgegeben, zu dem auch Schüller gehört.

Update, 2. September 2020: Wir haben ergänzt, dass sich die Unstatistik des Monats im Mai auf Antikörpertests bezog.