Faktencheck

Thromboserisiko: Warum Vergleiche des Impfstoffs von Astrazeneca mit der Anti-Baby-Pille irreführend sind

In Sozialen Netzwerken werden Fälle von Thrombose nach Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff mit den Nebenwirkungen der Anti-Baby-Pille verglichen. Es handelt sich jedoch um unterschiedliche Krankheitsbilder. Das Thromboserisiko lässt sich nicht vergleichen.

von Sarah Thust

Anti-Baby-Pille und Thrombose
In Sozialen Netzwerken werden unerwünschte Ereignisse nach einigen Impfungen mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca mit Thrombose-Fällen bei der Anti-Baby-Pille verglichen – das ist irreführend. (Quelle Symbolbild: Picture Alliance/Eibner-Pressefoto)
Behauptung
Die Anzahl der Thrombose-Fälle bei der „Anti-Baby-Pille“ sei wesentlich höher als die nach Erhalt des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca. Das Thromboserisiko sei also höher.
Bewertung
Fehlender Kontext
Über diese Bewertung
Fehlender Kontext. Anti-Baby-Pillen erhöhen vor allem das Risiko für „venöse Thromboembolien“, die meist in den Beinvenen auftreten. Sie können zwar auch in geringem Maße das Risiko für Sinusvenenthrombosen erhöhen, dennoch halten Experten das Risiko für nicht vergleichbar mit der Astrazeneca-Impfung.

Im März wurde über mehrere Fälle von Thrombosen nach Impfungen mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca in verschiedenen Ländern berichtet. Am Morgen des 15. März tauchte ein Vergleich in den Sozialen Netzwerken auf, der das Thromboserisiko nach einer Astrazeneca-Impfung dem Thromboserisiko bei Verhütungspillen gegenüber stellte. Am Nachmittag meldete jedoch das deutsche Paul-Ehrlich-Institut, dass es sich bei einigen der in Deutschland aufgetretenen Fälle um sehr seltene Hirnvenenthrombosen handele. Ein Vergleich mit dem Thromboserisiko bei Anti-Baby-Pillen ist Experten zufolge nicht direkt möglich. Doch der schiefe Vergleich kursiert weiter im Internet – und wird auch von Politikern und Medien verbreitet.

Am 15. März bis 14 Uhr verbreiten sich verschiedene Beiträge – darunter ein Tweet und zwei Instagram-Beiträge von Quer vom BR und Funk – rasant in Sozialen Netzwerken. Sie erklärten, die Anzahl der Thrombose-Fälle sei bei der Anti-Baby-Pille wesentlich höher als die nach Erhalt des Impfstoffs. Damit wird suggeriert, das Risiko für eine Thrombose durch den Impfstoff sei viel geringer als durch die Pillen, mit denen ein Großteil der Frauen in Deutschland verhütet. 

Der Vergleich verbreitet sich schnell. Bild zitierte am 15. März den CDU-Bundestagsabgeordneten Marian Wendt mit: „Astrazeneca ist ungefährlicher als Anti-Baby-Pille“. Auch die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley twitterte den Vergleich am selben Tag.

Unseren Recherchen zufolge sind die Vergleiche mit dem Thromboserisiko durch die Pille jedoch irreführend. Die Daten lassen sich nicht miteinander vergleichen, denn es handelt sich um zwei sehr unterschiedliche Formen von Thrombosen.

Der Thrombosen-Vergleich basierte auf unvollständigen Informationen

In Bezug auf den Impfstoff von Astrazeneca berichteten die EMA und das PEI bereits am 11. März allgemein von „thromboembolischen Ereignissen“, die vereinzelt nach Impfungen aufgetreten seien. Darunter kann man verschiedene Arten von Thrombosen verstehen.

Am Nachmittag des 15. März zwischen 15 und 16 Uhr wurden die Impfungen mit Astrazeneca nach einer Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) in Deutschland ausgesetzt, wie schon zuvor in anderen EU-Staaten. 

Das PEI informierte anschließend darüber, dass es bei den im zeitlichen Zusammenhang mit Astrazeneca-Impfungen aufgetretenen Fällen „eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenenthrombosen (Sinusvenenthrombosen) in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) und Blutungen“ gebe. 

Die Informationen zur Art der Thrombosen waren am Vormittag des 15. März, als die Social-Media-Beiträge viral gingen, noch nicht öffentlich. Mehrere Medien verbreiteten den Pillen-Vergleich aber auch noch am 16. März, zum Beispiel Focus Online und Funk auf seinem Facebook-Kanal. RTL berichtete über einen Instagram-Beitrag eines Intensivpflegers, der mehr als 3.300 Gefällt mir-Angaben erhielt. 

Zwei Beiträge, in denen der Vergleich zwischen Pille und Impfung unterschiedlich belegt wird. Links ist der Beitrag von „Funk“ zu sehen, rechts der Tweet vom 15. März, der von „Twitterperlen“ zitiert wurde.
Zwei Beiträge, in denen der Vergleich zwischen Pille und Impfung unterschiedlich belegt wird. Links ist der Beitrag von „Funk“ zu sehen, rechts der Tweet vom 15. März, der von „Twitterperlen“ zitiert wurde. (Quellen: Facebook / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

In dem ersten Tweet vom 15. März, den wir mit einem solchen Vergleich finden konnten, hieß es: „Thrombosefälle bei AstraZeneca: 11 Personen bei 1.200.000 Impfungen. Thrombosefälle bei Anti-Baby-Pille: 8-11 Frauen bei 10.000 Anwenderinnen. AstraZeneca wird zurückgerufen. Anti-Baby-Pille wird wie ein Hustenbonbon verschrieben.“ Dieser Beitrag wurde mehr als 5.000 Mal geteilt. 

Quer vom BR und Funk schrieben ebenfalls am 15. März auf Instagram, bei Astrazeneca seien Thrombosen bei sechs von einer Million Menschen aufgetreten und der Zusammenhang sei wissenschaftlich nicht belegt. Bei der Anti-Baby-Pille gebe es dagegen Thrombosen bei 800 bis 1.200 von einer Million Frauen und der Zusammenhang sei belegt. Als Quelle wird der „Pillenreport 2015“ der Universität Bremen zu Pillen der 3. und 4. Generation genannt. 

Eine Thrombose ist die krankhafte Bildung eines Blutpfropfes (Thrombus) in einem Blutgefäß. Geschieht dies in einer Schlagader (Arterie), spricht man von einer arteriellen Thrombose, die zum Beispiel in den Herzkranzarterien zum Herzinfarkt führen kann. Bildet sich ein Thrombus in einer Vene, spricht man von einer venösen Thrombose. Sie treten am häufigsten in den Venen der Beine oder des Beckens auf.

Beiträge von Medien wurden teilweise korrigiert

Am 16. März haben Quer vom BR und Funk ihre Beiträge auf Instagram angepasst. Zwischenzeitlich sei bekannt geworden, dass es sich bei den thromboembolischen Ereignissen um eine spezielle Form von sehr seltenen Hirnvenenthrombosen handele. Funk schrieb, der Vergleich sei „stark vereinfacht“.

Die in den Beiträgen vom 15. März angegebenen Zahlen waren zu dem Zeitpunkt der Veröffentlichung korrekt. Die von der Twitter-Nutzerin erwähnten elf „Thrombose-Fälle bei Astrazeneca“ finden sich in einer Mitteilung des PEI vom 12. März. Sie bezogen sich auf Deutschland und sind inzwischen veraltet. Dasselbe gilt für die von Quer vom BR und Funk genannte Zahl von sechs Fällen. Aus welcher Quelle sie genau stammt, konnten wir nicht nachvollziehen. Die EMA schrieb am 11. März aber von 30 Fällen bei etwa fünf Millionen Astrazeneca-Geimpften – das ergäbe sechs Fälle auf eine Million Menschen.

Dennoch ist der Vergleich, der hier aufgestellt wurde, irreführend. Die Daten zum Impfstoff und zur Anti-Baby-Pille lassen sich nicht vergleichen, weil sie in völlig unterschiedlichen Kontexten stehen.

Co-Autor des „Pillenreports“ widerspricht dem Vergleich mit der Anti-Baby-Pille

Die Daten aus dem sogenannten „Pillenreport“ der Techniker Krankenkasse zu Verhütungspillen, in der Medizin hormonelle Kontrazeptiva genannt, zeigen, dass die Zahl der Thrombosefälle laut Studien variiert. Auf 10.000 Frauen kämen 9 bis 12, 5 bis 7 oder 6 bis 12 Fälle, je nach hormoneller Zusammensetzung der Pille. An den Studien haben sich nur Frauen beteiligt.

Der Apotheker und Gesundheitswissenschaftler Gerd Glaeske hat den „Pillenreport“ im Jahr 2015 mitverfasst, der Marketingpraktiken von Pillenherstellern offen legte. Glaeske ist Co-Leiter der Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung am Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik an der Universität Bremen.

Zu den Social-Media-Beiträgen, in denen die Studie zur Anti-Baby-Pille zitiert wird, schreibt er uns per E-Mail: „Diese Daten sind keineswegs vergleichbar, weil sie wesentliche Informationen übersehen. Die sehr speziellen Hirnthrombosen, die in Zusammenhang mit der Astrazeneca-Impfung gebracht werden, treten offenbar nach einer einzigen Impfung auf, sie waren auch nicht in den Fach- und Patienteninformationen zu dieser Impfung erwähnt, waren also bisher als Risiko unbekannt.“

Im Gegensatz dazu sei Thrombose als Nebenwirkung bei Verhütungspillen längst bekannt, schreibt Glaeske. Mediziner müssen Anwendende über Risiken ausführlich aufklären. 

Gerd Glaeske von der Universität Bremen
Gerd Glaeske von der Universität Bremen war 2015 Mitautor des „Pillenreports“. Wir haben ihn per E-Mail gefragt, ob der Vergleich mit den Thrombosefällen bei Impfungen möglich ist. (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Es handelt sich um unterschiedliche Arten von Thrombose

Das PEI schrieb ebenfalls am 16. März in einem Infoblatt zu der temporären Aussetzung der Corona-Impfungen: „Es ist richtig, dass für Anti-Baby-Pillen Thrombosen, auch mit tödlichem Verlauf, als sehr seltene Nebenwirkung bekannt sind. (…) Jede Frau muss von der verordnenden Ärztin bzw. von dem verordnenden Arzt über dieses Risiko aufgeklärt werden. Für die Astrazeneca-Covid-19-Impfung besteht aktuell ein Verdacht auf die sehr seltene Nebenwirkung einer Sinusvenenthrombose mit begleitendem Blutplättchenmangel mit teils tödlichem Verlauf. Sie ist nicht in der Patienteninformation aufgeführt.“

Eine Sinusvenenthrombose ist eine Thrombose in einer Hirnvene. „Seit Beginn der Impfung mit dem Covid-19-Impfstoff Astrazeneca und bisher durchgeführten etwa 1,6 Millionen Impfungen in Deutschland sind aktuell sieben Fälle schwerwiegender Hirnvenenthrombosen (sechs davon Sinusvenenthrombosen bei Frauen) in Deutschland gemeldet worden“, schrieb das PEI weiter. 

Der Mangel an Blutplättchen, der offenbar gleichzeitig bei einigen der geimpften Menschen auftrat, wird auch als Thrombozytopenie bezeichnet. Bei einer Thrombozytopenie kommt es zu einer Verminderung der Gerinnungsplättchen im Blut, die normalerweise eher bei Menschen auftritt, die sehr viel Blut verloren haben. Der Organismus versucht in diesen Fällen, die Blutgerinnung maximal zu aktivieren, dabei verbrauchen sich die Gerinnungsplättchen. Das kann zu schweren Blutungen führen. Die Folge können Thrombosen und Lungenembolien sein.  

Pille erhöht vor allem das Risiko für Thrombosen, die meist in den Beinvenen auftreten

Als Nebenwirkung der Pille werden hingegen laut „Pillenreport“ vor allem „venöse Thromboembolien“ aufgeführt. Sie entstehen, wenn sich in einer „tiefen Vene“, meist in den Beinvenen, ein Blutgerinnsel bildet. Löst sich ein Fragment dieses Gerinnsels und wandert zur Lunge, kann es in seltenen Fällen eine Lungenembolie verursachen, die lebensbedrohlich sein kann. 

Solche Thromboembolien sind laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) „eine seit langem bekannte, seltene Nebenwirkung bei der Anwendung hormonaler Verhütungsmittel“. 

Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover, teilte uns per E-Mail mit: „Dass eine Thrombose zuerst in einer Hirnvene auftritt und nicht in den Beinen, ist extrem selten. (…) Eine ähnliche Anzahl von Sinusvenenthrombosen, wie nach der AZ-Impfung, also nach 1,6 Mio. Impfungen 7 Sinusvenenthrombosen, ist bei Verwendung der hormonellen Verhütung mit der kombinierten Antibabypille nicht bekannt.“

Die Angaben zur kombinierten Anti-Baby-Pille würden sich dagegen immer auf Beinvenenthrombosen und selten auf Lungenembolien beziehen. „Frauen haben grundsätzlich ein höheres Thromboserisiko als Männer, auch ohne die Pille“, schreibt Albring. 

Generelle Risikofaktoren für eine Thrombose sind zum Beispiel weibliches Geschlecht, Schwangerschaft, ererbte Gerinnungsstörungen oder Arzneimittel zur hormonalen Empfängnisverhütung. Für Sinusvenenthrombosen werden ähnliche Risikofaktoren genannt.

Frauenarzt: Ohne Pille erkranken im Schnitt zwei bis vier von 10.000 Frauen pro Jahr

Insgesamt treten venöse Thrombosen ohne Pille bei etwa zwei bis vier von 10.000 Frauen pro Jahr auf. Von Frauen, die eine Antibabypille einnehmen, erkranken daran zwischen vier bis zehn von 10.000 Frauen, schreibt Frauenarzt Albring. Daten des Bfarm weichen von dieser Schätzung leicht ab. 

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Risiken einer venösen Thromboembolie bei Frauen
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Risiken einer venösen Thromboembolie bei Frauen (Quelle: Bfarm / Screenshot vom 19. März: CORRECTIV.Faktencheck)

Sinusvenenthrombosen treten dagegen in Deutschland jedes Jahr nur bei etwa fünf von einer Million Personen auf, schreibt uns Hans-Christoph Diener, Direktor der Abteilung für Neuroepidemiologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). 

In mehreren Studien wurde ein möglicher Zusammenhang von Sinusvenenthrombosen und oralen Kontrazeptiva untersucht 

Es gibt allerdings auch Studien und wissenschaftliche Artikel (Studie 1, Studie 2, Studie 3, Artikel 1, Artikel 2), nach denen die Einnahme der Pille unter gewissen Umständen das Risiko für Sinusvenenthrombosen erhöhen könnte. Ein konkreter Zusammenhang ist auch deswegen schwer nachweisbar, da solche Fälle sehr selten vorkommen. Die Sinusvenenthrombose wird nicht als Nebenwirkung von solchen Verhütungsmitteln genannt und auch nicht im Pharma-kritischen Index „Gelbe Liste“ erwähnt (dort heißt es allgemein, das Risiko für „thromboembolische Ereignisse“ sei erhöht). 

In einer Metaanalyse kamen Wissenschaftler aus Kanada 2015 zu dem Schluss, dass hormonelle Verhütungsmittel das Risiko einer Hirnvenenthrombose erhöhe. Im Fazit der Analyse schreiben die Autoren aber selbst: „Die Daten sind unzureichend, um Aussagen über die Dauer der Anwendung und andere Formen der hormonellen Kontrazeptiva zu machen. […] Die Einnahme von oralen Kontrazeptiva erhöht das Risiko für die Entwicklung einer CVST (Sinusvenenthrombose) bei Frauen im gebärfähigen Alter. Zukünftige Studien sind erforderlich, um festzustellen, ob die Dauer der Einnahme und die Art der hormonellen Kontrazeptiva dieses Risiko verändern.“

Wir haben die Metaanalyse zudem dem Wissenschaftler Gerd Glaeske vorgelegt. Er schrieb uns dazu: „Ich halte diese Studie für interessant, aber nicht für wirklich aufklärend. Von 861 Studien wurden nur 11 als methodisch geeignet empfunden, über den Zusammenhang von Hirnthrombosen und Kontrazeptiva Aussagen zu treffen.“ Zudem würden bei knapp der Hälfte der Studien Angaben über die Dauer der Einnahme und die Art der Zusammensetzung der Pillen fehlen (Tabelle 1 und Tabelle 2). „Diese Daten wären aber unbedingt erforderlich, um sichere Aussagen über ein erhöhtes Risiko treffen zu können.“ Denn es gebe verschiedene „Generationen“ von Pillen, die ein unterschiedlich hohes Thromboserisiko bewirken. 

„Bei der Impfung geht es um einen Effekt nach einer einmaligen Gabe, bei den Pillen um ein Risiko nach einer längerfristigen Nutzung“, sagt Glaeske. Das Thromboserisiko sei unterschiedlich zu bewerten. „Eine Gleichsetzung des Risikos zu den Kontrazeptiva ist daher aus meiner Sicht wissenschaftlich aufgrund der vorliegenden Daten nicht vertretbar.“

Kausaler Zusammenhang zwischen Hirnvenenthrombosen und der Astrazeneca-Impfung ist nicht geklärt

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) schrieb in einer Pressemitteilung am 16. März: „Zusammengefasst ist derzeit ein möglicher Kausalzusammenhang der berichteten Einzelfälle mit der Impfung nicht abschließend beurteilbar, da zu mehreren Fällen nur wenige Informationen vorliegen. (…) In Großbritannien wurden bei ca. 11 Millionen Impfungen bisher drei CSVT gemeldet, aus Norwegen liegen zwei Meldungen vor.“

Und weiter: „Selbst wenn die Impfung wesentliche Ursache für die Thrombosen bzw. die Gerinnungsstörung sein sollte, handelt es sich dennoch um eine extrem seltene Nebenwirkung, die durch die Vorteile der Impfung bei weitem aufgewogen wird.“

Inzwischen gibt es Berichte von Forschern aus Deutschland und Norwegen, die einen Zusammenhang zwischen den seltenen Thrombosen und der Impfung sehen. Laut Paul-Ehrlich-Institut ist ein solcher Zusammenhang aber nicht nachgewiesen: „Diese sehr seltene Gerinnungsstörung trat unter den Geimpften häufiger auf, als es zahlenmäßig aufgrund der Seltenheit dieser Gerinnungsstörung ohne Impfung zu erwarten wäre. Es gibt derzeit keinen Nachweis, dass das Auftreten dieser Gerinnungsstörungen durch den Impfstoff verursacht wurde.“ 

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat am 18. März verkündet, die Vorteile des Astrazeneca-Impfstoffs würden die Nachteile weiterhin überwiegen. Das generelle Risiko für „thromboembolische Events“ sei nicht erhöht, allerdings gebe es Hinweise auf „sehr seltene“ Fälle von Thrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen. 

Die Bundesregierung und das PEI verkündeten ebenfalls, dass die Impfungen in Deutschland fortgesetzt werden. Ein Warnhinweis in den Fach- und Gebrauchsinformationen wurde ergänzt.

Fazit

Die Vergleiche von Thrombosen nach der Impfung gegen Covid-19 mit Nebenwirkungen der Pillen sind nach Einschätzung von Experten nicht zulässig. Es handelt sich um verschiedene Arten von Thrombosen, der Vergleich ist also nicht geeignet, um das Risiko durch den Impfstoff einzuschätzen. 

Ein möglicher Zusammenhang zwischen der Impfung und den Gerinnungsstörungen ist wissenschaftlich noch nicht belegt. Wie der NDR am 19. März berichtete, haben Forscher der Universitätsmedizin Greifswald nach eigenen Angaben die Ursache für Hirnthrombosen nach der Astrazeneca-Impfung gefunden: Einen Abwehrstoff des Körpers, der Blutplättchen aktiviert. Man habe eine Behandlungsmöglichkeit entwickelt. Wir haben bei der Universitätsmedizin Greifswald nachgefragt, ob sich in Ihren Daten Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Impfstoff und der Thrombose finden. Pressesprecher Christian Arns antwortete uns: „Ein Zusammenhang zwischen Impfung und Thrombose, das ja.“

Update, 24. März 2021: Wir wurden auf verschiedene Studien hingewiesen, nach denen die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel auch das Risiko für seltene Hirnvenenthrombosen erhöhen könnten. Wir haben diese Quellen ergänzt und eine Metaanalyse zu diesem Thema von einem Wissenschaftler einordnen lassen.  

Redigatur: Alice Echtermann, Uschi Jonas

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zur Aussetzung der Astrazeneca-Impfung (15. März 2021): Link
  • Fragen und Antworten des PEI zur Imfpung: Link
  • Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur SARS-CoV2-Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca (19. März 2021): Link
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu venösen Thromboembolien und kombinierten hormonale Kontrazeptiva: Link
  • „Pillenreport“ von der Universität Bremen und der Techniker Krankenkasse (2015): Link
  • Metaanalyse aus Kanada zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Sinusvenenthrombosen und der Einnahme oraler Kontrazeptiva (2015): Link