Faktencheck

Corona-Demo in Dresden: Dieses Bild zeigt einen Mann, der sich der Festnahme widersetzt

Ein Bild von der Festnahme eines Mannes bei einer Corona-Demonstration in Dresden am 13. März wird auf Facebook als „Bild der Schande“ bezeichnet. Das Bild wurde jedoch aus dem Kontext gerissen. Wir haben recherchiert, wie es zu der Szene kam.

von Steffen Kutzner

Collage ohne Titel verpixelt
Dieses Foto zeigt die Festnahme eines Mannes, der sich der Polizei widersetzte. Zuvor hatte der Mann versucht, sich an Polizisten vorbeizudrängen. (Quelle: Facebook / Screenshot, Unkenntlichmachung und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Bild von der Corona-Demonstration in Dresden am 13. März zeige, wie Polizisten einen Mann mit Gewalt zu Boden drücken.
Bewertung
Fehlender Kontext
Über diese Bewertung
Fehlender Kontext. Das Bild entstand bei der Festnahme des Mannes, während der dieser sich widersetzte. Zuvor hatte der Mann versucht, sich an Polizisten vorbei zu drängen.

In einem auf Facebook verbreiteten Bild ist ein Mann in einem roten Pullover zu sehen, der von Einsatzkräften der Polizei am Boden festgehalten wird. Eine Person in Polizeiuniform drückt ein Knie auf seinen Kopf oder Hals. Es handele sich um „ein Bild der Schande“, wird auf Facebook kommentiert. Es sei eine „Grenze überschritten“ worden. Der Beitrag wurde mehr als 1.200 Mal geteilt. 

Da dem Bild auf Facebook jeglicher Kontext fehlt, hat CORRECTIV.Faktencheck recherchiert, wie es zu der Szene kam. Das Bild entstand demnach bei der Festnahme eines Mannes, der sich aggressiv gegenüber der Polizei verhalten hatte und sich dann gegen die Festnahme wehrte.

Das auf Facebook verbreitete Bild der Festnahme in Dresden
Das auf Facebook verbreitete Bild der Festnahme (Quelle: Facebook / Screenshot vom 24. März 2021 und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Bild stammt von der Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen am 13. März in Dresden. Das bestätigte uns die Polizei auf Anfrage. Es gibt zudem auf Youtube mehrere Videoaufnahmen der Festnahme, die auf diesen Zeitpunkt und Ort hindeuten. Das Bild scheint ein Standbild aus einem Video zu sein, das Original konnten wir jedoch nicht finden. 

Die Videos, die wir fanden, zeigen den Mann im roten Pullover mit der Aufschrift „Pure Hate“ (deutsch: reiner Hass) bei mindestens zwei Zusammenstößen mit der Polizei, bei denen die Einsatzkräfte ihn festhalten wollten und der Mann sich wehrte. Die Szenen sind etwa ab Minute 6:10 oder hier ab Minute 2:45 zu sehen. Beide Festnahmeversuche fanden vor dem Eingang der Altmarktgalerie am Dresdener Altmarkt statt: Zuerst links von einer Litfaßsäule (hier ab Minute 0:55) und später rechts von derselben Litfaßsäule, unmittelbar vor dem Eingang der Galerie (hier ab Minute 4:32).

Das Standbild, das auf Facebook geteilt wurde, stammt offenbar vom zweiten Festnahmeversuch direkt vor dem Eingang der Galerie. Das bestätigte uns ein Sprecher der Polizei auch am Telefon. In einem Video ist ab Minute 5:02 zu sehen, wie ein Polizist anscheinend versucht, den Hals oder Kopf des Mannes mit dem Knie zu fixieren. Auch die blonden Haare der Polizistin, die auf dem Facebook-Foto zu erkennen sind, und der Schriftzug auf dem Pullover des Mannes sind in dem Video zu sehen. 

Standbild aus einem der Youtube-Videos von einer Corona-Demo in Dresden
Standbild aus einem der Youtube-Videos, auf dem die Aufschrift auf dem Pullover deutlich zu lesen ist (Quelle: Youtube / Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Polizei Dresden: Der Mann widersetzte sich „fortlaufend“ der Festnahme

Der Sprecher der Landespolizeidirektion Dresden, Marko Laske, schrieb uns per E-Mail, dass es sich bei der Festnahme „um eine sehr dynamische Situation“ gehandelt habe. Der Mann auf dem Bild ist laut Polizei ein 41-jähriger Deutscher, der in der Vergangenheit unter anderem mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgefallen sei. Das auf Facebook verbreitete Bild entstand beim zweiten Festnahmeversuch, wie uns der Sprecher bei einem Telefonat erklärte.

„Der Festnahme hat sich der Betroffene fortlaufend widersetzt. Die Polizeibeamten mussten daraufhin unmittelbaren Zwang anwenden“, schrieb Laske weiter. „Unmittelbarer Zwang kann in Situationen wie der in Dresden für Außenstehende mitunter recht rabiat aussehen“, erklärte er uns später in einem Telefonat. Das Fixieren einer Person am Boden sei jedoch eines der üblichen Mittel, die Polizisten in solchen Situationen zur Verfügung stünden. Paragraf 40 des sächsischen Polizeigesetzes sieht unter anderem körperliche Gewalt vor, falls das erforderlich ist.  

„Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“: Ermittlungen laufen

Dass der Mann im roten Pullover sich aggressiv verhalten hat, zeigen auch die Videos im Internet. Darin ist zu sehen, wie er auf Einsatzkräfte zustürmt und offenbar versucht, an ihnen vorbei zu gelangen, wobei er sie mehrfach schubst (ab Minute 0:03). 

Kurz vor dem zweiten Festnahmeversuch ist zudem zu sehen (ab Minute 4:35), wie der Mann sich zwischen den Einsatzkräften hindurchdrängt und dabei gegen einen der Polizisten rennt. Im selben Video ist wenig später (bei Minute 6:35) zu sehen, wie der Mann erneut am Boden liegt, von einem Polizisten getreten wird und daraufhin zurücktritt. 

Gegen den Mann wird laut Aussage der Polizeidirektion Dresden ermittelt wegen „Landfriedensbruchs, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte“.

Medienberichten zufolge war die Corona-Demonstration am 13. März im Vorfeld verboten worden. Dennoch strömten etwa 1.000 demonstrierende Corona-Kritiker in die Dresdener Innenstadt, wo zeitgleich sechs andere, genehmigte Versammlungen stattfanden. Es seien 49 Platzverweise erteilt und 390 Verstöße gegen die Corona-Maßnahmen sowie 32 Straftaten festgestellt worden, berichtete der MDR. Vier Polizisten seien verletzt worden. 

Redigatur: Alice Echtermann, Sarah Thust