Faktencheck

Keine Belege für Anekdote über Barmann in den Niederlanden

Ein Facebook-Beitrag verbreitet die Geschichte eines Barmanns in den Niederlanden, der angeblich die Corona-Schließungen kreativ umgehen wollte. Doch für die Anekdote gibt es keine Belege. Das dazu geteilte Foto ist alt und stammt aus einem anderen Kontext.

von Tania Röttger

Symbolbild eines Freisitzes
Viele Menschen sehnen sich wieder danach, in Cafés zu sitzen. Für eine aktuelle Anekdote, wie angeblich das Gesetz in den Niederlanden umgangen werden kann, gibt es keine Belege. (Symbolbild: creative_tomek / Pixabay)
Behauptung
Ein Barmann in den Niederlanden habe Terrassenstühle zum Bier „verkauft“, damit Personen auf ihren „eigenen“ Stühlen sitzen würden. Die Behörden könnten dagegen nichts ausrichten.
Bewertung
Unbelegt. Für die Geschichte gibt es keine Quelle. Das Bild ist alt und zeigt eine andere Situation.

Auf Facebook und Whatsapp kursiert ein sogenanntes Sharepic – ein Bild mit einer Anekdote: „Ein Kneipenbesitzer in den Niederlanden ‘verkaufte’ seine Terrassenstühle für 5€ pro Stück inklusive 2 Biere. Die Menschen saßen also in ihren eigenen Stühlen in der Öffentlichkeit und die lästigen ,Vollstrecker’ konnten gar nichts tun. Als sie unverrichteter Dinge wieder abgezogen waren, spendeten die Gäste die Stühle einfach zurück an die Kneipe.“ 

Das geteilte Foto ist aber alt und zeigt eine völlig andere Situation. Die Beiträge, in denen das Bild verbreitet wird, nennen keine Quelle für die Geschichte.

Facebook-Beitrag mit einer angeblichen Geschichte aus den Niederlanden
Dieses Sharepic verbreitet sich in Deutschland auf Whatsapp, Twitter und Facebook. (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Foto zeigt eine Kontrolle im Jahr 2020 in der Stadt Haarlem 

Das aktuell auf Facebook verbreitete Foto wurde ursprünglich am 1. Juni 2020 als Bebilderung eines Artikels der niederländischen Tageszeitung De Volkskrant verwendet, wie wir durch eine Recherche auf Twitter herausfanden. In dem Artikel geht es darum, dass die Wiedereröffnung der Außenbereiche an Regeln geknüpft ist, und die niederländischen Behörden Lokale schließen können, wenn sie nicht befolgt werden. 

In der Bildunterschrift steht (Übersetzt mit Google Translate): „Zwei BOAs im Zentrum von Haarlem nähern sich einem Kellner, weil die Leute auf der Terrasse nicht 1,5 Meter voneinander entfernt sind.“ BOA steht für Buitengewoon Opsporingsambtenaar, was auf Deutsch etwa „außerordentliche Ermittlungsbeamte“ bedeutet.

Polizeikontrolle in Haarlem in den Niederlanden im Jahr 2020
In einem Medienbericht von 2020 ist eine Polizeikontrolle in den Niederlanden zu sehen. Laut der Bildunterschrift geht es dabei um den damals vorgeschriebenen Mindestabstand. (Quelle: De Volkskrant, Foto von Arie Kievit / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Wir haben Faktencheckern aus den Niederlanden geschrieben, um zu erfahren, ob sie von einer solchen Geschichte gehört haben, wie sie in Sozialen Netzwerken aktuell auf Deutsch verbreitet wird. Peter Burger, Faktenchecker von Nieuwscheckers, antwortete uns, dass er verschiedene Versionen der Geschichte fand, jedoch erwähnt keine von ihnen den Namen des Ortes, wo sie angeblich geschehen sei. Er konnte sie demnach nicht verifizieren.

Die Geschichte kursiert auch in den Niederlanden 

Die Anekdote von dem Barbesitzer wird in Verbindung mit dem alten Foto mindestens seit dem 20. April verbreitet. Die früheste Version, die wir finden konnten, ist ein Tweet einer Nutzerin den Text aus der Ich-Perspektive mit dem Hinweis veröffentlichte, dass er kopiert sei. 

In der Vergangenheit hat es in den Niederlanden laut Medienberichten mehrere Protest-Aktionen gegen die Schließungen gegeben: In einem Artikel vom 2. März berichtet Business Insider, dass Cafés in Amsterdam und Breda trotz des Lockdowns Tische und Stühle rausstellten und Kunden bedienten. Allerdings seien diese nach einer halben Stunde wieder geschlossen worden. 

Eine Google-Suche auf Deutsch, Englisch und Niederländisch nach Stichworten zu dem angeblichen Geschehnis bringen keine Treffer. Allerdings führt die Suche zu einem Faktencheck von Reuters, der die Geschichte im Zusammenhang mit Beiträgen im englischsprachigen Raum als „falsch“ einstuft.

Fazit: Das Bild zeigt nicht das, was im Beitrag behauptet wird. Für die angebliche Geschichte mit dem Kneipenbesitzer, der Biere zusammen mit Stühlen „verkaufte“, gibt es keine Belege.

Redigatur: Till Eckert, Sarah Thust