Faktencheck

Cartoon mit irreführenden Behauptungen zur Corona-Impfung verbreitet sich international

In einem Cartoon, der sich derzeit via Facebook verbreitet, werden teils falsche Behauptungen zur Corona-Impfung aufgestellt. Er kursiert in verschiedenen Sprachen und verbreitet sich auch international.

von Till Eckert

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In diesem Cartoon werden teils falsche Behauptungen zur Corona-Impfung aufgestellt (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Nach einer Corona-Impfung sei man nicht „immun“, müsse immer noch Maske tragen und die Hersteller der Impfstoffe würden bei Schäden nicht haften.
Bewertung
Teilweise falsch
Über diese Bewertung
Teilweise falsch. Nach der Corona-Impfung gibt es zwar nach bisherigen Erkenntnissen keine „sterile Immunität“, aber sie schützt vor der Krankheit Covid-19. Eine Maske zu tragen ist in Deutschland auch für Geimpfte noch verpflichtend. Impfhersteller können für Schäden haften.

In einem Cartoon, der sich derzeit über Facebook verbreitet, sind ein Mann und eine Ärztin zu sehen, die gerade eine Spritze ansetzt. In den Sprechblasen ist eine Unterhaltung zu lesen. Darin werden drei Behauptungen aufgestellt: 

  1. Nach der Corona-Impfung sei man nicht immun.
  2. Man müsse nach der Impfung immer noch eine Maske tragen.
  3. Impfhersteller von Impfstoffen würden bei Schäden nicht haften.

Der Cartoon verbreitet sich nicht nur in Deutschland: Über eine Google-Bilder-Rückwärtssuche finden wir ihn unter anderem in Englisch, Portugiesisch, Russisch und Slowakisch. Der Cartoon kursiert demnach in verschiedenen Sprachen schon mindestens seit Dezember 2020. Wo er zuerst aufgetaucht ist, können wir nicht verifizieren. 

Insgesamt suggeriert der Cartoon, dass die Impfung gegen Covid-19 keine Vorteile bringt. Das ist irreführend. Wir haben die Behauptungen darin einzeln überprüft. Bei einer fehlt Kontext, eine ist korrekt, eine ist falsch. 

1. Behauptung: Nach der Corona-Impfung sei man nicht immun

Die Behauptung ist ohne Kontext irreführend.

Vermutlich ist die sogenannte „sterile Immunität“ gemeint. Diese beschreibt, dass man sich nicht mehr mit einem Virus anstecken und es insofern auch nicht mehr weitergeben kann, wenn man geimpft ist. Eine solche sterile Immunität gibt es laut Thomas Menzel, Vorstand des Klinikums Fulda, nach der Corona-Impfung nicht. 

In einem Beitrag auf der Webseite des Klinikums (PDF) schreibt Menzel zur Erklärung: „Denn das würde bedeuten, dass keinerlei Virusvermehrung im Körper stattfindet, weil die Erreger von Antikörpern abgefangen werden, bevor sie überhaupt in die Zellen eindringen können. Eine ‚sterile Immunität‘ ist schwer zu erreichen, weil der Impfstoff gespritzt wird und somit Antikörper im Blut gebildet werden. Bei dem Coronavirus als Atemwegserreger bräuchte man außerdem Antikörper in den Schleimhäuten […].“

Die Corona-Impfung schaffe laut Menzel eine „klinische Immunität“. Diese schützt vor Symptomen und einer Erkrankung – aber nicht immer vor der Virenvermehrung. Dennoch gebe es erste Hinweise darauf, dass darüber hinaus auch eine sterile Immunität möglich sei, das zeigten erste Daten.

Laut einem Bericht des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) von März 2021 gibt es Hinweise darauf, dass die Impfung auch die Möglichkeit der Übertragung des Virus und somit die Zahl der Infektionen verringern kann.

Eine ähnliche Einschätzung erhalten wir in einem Telefongespräch mit Carsten Watzl, Leiter des Fachbereichs Immunologie am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der Universität Dortmund und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie: „Wir wissen mittlerweile, dass ein Großteil der Geimpften sich gar nicht mehr anstecken kann, weil generell alle Infektionen dann zurückgehen, auch asymptomatische – aber man kann auch ganz klar sagen: Das schaffen die Impfstoffe nicht ganz so effektiv wie vor der Erkrankung zu schützen.“ 

Der Impfstoff ziele aber auch nicht auf eine „sterile Immunität“ ab, sondern solle in erster Linie vor einer Erkrankung schützen. „Leute können sich natürlich noch infizieren. Das ist sicherlich die Ausnahme, aber kann passieren“, sagt Watzl. 

Zur Frage, inwieweit eine Immunität überhaupt messbar sei, erklärt Watzl: Weil Covid-19 und die Impfungen dagegen noch so neu seien, gebe es aktuell weder standardisierte Tests, die den Antikörper-Spiegel in den Lungenschleimhäuten messen könnten, noch ein sogenanntes „Korrelat der Protektion“, also eine Erkenntnis darüber, ab welchem Spiegel man immun wäre. „Da ist die Forschung noch dran“, sagt Watzl. 

2. Behauptung: Man müsse nach der Impfung immer noch Maske tragen

Diese Behauptung stimmt (Stand: 12. Mai 2021). Bereits im Dezember 2020 sagte Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts laut Medienberichten, dass trotz der Impfung eine Maske getragen und Abstand gehalten werden müsse. Auch in verschiedenen Bundesländern wie Hessen ist Masketragen nach der Impfung bislang Pflicht. 

Bundeskabinett, Bundestag und Bundesrat beschlossen am 7. Mai 2021 Erleichterungen für Geimpfte und Genesene – an der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ändert sich jedoch vorerst nichts.

3. Behauptung: Impfhersteller würden bei Schäden nicht haften

Die Frage nach der Haftung bei möglichen Impfschäden ist nach der Gesetzesgrundlage nicht pauschal zu beantworten, es kommt auf den Einzelfall an. Darüber informiert das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite

Informationen des Bundesgesundheitsministeriums über die Haftung bei Impfschäden (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Bei Impfstoffen, die von staatlichen Stellen „öffentlich empfohlen“ werden, wie es bei den Covid-19-Vakzinen der Fall ist, haftet laut Paragraph 60 des Infektionsschutzgesetzes grundsätzlich die Bundesrepublik Deutschland – dann kann ein „Antrag auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz“ gestellt werden. 

Zudem können aber auch Hersteller haften. Das ist im Produkthaftungsgesetz, im Arzneimittelgesetz und auch im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Dass Impfhersteller „nicht haften“ würden, stimmt demnach nicht.

Redigatur: Steffen Kutzner, Alice Echtermann