Faktencheck

Nein, in Österreich wurde keine Impfpflicht für Schulkinder ab Spätsommer 2021 beschlossen

Es stimmt nicht, dass Kinder ab Spätsommer dieses Jahres in Österreich nur noch in die Schule gehen dürfen, wenn sie gegen Covid-19 geimpft sind. Das dortige Gesundheitsministerium und auch das Bildungsministerium haben davon jedenfalls noch nie gehört.

von Steffen Kutzner

Symbolbilder - Coronavirus -
Es stimmt nicht, dass in Österreich ab Spätsommer nur noch geimpfte Kinder in die Schule gehen dürfen (Symbolbild: Picture Alliance / Fotostand / K. Schmitt)
Behauptung
In Österreich solle ab dem Spätsommer 2021 eine Covid-19-Impfung Voraussetzung für den Schulbesuch sein.
Bewertung
Falsch. In Österreich wurde nichts dergleichen beschlossen. Gesundheits- und Bildungsministerium erklären, dass es dort keine Impfpflicht geben werde, auch nicht für Kinder.

In einem Artikel der österreichischen Webseite Wochenblick über eine „Impfpflicht für Kinder“ wird am 16. Mai behauptet: „Ab Spätsommer soll eine Impfpflicht als Voraussetzung für den Schulbesuch kommen.“ In einem anderen Artikel der Internetseite, der am selben Tag erschien und sich um das gleiche Thema dreht, heißt es: „Offen wird von etlichen Seiten eine Impfpflicht für Kinder und Jugendliche gefordert, weil sie wissen, dass sie mit Freiwilligkeit nicht weit kommen. Und deshalb wird die Pflicht auch kommen.“ 

Welche „etlichen Seiten“ das sein sollen und woher die Information stammt, dass die angebliche Impfpflicht ab Spätsommer 2021 gelten soll, bleibt offen. Als Quelle verlinkt Wochenblick lediglich einen dritten Wochenblick-Artikel, ebenfalls vom 16. Mai, in dem es jedoch nicht um eine Impfpflicht geht. 

Tatsächlich wurde in Österreich weder eine Impfpflicht beschlossen, noch ist eine solche aktuell in Planung. 

In Österreich werden aktuell noch keine Kinder unter 16 Jahren gegen Covid-19 geimpft

Für Kinder ist in der EU noch kein Covid-19-Impfstoff zugelassen. In den USA ist der Biontech-Impfstoff Comirnaty bereits für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Für die EU hat Biontech bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA auch schon eine Zulassung für Kinder ab 12 Jahren beantragt, die wird jedoch momentan noch geprüft (Stand: 21. Mai 2021). Mit einer Entscheidung wird im Juni gerechnet. 

Bislang ist der Biontech-Impfstoff in der EU für Personen ab 16 Jahren zugelassen, die anderen drei Impfstoffe für Personen ab 18 Jahren, informiert das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Webseite.

Das gilt auch in Österreich: Dass sich Kinder aktuell gar nicht impfen lassen dürfen, betont Debora Knob, Pressesprecherin beim österreichischen Bildungsministerium, in einer E-Mail an uns: „Eine Impfpflicht für Kinder ist derzeit kein Thema. Derzeit sind ohnehin nur Impfstoffe für 16plus-Jährige zugelassen, voraussichtlich auch bald für die 12- bis 15-Jährigen.“ Der österreichische Bildungsminister Heinz Faßmann appelliere aber, so Knob, „sowohl an Lehrkräfte als auch die Schülerinnen und Schüler, für die der Impfstoff schon zugelassen ist, sich impfen zu lassen“.

Gesundheitsministerium: Es werde in Österreich keine allgemeine Impfpflicht geben, insbesondere nicht für Kinder

Eine ähnliche Antwort schickte uns auch das österreichische Gesundheitsministerium per E-Mail: „Wie schon mehrfach angekündigt, wird es in Österreich keine allgemeine Impfpflicht geben. Das gilt insbesondere auch für Kinder. Das Gesundheitsministerium empfiehlt selbstverständlich allen, die für eine zugelassene Impfung in Frage kommen, diese auch zu nützen.“

Die Kommission für Bioethik, die Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz berät, hält eine Impfpflicht zwar nicht für unethisch, betrachtet sie jedoch laut einem Medienbericht von August 2020 als „ultima ratio“, also als letztes geeignetes Mittel.

Es gibt eine Debatte über eine Impfpflicht, aber keinen Beschluss

Eine Suche nach den Begriffen „Impfpflicht Corona Österreich“ in den Suchmaschinen Google und Bing führt zu ein paar Einträgen dazu, dass eine Impfpflicht in Österreich gesetzlich möglich wäre. Anfang Mai wurde berichtet, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein sei dagegen. 

Es finden sich auch Artikel über Hermann Schützenhöfer, den Landeshauptmann von Steyr, der Mitte Dezember 2020 wegen der niedrigen Impfbereitschaft der Österreicher eine Impfpflicht befürwortet hatte und damit eine Debatte ausgelöst hatte. Einigkeit gibt es darüber aber nicht. Und von einem Beschluss diesbezüglich ist in den Medienberichten nicht die Rede. 

Es gibt in Österreich keine allgemeine Impfpflicht, weder gegen Covid-19 noch gegen andere Krankheiten – auch nicht für Kinder oder Jugendliche. Es werden laut Impfplan 2021, der hier heruntergeladen werden kann, lediglich verschiedene Impfungen empfohlen, unter anderem gegen Masern, Influenza und Covid-19.

Redigatur: Alice Echtermann, Sarah Thust