Faktencheck

Nein, Katrin Göring-Eckardt hat Fußballfans nicht aufgefordert, auf das Schwenken von Deutschlandfahnen zu verzichten

Auf Facebook taucht ein mehrere Jahre altes, angebliches Zitat der Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt auf: Sie habe gesagt, man solle keine Deutschlandflaggen schwenken, um die Gefühle von Minderheiten nicht zu verletzen. Das Zitat ist ein Fake. 

von Alice Echtermann

Katrin Göring-Eckardt
Katrin Göring-Eckardt hat kein Problem damit, nationale Symbole aus Begeisterung für den Fußball zu zeigen. (Foto: picture alliance / DPA / Bernd von Jutrczenka)
Behauptung
Katrin Göring-Eckardt habe anlässlich der Fußball-EM gesagt, man solle freiwillig auf das Schwenken von Deutschlandfahnen verzichten, um die Gefühle nationaler Minderheiten nicht zu verletzen.
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Frei erfunden
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Frei erfunden. Das Zitat ist ein Fake, der seit 2016 kursiert. 

Ein Facebook-Nutzer teilte am 27. Mai „zur Erinnerung“ ein Bild mit einem Foto der Bundestagsabgeordneten Katrin Göring-Eckardt und einem gefälschten Zitat. Demnach habe die Grünen-Politikerin angeblich anlässlich der Fußball-Europameisterschaft gesagt: „Wir sollten freiwillig auf das Schwenken der deutschen Flagge verzichten, um die Gefühle nationaler Minderheiten in Deutschland nicht zu verletzen.“ 

Das Zitat tauchte erstmals 2016 auf und ist frei erfunden. Der Bayerische Rundfunk berichtete damals über die Fälschung, die mutmaßlich von einem Mann namens Uwe Ostertag stammt. Dieser ist seit Jahren bekannt dafür, Politikerinnen und Politikern erfundene und diffamierende Aussagen in den Mund zu legen. CORRECTIV.Faktencheck schon mehrfach Artikel dazu veröffentlicht (hier und hier). 

Facebook-Beitrag über Katrin Göring-Eckardt
Der Facebook-Beitrag mit dem fünf Jahre alten gefälschten Zitat von Katrin Göring-Eckardt (Screenshot am 3. Juni 2021 und Schwärzungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Der Name Ostertag findet sich auch unter dem Bild über Katrin Göring-Eckardt. In einem Faktencheck von Mimikama von 2016 ist die Grafik vollständig zu sehen; dort stand „In Satira Uwe Ostertag“. Mit diesem Schriftzug hat Ostertag, der laut einem Bericht der Mainpost 2017 wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, seine „Werke“ meistens versehen.   

Es gibt keinerlei Hinweise, dass Göring-Eckardt etwas gegen die Deutschlandflagge oder andere nationale Zeichen hat. Eine Google-Suche nach ihrem Namen und dem Stichwort „Flagge“ führt im Gegenteil zu einem Interview mit der FAZ von 2006, in dem es darum ging, dass die Politikerin im Bundestag am Tag eines Spiels gegen Ecuador ein Deutschland-T-Shirt getragen habe. 

Katrin Göring-Eckardt sagte 2006, sie wolle selbst keine Fahne schwenken, habe aber kein Problem damit 

Göring-Eckardt sagte der FAZ damals, sie finde es gut, nationale Symbole anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft zu zeigen. Nur mit der Deutschlandfahne habe sie persönlich wegen „der DDR-Vergangenheit“ ihre Schwierigkeiten. „Am 1. Mai mussten wir die Fahnen raushängen und durch die Stadt ziehen. Aber alles andere, was Spaß macht, dafür bin ich zu haben.“ Und weiter: „Meine Kinder haben im Garten die Fahne aufgehängt. Das ist in Ordnung. Aber Fahne schwenken geht mit meiner Geschichte einfach nicht.“

Das Interview ist also mutmaßlich der Hintergrund für das gefälschte Zitat, die Haltung der Politikerin wird aber gänzlich verdreht. 

Katrin Göring-Eckardt im Deutschland-Trikot
Katrin Göring-Eckardt im Deutschland-Trikot 2016 (Quelle: Facebook / Screenshot am 3. Juni 2021: CORRECTIV.Faktencheck)

2016 bekräftigte Katrin Göring-Eckardt noch einmal, dass sie kein Problem mit der Deutschlandfahne habe. Sie reagierte direkt auf das gefälschte Zitat von Uwe Ostertag. In einem Facebook-Beitrag zeigte sie sich in einem Deutschland-Trikot und schrieb, sie freue sich auf die Fußball-EM. „Fahnen schwenken kann man gern, muss man aber nicht. Und laut wird es sicher auch werden.“ 

Über das „Fake-Bild“ habe ihr Team „herzlich gelacht“, weil es „meilenweit von der Realität entfernt“ sei. Sie wünschte außerdem allen viel Spaß bei der EM und fügte hinzu: „Genießt ein paar tolle Tage und glaubt einfach nicht alles, was im Internet steht.“ 

Redigatur: Sarah Thust, Till Eckert