Faktencheck

Nein, Jens Spahn hat nicht bestätigt, dass die Inzidenzen „Fake“ sind

Im Internet verbreitet sich die Behauptung, Jens Spahn habe zugegeben, dass die Corona-Inzidenzen ein „Fake“ seien, da es mehr falsch-positive Testergebnisse gebe als korrekt-positive. Das stimmt so jedoch nicht.

von Steffen Kutzner

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Mit einem aus dem Kontext gerissenen Zitat von Jens Spahn soll bewiesen sein, dass die Inzidenzen „Fake“ sind. Spahn sprach jedoch von Schnelltests – die haben auf die Berechnung der Inzidenz keinen Einfluss. (Quelle: Picture Alliance / NurPhoto / Emmanuele Contini)
Behauptung
Jens Spahn habe zugegeben, dass die Inzidenzen „Fake“ seien, da es mehr falsch-positive Testergebnisse gebe als korrekt-positive.
Bewertung
Falscher Kontext. Jens Spahn sprach von Schnelltests, die auf die Berechnung der Inzidenz keinen Einfluss haben.

„Gestern Abend erklärte Jens Spahn in der TV-Sendung Anne Will: ‚Es gibt im Moment mehr falsch-positive als tatsächlich positive Ergebnisse.‘ Da man getrost davon ausgehen kann, dass sich das ‚im Moment‘ nicht nur auf die letzten 24 Stunden bezieht, muss man schlicht feststellen, dass die ‚Inzidenzen‘ zur Begründung von sieben Monaten Lockdown ein willkommener Fake waren.“ So lautet der erste Absatz eines Textes auf dem Blog Philosophia Perennis. Auch Stefan Homburg, der schön öfter mit falschen Behauptungen zur Corona-Pandemie auffiel, verbreitete die Behauptung auf Twitter.

Gesundheitsminister Jens Spahn sagte diese Worte tatsächlich, aber im Text wird weggelassen, was Spahn unmittelbar davor und danach sagte: nämlich dass Schnelltests mit der Inzidenz gar nichts zu tun haben.

Was sagte Spahn wirklich?

Als Spahn am 30. Mai bei Anne Will in der Sendung zu Gast war, sagte er wörtlich (ab Minute 17:05): „In die Inzidenz, ins offizielle Infektionsgeschehen, gehen ja PCR-Tests ein. In dem Moment, wo ein Schnelltest oder Selbsttest positiv ist, empfehlen wir ja, und bei den Testzentren muss und soll ein PCR-Test [gemacht werden]. Natürlich ist die Inzidenz insgesamt so niedrig gerade, dass wenn Sie 100.000 Menschen testen, es relativ wenige positive Ergebnisse gibt. […] Es gibt übrigens an vielen Stellen mittlerweile im Moment mehr falsch-positive als tatsächlich positive Ergebnisse, einfach wegen der niedrigen Inzidenz. Und deswegen ist das PCR-Nachtesten so wichtig. Aber für das Infektionsgeschehen ist tatsächlich entscheidend das PCR-Testergebnis.“

Dass die Inzidenz aus PCR-Testergebnissen berechnet wird, und eben nicht aus den Schnelltests, wird im Text von Philosophia Perennis nicht erwähnt. 

Spahns Aussage deckt sich mit den Erklärungen des Robert-Koch-Instituts bezüglich der Berechnung der Inzidenz. So heißt es etwa in einem Epidemiologischen Bulletin von Februar 2021: „Das RKI erfasst wöchentlich die Anzahl der in Deutschland durchgeführten SARS-CoV-2-PCR-Tests. […] Positive Antigentestergebnisse müssen jedoch weiterhin konsequent mittels PCR-Test bestätigt werden, auch um den Befund in das Meldewesen einfließen zu lassen.“ 

Weshalb die Genauigkeit von Schnelltests abnimmt, wenn die zu testende Krankheit in der Bevölkerung nur noch wenig verbreitet ist, haben wir in diesem Faktencheck erklärt. Im Gegensatz zu den Schnelltests kommen falsch-positive PCR-Tests in der Praxis nur sehr selten vor, wie wir hier erklärt haben.

Redigatur: Tania Röttger, Till Eckert