Faktencheck

Windkraft: Nein, es gibt keinen Zusammenhang zwischen diesem Wolkenphänomen und Starkregen

Auf einem Foto auf Facebook ist ein Wolkenphänomen über einem Windpark vor der Küste Dänemarks zu sehen. Dazu wird behauptet, es zeige eine mögliche „Wetterbeeinflussung“ durch die Windkrafträder. Das stimmt nicht.

von Till Eckert

collage windräder
Dieses Foto zeigt nicht, dass Windkrafträder das Wetter beeinflussen könnten. Zu sehen ist ein Wetterphänomen, das keinen Zusammenhang mit Starkregen oder Ähnlichem hat. (Quelle: Facebook / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Foto zeige eine „Wetterbeeinflussung“ durch Windkrafträder. Es würden wasserreiche Luftschichten gebildet, die zu Starkregen beitragen könnten.
Bewertung
Falsch. Das Phänomen, das auf dem Foto zu sehen ist, hat keinen Einfluss auf das Wetter oder das Auftreten von Starkregen.

Ein Foto, das auf Facebook kursiert, zeigt mehrere Windkrafträder, über denen wolkenähnliche Gebilde zu sehen sind. Im Beitragstext wird behauptet, zu sehen sei, wie die Windräder das Wetter beeinflussten. Suggeriert wird außerdem, sie trügen eine „Mitschuld“ an der Bildung „wasserreichen Luftschichten“, die zu Starkregen führen könnten. Der Beitrag von Mitte Juli wurde mehr als 3.200 Mal geteilt.

Die Behauptung ist falsch. Das Wolkenphänomen war bereits Gegenstand mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen – es führt nicht zu Niederschlägen. 

Foto zeigt den Windpark „Horns Rev“ vor der Küste Dänemarks

Im Facebook-Beitrag wird als Urheber des Bildes „Vattenfall / Christian Steiness“ angegeben. Eine Google-Suche nach der Aufnahme führt zu mehreren Webseiten, auf denen das Foto verwendet wurde, darunter der des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik. Dort wird angegeben, dass das Foto den Windpark „Horns Rev“ vor der Küste Dänemarks zeige. 

In einer Studie der Technical University Denmark, die auf der Webseite „Researchgate“ veröffentlicht wurde, ist außerdem zu lesen, wann das Foto aufgenommen wurde, nämlich im Februar 2008

Die Faktenchecker der DPA recherchierten ebenfalls zu dem Foto. Astrid Lampert, Teamleiterin Fluggestützte Meteorologie und Messtechnik an der Technischen Universität Braunschweig, bestätigte ihnen, dass das Foto „Horns Rev“ zeige. Lampert erklärte gegenüber der DPA außerdem, was auf dem Bild zu sehen ist: „Wenn feuchtkalte Luft dort über relativ warmes Wasser strömt, entstehen gelegentlich solche Wolkenphänomene, die aber keinen Niederschlag produzieren.“

Umweltbundesamt: Phänomen hat keine Relevanz für extreme Wetterereignisse wie Starkregen

Lamperts Einschätzung schloss sich laut der DPA-Recherche auch Stefan Emeis, Professor am Institut für Meteorologie und Klimaforschung in Karlsruhe, an. Emeis verfasste 2010 einen wissenschaftlichen Artikel über die Wolkenbildung, die auf dem Foto zu sehen ist, (PDF als Download). An dem Tag sei kalte und sehr feuchte Luft vom nahen Land über die wärmere Nordsee geströmt, was zur Bildung einer flachen Dunstschicht über der Meeresoberfläche geführt habe. Die Turbinen hätten diese aufgewirbelt. In der Studie der Technical University Denmark wurde diese Einschätzung bestätigt.

Wir haben zudem das Umweltbundesamt um eine Einschätzung gebeten. Juliane Berger, Leiterin des Referats Klimaschutz, antwortete auf die Frage, für wie relevant sie das Phänomen für extreme Wetterrereignisse wie Starkregen halte: „Vollkommen irrelevant.“ 

Auf dem Foto sei laut Berger die sogenannte „aerodynamische Verschattung“ erkennbar, die auch „Wake-Effekt“ genannt werde. „Er entsteht innerhalb von Windparks, also dort, wo viele Windenergieanlagen (WEA) nah beieinander stehen. Beim Betrieb einer WEA entsteht immer ein Windschatten auf der windabgewandten Seite (Leeseite), welcher die Windgeschwindigkeiten im Nachlauf der WEA beeinflusst.“ 

Extreme Wetterereignisse werden mit dem Klimawandel wahrscheinlicher

Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) gibt es wissenschaftliche Prognosen, die mit einer Zunahme von Starkregen und somit Überschwemmungen in Deutschland rechnen. Diese Zunahme sei bedingt durch den Klimawandel. Das geht auch aus dem sechsten Bericht des Weltklimarates hervor, der in diesem Monat veröffentlicht wurde. Darin schreiben die Forschenden, dass die Beeinflussung des Klimas durch den Menschen die Wahrscheinlichkeit von Extremwetterereignissen wie Starkregen erhöhe. 

Das Science Media Center, eine unabhängige Institution, die bei der Medienberichterstattung über wissenschaftliche Themen unterstützt, hat zum aktuellen Hochwasser in Deutschland Einschätzungen von Forschenden zusammengetragen. Sebastian Sippel, Mitglied der Forschungsgruppe Klimaphysik an der ETH Zürich, sagt vor dem Hintergrund der Hochwasserkatastrophe im Juli in Rheinland-Pfalz: „Es ist nach wie vor sehr schwierig, Einzelereignisse kausal auf den Klimawandel zurückzuführen. Das dürfte auch für den aktuellen Starkregen gelten.“ Die Attributionsforschung könne jedoch in vielen Fällen aufzeigen, dass die Wahrscheinlichkeit für solche Ereignisse und ihre Intensität durch den Klimawandel zunehmen. Das sei auch durch „Trends in Beobachtungsdaten“ und „physikalische Gesetzmäßigkeiten“ belegt.

Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ordnet das Geschehen gegenüber dem Science Media Center ähnlich ein: „Das Wettergeschehen ist heute immer ein Zusammenspiel aus dem üblichen Wetterzufall und den veränderten Randbedingungen durch die stark erhöhte Treibhausgasmenge in unserer Atmosphäre“. Bei Niederschlagsextremen sei die Zunahme noch nicht so groß, weil die natürlichen Schwankungen im Vergleich zum Effekt der Erderwärmung stärker seien. „Man kann daher nicht sagen, ob dieses Ereignis eine Folge der Erderwärmung ist, aber man kann festhalten, dass derartige Ereignisse durch die Erderwärmung häufiger werden.“

Redigatur: Uschi Jonas, Matthias Bau