Faktencheck

Nein, Henry Kissinger sprach 2009 nicht über erzwungene Organspenden und Sterilisation von Kindern

Im Internet kursiert ein angebliches Zitat des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger, der gesagt haben soll, wenn Menschen verpflichtende Impfungen akzeptierten, würden sie auch andere Dinge wie erzwungene Organspenden oder genetische Veränderungen bei Kindern akzeptieren. Er soll sich so 2009 vor einem „Eugenik-Rat“ der Weltgesundheitsorganisation geäußert haben. Doch der genannte Rat existiert nicht und auch für die Äußerungen Kissingers gibt es keine Belege.

von Uschi Jonas

Bereits seit 2019 kursiert ein falsches Zitat des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger. Hier zu sehen ist er im September 2021 in New York. (Symbolbild: Picture Alliance / DPA / Russian Foreign Ministry)
Bereits seit 2019 kursiert ein falsches Zitat des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger. Hier zu sehen ist er im September 2021 in New York. (Symbolbild: Picture Alliance / DPA / Russian Foreign Ministry)
Behauptung
Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger habe bei einem „Eugenik-Rat“ der WHO im Jahr 2009 gesagt: Sobald die Herde verpflichtende Impfungen akzeptiere, werde sie alles akzeptieren – auch erzwungene Blut- oder Organspenden oder Genveränderungen und Sterilisationen bei Kindern.
Bewertung
Frei erfunden
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Frei erfunden. Es gibt keine Belege, dass Kissinger sich so geäußert hätte. Zudem existiert kein Eugenik-Rat der WHO.

Auf Telegram und Facebook (zum Beispiel hier oder hier) verbreitet sich seit Dezember im deutschsprachigen Raum eine angebliche Äußerung von Henry Kissinger. Demnach soll der ehemalige US-Außenminister im Jahr 2009 vor einem Eugenik-Rat der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gesagt haben: „Sobald die Herde verpflichtende Impfungen akzeptiert, ist das Spiel vorbei. Sie werden alles akzeptieren – erzwungene Blut- oder Organspenden ‚für das Allgemeinwohl‘. Wir können Kinder genetisch verändern und sie sterilisieren ‘für das Allgemeinwohl’“. 

Es gibt jedoch keinerlei Belege, dass sich Kissinger so geäußert hat. Auch existiert bei der WHO kein „Eugenik-Rat“. 

Das Kissinger-Zitat ist erfunden und, einen „Eugenik-Rat“ der WHO gibt es nicht

Eine Suche via Google nach dem angeblichen englischen Originalzitat liefert keinen Hinweis darauf, dass sich Kissinger so je geäußert hat. Die Suche führt aber zu mehreren Faktenchecks englischsprachiger Redaktionen, die zu dem Schluss kommen, dass die Aussage frei erfunden sei. Die angebliche Äußerung Kissingers kursiert demnach bereits seit 2019. 

Eine Suche in der Pressedatenbank Genios lieferte ebenfalls keine Treffer.

Gegenüber den Faktencheckern von Reuters bezeichneten Vertreter Kissingers das angebliche Zitat als freie Erfindung. 

Auf der Webseite henrykissinger.com werden Reden des US-Politikers gelistet. Für das Jahr 2009 finden sich dort zwei Reden. Eine hielt Kissinger im April vor der Trilateralen Kommission, einem politischen Thinktank, die zweite im Oktober im Rahmen des 35-jährigen Bestehens der Internationalen Energieagentur in Paris. In beiden Reden kommt die angebliche Aussage Kissingers, die in Sozialen Netzwerken kursiert, nicht vor. Für Februar 2009, dem Zeitpunkt, an dem er sich so geäußert haben soll, ist keine Rede gelistet.

Auch der „WHO Council of Eugenics“ (auf Deutsch: „WHO-Rat der Eugenik“), vor dem Kissinger die Aussage getätigt haben soll, existiert nicht. Das bestätigte den Faktenchecken von Reuters auch ein Sprecher der WHO.

Redigatur: Steffen Kutzner, Sarah Thust