Faktencheck

Video aus China: Kinder tragen keine Schutzkleidung, sondern Astronauten-Kostüme

Dürfen Kinder in China während der Corona-Pandemie nur noch mit Schutzanzug in den Kindergarten? Nein, ein Video, das weltweit im Netz kursiert, hat einen völlig anderen Hintergrund.

von Sophie Timmermann

Collage - Kinder in Astronauten-Kostümen-FB
Auf einem Video sind Kinder in einem weißen Ganzkörperanzug zu sehen. Es handelt sich jedoch lediglich um Astronautenkostüme. (Quelle: Facebook / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige, dass Kinder in China während der Pandemie ohne einen Schutzanzug nicht mehr in den Kindergarten dürfen.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Das Video entstand mutmaßlich bei einer Sportveranstaltung, für die sich Kinder als Astronautinnen und Astronauten verkleideten. Es deutet nichts darauf hin, dass die Anzüge vor Covid-19 schützen sollen.

Auf Facebook verbreitet sich seit Anfang Januar ein etwa 10-sekündiges Video, das aus China stammen soll. Es zeigt Kinder, die in weißen Ganzkörperanzügen nacheinander in ein Haus marschieren. Dazu wird behauptet, aufgrund der Pandemie würden sie ohne diese Anzüge nicht mehr in den Kindergarten gelassen. In einem Beitrag wird dabei von „Kindesmisshandlung“ gesprochen. 

Doch es handelt sich hierbei um eine Fehlinterpretation. Nach unseren Recherchen tragen die Kinder Kostüme.

Kind in Astronauten-Kostüm
Schon der Anzug selbst gibt Hinweise darauf, dass es sich um eine Verkleidung handelt (Quelle: Facebook / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Video zeigt chinesische Kinder in Raumfahrtanzügen

Schon die Anzüge selbst geben einen Hinweis darauf, dass es sich um eine Verkleidung handeln könnte. Das verspiegelte Visier kommt einem Astronautenhelm gleich, auch die Schuhe und die orangen Schläuche auf dem Anzug erinnern daran. 

Eine Bilder-Rückwärtssuche auf der chinesischen Suchmaschine Baidu mit einem Screenshot des Videos führt zu verschiedenen Fotos, in denen Kinder die gleichen Anzüge tragen. 

Bei der Suche fanden wir auch mehrere chinesische Faktenchecks zu dem Thema. Das Video kursiert offenbar international; auch Reuters und France24 haben die Bilder von den Kindern in Anzügen im Januar überprüft. Demnach tragen die Kinder aufblasbare Raumanzüge, die es etwa auf der chinesischen Shopping-Plattform Taobao zu kaufen gibt. Laut der chinesischen Artikel wurde das Video ursprünglich am 29. Dezember 2021 auf der chinesischen Version von TikTok (Douyin) hochgeladen.

Die Nutzerin, die das Video veröffentlichte, kommentierte einen Tag nach dem Hochladen: „Das ist der Raumanzug, den die niedlichen Babys bei einer Aufführung beim Sporttreffen tragen.” Auf ihrem Profil sind auch zwei weitere Videos von Kindern in den Anzügen zu finden. 

Video von Kindern in Astronauten-Kostümen
Eine Nutzerin lud das Video am 29. Dezember 2021 auf einer Videoplattform in China hoch (Quelle: Douyin / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Eine englischsprachige Google-Suche nach den Begriffen „Kinder China Raumfahrtanzüge“ führt zudem zu weiteren Beiträgen von Dezember 2021, die Kinder ähnlich gekleidet bei einer Sportveranstaltung und einem Raumfahrt-Event in verschiedenen Städten in China zeigen. Demnach scheint es nicht unüblich, dass Kinder sich für verschiedene Anlässe als Astronautinnen und Astronauten verkleiden. Die Beiträge geben zudem keine Hinweise darauf, dass die Anzüge irgendetwas mit Covid-19 zu tun hätten. 

Vater in China stellte im April 2020 einen Schutzanzug für Sohn her

Wir fanden zudem keine Hinweise, dass Kinder in China Schutzanzüge tragen müssen, um in den Kindergarten zu dürfen. 

Die Google-Suche führt lediglich zu einem Artikel von April 2020, laut dem ein chinesischer Vater damals tatsächlich einen Schutzanzug gegen das Coronavirus für seinen zweijährigen Sohn hergestellt hat. Der Anzug hatte laut Bericht einen eingebauten Luftreinigungsfilter, ein Gerät, um die Luftqualität zu messen und einen Elektrolüfter. Optisch unterscheidet sich dieser Schutzanzug jedoch von den Anzügen, die in dem aktuell verbreiteten Video zu sehen sind. 

Redigatur: Steffen Kutzner, Alice Echtermann