Pressekonferenz: Wimbledon-Siegerin Elena Rybakina weinte nicht wegen kritischer Fragen zu ihrer Herkunft
Auf Twitter verbreitet sich ein Foto, auf dem die Tennisspielerin Elena Rybakina bei einer Pressekonferenz weint. Die Wimbledon-Siegerin soll angeblich wegen ihrer russischen Wurzeln „in die Mangel“ genommen worden sein. Das stimmt nicht, das geteilte Foto hat einen anderen Kontext.
Auf Twitter verbreitet sich ein Foto der Tennisspielerin Elena Rybakina. Dazu heißt es: „Verdammte Rassisten!! Ein Werk seelenloser Haltungsjournalisten. So sieht eine in Russland geborene Wimbledonsiegerin aus, die bei der Pressekonferenz auf Grund ihrer russischen Wurzeln durch die Presse in die Mangel genommen wurde.“ Der Beitrag wurde mehr als 1.200 Mal geteilt. Auf Facebook verbreitete sich das Bild mit fast identischer Behauptung.
Das Foto hat jedoch einen anderen Hintergrund: Rybakina sprach davon, wie stolz ihre Eltern wohl seien.
In Russland geborene Rybakina gewann Wimbledon – auf der Konferenz sprach sie davon, wie stolz ihre Eltern seien
Woher stammt das auf Twitter verbreitete Bild? Eine Bilder-Rückwärtssuche führt zu einem Medienbericht, der einen einminütigen Video-Ausschnitt zeigt. Dort ist Rybakina auf einer Pressekonferenz zu sehen, die nach ihrem Sieg abgehalten wurde. Eine Journalistin fragt sie auf Englisch, ob sie schon mit ihren Eltern gesprochen habe, die nicht bei dem Turnier dabei waren. Als Rybakina verneint, fragt die Journalistin weiter, was wohl die Reaktion der Eltern auf den überraschenden Sieg sein werde. „Sie wären wohl sehr stolz“, antwortet die 23-Jährige und bricht in Tränen aus. Von diesem Moment stammt das Bild, das aktuell auf Twitter verbreitet wird. Der zu der Tennismeisterschaft gehörige Twitter-Kanal veröffentlichte die Szene am 9. Juli.
Jemand außerhalb des Bildausschnitts fragt anschließend, ob man die Konferenz abbrechen solle. Rybakina verneint und sagt: „Ihr wolltet doch Emotionen sehen.“ Diese habe sie wohl zu lange in sich behalten.
Eine Google-Suche mit den englischen Stichworten „Press conference Rybakina Parents proud“ führt zu der vollständigen Pressekonferenz vom 9. Juli. Darin geht es maßgeblich um Rybakinas Spiel, ihre Technik und wie sie den Sieg feiern werde. Zu Beginn sagt sie (Minute 3:31) sie sei immer sehr gefasst. Als sie ihre Rede gab, habe sie kurz gedacht, sie müsse weinen, aber habe es zurückgehalten. „Vielleicht später, wenn ich alleine in meinem Zimmer bin, werde ich weinen, non-stop, das weiß ich nicht.“ Darauf bezieht sich Rybakina vermutlich, als sie später über zurückgehaltene Emotionen spricht. Die Frage zu ihren Eltern ist ab Minute 16:27 im Video zu sehen.
Herkunft von Rybakina durch Ausschluss russischer Athleten ein Gesprächsthema
Die in Moskau geborene Elena Rybakina startet seit 2018 für Kasachstan, dessen Staatsbürgerschaft sie auch hat. Aufgrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine gaben die Veranstalter im April bekannt, keine russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten am Turnier teilnehmen zu lassen. Medien griffen Rybakinas Herkunft deshalb immer wieder auf.
In der Pressekonferenz stellten Journalisten zwei Fragen, die sich auf Russland bezogen. Nach etwa der Hälfte (Minute 9:45) spricht ein Journalist Rybakina darauf an, ob sie Sorgen habe, dass Russland den Sieg für politische Zwecke nutzen könne. Sie antwortet: „Wie ich in vorherigen Interviews bereits gesagt habe, ich spiele für Kasachstan.“ Auf eine Frage, ob sie den russischen Angriffskrieg verurteile (Minute 12:18), antwortet sie ähnlich.
Fakt ist: Fragen rund um Rybakinas Herkunft waren während des Turniers Bestandteil von Interviews. Das aktuell geteilte Bild wird jedoch in einem irreführenden Kontext dargestellt: Sie brach auf einer Pressekonferenz in Tränen aus. Das lag aber nicht daran, dass Journalistinnen und Journalisten sie kritisch zu ihrer Herkunft befragten.
Redigatur: Steffen Kutzner, Viktor Marinov
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Bekanntgabe von Ausschluss russischer und belarussischer Athletinnen und Athleten, Wimbledon: Link
- Pressekonferenz auf Youtube: Link