Zitat von niederländischer Gesundheitsministerin Tamara van Ark über Maskenpflicht ist veraltet
Online wird suggeriert, ein Zitat der niederländischen Politikerin Tamara van Ark über den Nutzen von Masken und die Einführung der Maskenpflicht sei aktuell. Das ist irreführend, das Zitat stammt von Juli 2020. Ab Dezember 2020 gab es eine landesweite Maskenpflicht im öffentlichen Raum.
Auf Twitter und Facebook (hier und hier) verbreitet sich ein Bild mit einem Zitat der ehemaligen Gesundheitsministerin der Niederlande, Tamara van Ark. Demnach soll van Ark gesagt haben: „Aus medizinischer Sicht gibt es keinerlei Beweis für den medizinischen Nutzen, eine Gesichtsmaske zu tragen. Daher haben wir uns dafür entschieden, auf nationaler Ebene keine Maskenpflicht einzuführen.“
Einige Nutzende halten das Zitat offenbar für aktuell. Ein Facebook-Kommentar lautet beispielsweise: „Und hierzulande faselt man davon, eine FFP2 Maskenpflicht von O bis O zu etablieren. Gott sei Dank lassen sich unsere Nachbarn von dieser Hysterie nicht mehr anstecken!“ In dem geteilten Bild mit dem Zitat heißt es zudem, van Ark sei die Gesundheitsministerin der Niederlande.
Unser Faktencheck zeigt: Das Zitat von van Ark stammt von Juli 2020; sie ist nicht mehr die Gesundheitsministerin der Niederlande, das ist aktuell Ernst Kuipers. Eine Maskenpflicht gab es in den Niederlanden zunächst in den Städten Rotterdam und Amsterdam, später auch landesweit. Aktuell (Stand 18. August) gilt in dem Land keine Pflicht zum Tragen einer Maske.
Zitat der ehemaligen Gesundheitsministerin Tamara von Ark stammt vom 29. Juli 2020
Wir haben zunächst auf Deutsch nach dem Zitat bei Google gesucht. So stießen wir auf einen Artikel der Welt vom 3. August 2020 in dem es heißt, van Ark habe nach einem Treffen mit Gesundheitsexperten und Bürgermeistern gesagt: „Aus medizinischer Sicht gibt es keinerlei Beweis für den medizinischen Nutzen, eine Gesichtsmaske zu tragen. Daher haben wir uns dafür entschieden, auf nationaler Ebene keine Maskenpflicht einzuführen.“
Eine Suche auf Niederländisch mit den Schlagworten „van Ark“ und „mondkapjes“ (auf Deutsch: „Gesichtsmaske“) führt zu einem Video der niederländischen Nachrichtenseite NOS vom 29. Juli 2020. Es zeigt den Ausschnitt einer Pressekonferenz, bei der sich van Ark wie behauptet äußerte: Sie spricht jedoch von „nicht-medizinischen Gesichtsmasken“. Zudem könne es lokale und regionale Anpassungen zu den Maßnahmen geben, sagt sie.
Der Pressekonferenz ging eine Beratung des niederländischen „Outbreak Management Teams“ , einem Experten-Gremium für Infektionskrankheiten im Gesundheitsministerium, zum Umgang mit nicht-medizinischen Gesichtsmasken am 28. Juli voraus. Das Team schrieb in einem Brief unter anderem, dass Gesichtsmasken kein Ersatz für Abstandsregelungen seien und sich Covid-19 zunehmend in familiären Zusammenkünften und auf Partys verbreite. Ein nicht-medizinischer Mund-Nasen-Schutz sei dabei nicht wirksam. Außerdem habe sich gezeigt, dass Menschen in einer Gegend mit Maskenpflicht 20 bis 30 Minuten länger außerhalb des Hauses verbringen als Personen in einer Umgebung ohne diese Verpflichtung. Daher werde eine landesweite Pflicht zum Tragen von nicht-medizinischen Masken zum jetzigen Zeitpunkt nicht unterstützt.
Ab dem 1. Juni galt in den Niederlanden landesweit eine Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln, wie NOS berichtete. Wie die Neue Ruhr Zeitung (NRZ) am 5. August 2020, schrieb, führten Rotterdam und Amsterdam als erste Städte in den Niederlanden eine umfassendere Maskenpflicht ein. An belebten Straßen, auf Plätzen und Märkten müsse eine Maske getragen werden, so die NRZ. In Einkaufszentren und Geschäften galt für alle Menschen ab 13 Jahren die Pflicht zum Tragen einer Maske. Die Regelungen wurden Ende August 2020 wieder abgeschafft, berichtete NOS.
Covid-19-Empfehlungen änderten sich im Oktober 2020 – eine landesweite Maskenpflicht folgte am 1. Dezember 2020
Im Oktober 2020 änderte das Outbreak Management Team jedoch seine Empfehlungen und schrieb, dass nicht-medizinische Gesichtsmasken neuen Erkenntnissen zufolge eine positive Wirkung haben könnten. Die niederländische Regierung sprach daher eine dringende Empfehlung aus, Gesichtsmasken im öffentlichen Raum zu tragen.
Am 1. Dezember 2020 führten die Niederlande schließlich eine landesweite Maskenpflicht für alle Menschen ab 13 Jahren in öffentlichen und überdachten Räumen, wie Geschäften, Bahnhöfen und Friseursalons ein. Wie die BBC berichtete waren die Niederlande zu diesem Zeitpunkt innerhalb Europas mit am schwersten von der zweiten Welle der Coronavirus-Pandemie betroffen gewesen. Aktuell gibt es keine Maskenpflicht.
Verschiedene Studien bestätigen grundsätzliche Wirksamkeit von medizinischen Masken
Seit Veröffentlichung des Zitats von van Ark gibt es neuere Studien, die sich mit der Wirksamkeit von Gesichtsmasken befasst haben. In ihrem Bericht von Juni 2022 (S. 87) schreibt die Sachverständigenkommission der Deutschen Bundesregierung, dass aufgrund mehrerer Studien „[d]ie grundsätzliche Wirksamkeit von medizinischen Gesichts- und partikelfiltrierenden Halbmasken zur Verhütung und Bekämpfung der SARS-CoV-2- Infektion […] als weitgehend gesichert gelten.“
Die Sachverständigenkommission besteht aus zahlreichen Expertinnen und Experten, die von der Bundesregierung und dem Bundestag beauftragt wurden, eine externe Evaluation der Maßnahmen während der Covid-19-Pandemie durchzuführen.
Die Kommission beruft sich unter anderem auf eine Studie des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen vom 7. Dezember 2021: Die Forschenden hatten für verschiedene Szenarien mit und ohne Maske das Risiko einer Corona-Infektion berechnet. Sie berücksichtigten dabei unter anderem die Verteilung infektiöser Partikel in der Atemluft, die Physik der Ausatmung und wie gut die Maske sitzt. Ihr Fazit: „Tragen sowohl die infizierte als auch die nicht-infizierte Person gut sitzende FFP2-Masken, beträgt das maximale Ansteckungsrisiko nach 20 Minuten selbst auf kürzeste Distanz kaum mehr als ein Promille. Sitzen ihre Masken schlecht, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion auf etwa vier Prozent.“
Darüber hinaus verweist die Kommission auf eine Fall-Kontroll-Studie aus Kalifornien vom 11. Februar 2022. Die Forschenden befragten dafür zufällig ausgewählte Personen in zwei Gruppen: Menschen mit positivem Covid-19-Testergebnis (PCR) und – als Kontrollgruppe – Menschen mit negativem Ergebnis. Sie hielten sich in den 14 Tagen vor ihrem Testergebnis in öffentlichen Räumen auf und hatten keinen Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person. Einbezogen wurde unter anderem die Häufigkeit des Masketragens und die Art der Maske. Die Probanden der Kontrollgruppe wurden unter anderem nach Alter, Geschlecht, sozioökonomischer Status und Wohnort ausgewählt, um möglichst viele Störfaktoren auszuschließen.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Personen, die angaben, in öffentlichen Innenräumen immer eine medizinische OP-Maske getragen zu haben, eine 66 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit für ein positives Testergebnis hatten als Personen, die angaben, nie eine Maske getragen zu haben. Den höchsten Schutz bieten laut Studie N95-Masken mit einem 83 Prozent geringeren Infektionsrisiko.
Redigatur: Sophie Timmermann, Uschi Jonas
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Niederlande führt allgemeine Maskenpflicht für 1. Dezember 2020 ein: Link (archiviert)
- Evaluation der Rechtsgrundlagen und Maßnahmen der Pandemiepolitik, Bericht des Sachverständigenausschusses nach § 5 ABS. 9 IFSG , 30. Juni 2022: Link (PDF)
- Studie: „An upper bound on one-to-one exposure to infectious human respiratory particles“, Proceedings of the National Academy of Sciences, 7. Dezember 2021: Link (Englisch)
- Studie: „Effectiveness of Face Mask or Respirator Use in Indoor Public Settings for Prevention of SARS-CoV-2 Infection – California, February–December 2021“, US Department of Health and Human Services/Centers for Disease Control and Prevention, Morbidity and Mortality Weekly Report, 11. Februar 2022: Link (Englisch)
