Faktencheck

Video von Plünderung eines Decathlon-Geschäfts in Spanien stammt von 2020

Mit einem Video werden im November in Sozialen Netzwerken Ängste geschürt: Es zeige „erste Plünderungen von Geschäften durch illegale Migranten“ in Spanien, wird behauptet. Doch das Video ist zwei Jahre alt. Belege dafür, dass die Täter einen Migrationshintergrund hatten, gibt es nicht.

von Paulina Thom

Video-Spanien-Decathlon
In einem Video in sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie mehrere Personen in ein Geschäft einbrechen und unter anderem Fahrräder und Roller entwenden. Suggeriert wird, es handele sich um einen aktuellen Vorfall, doch das stimmt nicht. (Quelle: Facebook; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige „erste Plünderungen“ von Geschäften in Spanien durch „illegale Migranten“.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Das Video ist mehr als zwei Jahre alt und belegt keine aktuellen Plünderungen in Spanien. Es entstand im Kontext der Corona-Pandemie. Ob die Täter einen Migrationshintergrund hatten, ist nicht bekannt.

In Spanien passieren bereits die ersten Plünderungen von Geschäften durch illegale Migranten“, wird in mehreren Beiträgen auf Facebook behauptet. Als vermeintlicher Beleg dient ein Video, in dem eine Gruppe von Personen die Tür des Sportgeschäfts Decathlon eintritt und unter anderem Fahrräder und Roller entwendet. Auch der Telegram-Kanal „Ken Jebsen – Aufklärung und Information“ verbreitete das Video am 15. November. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis dies auch „im besten Deutschland aller Zeiten“ geschehe, heißt es dort. 

Offenbar sollen mit dem Video Ängste geschürt werden. Suggeriert wird, es sei aktuell, doch das stimmt nicht. Es entstand im Oktober 2020 bei Ausschreitungen während eines Corona-Protests in Barcelona. Dafür, dass es sich bei den Tätern um „illegale Migranten“ handelt, gibt es keine Belege.

Video in einem Telegram-Beitrag, darunter die Behauptung
Das Video wurde aktuell in einem Telegram-Kanal geteilt und von knapp 120.000 Personen gesehen (Quelle Telegram; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Video der Decathlon-Plünderung in Spanien ist zwei Jahre alt

Eine Bilderrückwärts-Suche mit einem Screenshot aus dem Video führt zu einem spanischen Medienbericht über gewaltsame Ausschreitungen bei einem Protest gegen Corona-Maßnahmen am 30. Oktober 2020 im Stadtzentrum von Barcelona. Darin wird auch von Plünderungen berichtet. Laut weiteren Medienberichten gab es an dem Abend mehrere Verletzte, Fahrzeuge seien beschädigt worden. 

Die Tageszeitung La Vanguardia veröffentlichte einen Tag später jenes Video, das nun wieder in Sozialen Netzwerken kursiert, auf Twitter. Dazu heißt es übersetzt: „Plünderung eines Decathlon-Geschäfts im Zentrum von Barcelona während der Ausschreitungen nach den Protesten gegen die Anti-Covid-Beschränkungen.“ Einem weiteren Medienbericht zufolge hatte ein Nachbar den Vorfall aufgenommen. 

Das identische Video in einem Twitter-Beitrag einer katalanischen Tageszeitung von Oktober 2020
Das Video aus einem Twitter-Beitrag einer katalanische Tageszeitung vom 31. Oktober 2020 ist identisch mit dem aktuell kursierenden Video (Quelle: Twitter; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Der Ort des Videos lässt sich zusätzlich über Google-Streetview verifizieren. Es handelt sich um eine Decathlon-Filiale in der Straße Carrer de la Canuda in Barcelona. Das Video ist also tatsächlich in Spanien entstanden, es ist aber etwas mehr als zwei Jahre alt. 

Jugendliche in Barcelona sollen aufgeheizte Stimmung rund um Corona-Demonstration ausgenutzt haben

Mehrere Medien berichteten, dass Pere Ferrer, der Direktor der katalanischen Polizei, rechtsextreme Gruppen für die Unruhen im Zuge der Demonstration verantwortlich gemacht habe. In einem Artikel der Welt werden auch rechte Hooligans des Fußballvereins FC Barcelona genannt. 

Die Seite España Diario berichtete mit Berufung auf die Polizei, dass das Sportgeschäft Decathlon aber nicht von Demonstrierenden geplündert worden sei, sondern von Jugendlichen, die die chaotische Situation ausnutzten. Eine Person wurde am 31. Oktober 2020, also einen Tag nach dem Vorfall, festgenommen, berichtete die Zeitung El Independiente. Dass die Plündernden „illegale Migranten“ seien, steht in keinem der Texte. Eine Anfrage von uns an die katalanische Polizei zum Hintergrund der Tatverdächtigen blieb bisher unbeantwortet. 

Redigatur: Gabriele Scherndl, Alice Echtermann