Ukraine: Fährt der aktuelle Justizminister einen gestohlenen Mercedes? Nein, Bericht ist von 2011
Der ukrainische Justizminister sei in einem in Deutschland gestohlenen Mercedes unterwegs, heißt es online. Was in vielen Beiträgen jedoch nicht steht: Der Mann ist nicht mehr Justizminister, der Fall trug sich bereits im Jahr 2011 zu. Das geschmuggelte Auto hatten ukrainische Behörden damals beschlagnahmt und in Staatsbesitz überführt.
„Ausgerechnet dem ukrainischen Justizminister Alexander Lawrinowitsch ist jetzt ein peinlicher Fauxpas unterlaufen […]. Der Justizminister [benutzt] als Dienstwagen einen Mercedes GL 420, der seit Januar 2010 in Deutschland als gestohlen gemeldet ist“, heißt es in aktuellen Beiträgen auf Telegram (hier und hier) und Facebook (hier, hier und hier). Das habe „jetzt“ ein konkurrierender Parlamentsabgeordneter enthüllt. Dazu teilen Nutzerinnen und Nutzer einen Artikel der Webseite Auto.de. „Alles korrupte Verbrecher“, schreibt ein Facebook-Nutzer dazu.
Was er und viele andere auslassen: Der Artikel stammt aus dem Jahr 2011. Lawrinowitsch ist seit 2013 nicht mehr Justizminister der Ukraine. Er war Teil des Kabinetts von Wiktor Janukowitsch, der enge Beziehungen zu Russland pflegte und 2014 nach monatelangen Protesten aus der Ukraine floh. Der aktuelle Justizminister heißt Denis Maljuska und ist seit 2019 im Amt.
Artikel von Auto.de stammt aus dem Jahr 2011
Folgt man dem Link, der auf Telegram und Facebook geteilt wird, gelangt man zum Artikel von Auto.de. Er wurde am 31. Dezember 2011 veröffentlicht und seitdem nicht mehr aktualisiert, wie am Ende der Seite zu lesen ist.
Bereits am 6. Dezember 2011 hatte das ukrainische Medium Ukrainska Pravda den Fall öffentlich gemacht, am nächsten Tag berichtete in Deutschland die Süddeutsche Zeitung, der Spiegel schrieb darüber am 11. Dezember 2011.
Dem Spiegel zufolge fuhr der Justizminister Alexander Lawrinowitsch als Dienstwagen einen Mercedes GL 420, der im Januar 2010 in Stuttgart als gestohlen gemeldet wurde. Allerdings schmuggelten die Besitzer des Wagens diesen offenbar selbst in die Ukraine und meldeten ihn danach als gestohlen, wie der Spiegel weiter schreibt. Die Männer hätten unter dem Deckmantel einer Baufirma viele Luxusuautos und Sattelschlepper in die Ukraine und nach Russland geschmuggelt. Dafür seien sie zu jeweils fünf und neun Jahren Haft verurteilt worden.
Den Mercedes, um den es damals ging, hätten die ukrainischen Behörden an der Grenze konfisziert und zum Staatsbesitz erklärt. Am 14. April 2011 sei er als Eigentum des Justizministeriums registriert worden. Laut Spiegel war das nicht illegal, da ein ukrainisches Gesetz die Überführung gestohlener Autos in Staatsbesitz möglich machte. Lawrinowitsch verstieß also nicht gegen das Gesetz, als er sich mit einem gestohlenen Wagen chauffieren ließ.
In wessen Besitz sich das Auto aktuell befindet, ist unklar. Unsere Presseanfrage an das ukrainische Justizministerium blieb bis zum Erscheinen dieses Artikels unbeantwortet.
Redigatur: Steffen Kutzner, Viktor Marinov
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Artikel des Spiegel „Deutsche verschoben Minister-Mercedes in die Ukraine“ vom 11. Dezember 2011: Link