Faktencheck

Nicht in Berlin: Überwachungsvideo zeigt Angriff auf drei Frauen in Dublin

Ein Video zeigt einen Angriff auf drei junge Frauen in einem Bahnhof. Angeblich aufgenommen von einer Überwachungskamera in Berlin, heißt es in Beiträgen im Netz. Das stimmt nicht – das Video zeigt einen Vorfall an einem Bahnhof im irischen Dublin im Jahr 2021.

von Sarah Thust

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Archivfoto der Howth Junction in Dublin von 2016: Ein Überwachungsvideo, das angeblich einen Vorfall in Berlin zeigt, entstand in Wahrheit dort (Quelle: CC BY-SA 2.0 Stephen Elwyn Roddick)
Behauptung
Ein Überwachungsvideo aus Berlin zeige Frauen an einem Bahnsteig, die ins Gesicht getreten und angespuckt wurden; eine von ihnen sei ins Gleisbett gestürzt.
Bewertung
Falscher Kontext
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Falscher Kontext. Das Video zeigt einen Vorfall am Dubliner Bahnhof Howth Junction im Jahr 2021.

Ein angebliches Überwachungsvideo aus Berlin zeigt auf Facebook und Twitter Übergriffe von drei Jugendlichen auf drei Frauen. In den Beiträgen heißt es dazu: „Die Zukunft eurer Frauen und Töchter – ins Gesicht getreten, angespuckt und vor den Zug gestoßen.“ Tatsächlich rutscht eine der Frauen im Video ins Gleisbett ab. Doch das Video entstand nicht in Berlin.

Wir suchten mit einer Bilderrückwärtssuche nach dem Video – und fanden es in Medienberichten. Es zeigt laut der Irish Post einen Vorfall an der Howth Junction Dart Station in Dublin im April 2021. Demnach griff dort eine Gruppe Jugendlicher mehrere junge Frauen an, die in einen Zug einsteigen wollten. Das Überwachungsvideo zeigt: Eine Frau verlor das Gleichgewicht und fiel in die Lücke zwischen Zug und Bahnsteig. Laut dem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender RTE wurde sie dabei nicht schwer verletzt. 

video nicht in berlin angriff auf frauen in dublin
Mehrere Nutzer und Nutzerinnen in Sozialen Netzwerken reißen das Video aus dem Kontext: Sie behaupten, es zeige einen Fall in Berlin. Das stimmt nicht. (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Video stammt aus Dublin – 2021 suchte die Polizei damit nach drei Verdächtigen

Die irische Eisenbahngesellschaft, Irish Rail, erklärte im September 2021, dass das Filmmaterial „nicht für den öffentlichen Gebrauch bestimmt war“. Doch da kursierte das Video bereits in Sozialen Netzwerken: Zu den Verbreitern des Videos gehörte die irische Dozentin für Diplomatie an der Universität Oxford, Jennifer Cassidy. Sie teilte das Video auf Twitter und forderte, die Personen müssten identifiziert und zur Rechenschaft gezogen werden. Die Newsseite The Journal berichtete im Juni 2022, dass das Video zu zahlreichen Hinweisen geführt habe, mit denen die Polizei die Täter ermitteln konnte. Die drei Täter seien angeklagt worden.

Dass das Video nicht in Berlin aufgenommen wurde, ist an den Zügen zu erkennen. Es sind hellere Streifen unter den Fenstern zu sehen – sie sind gelb und finden sich auf den grünen Waggons des irischen Dublin Area Rapid Transit (Dart). Im Bild unten haben wir einen Streifen mit einem grünen Pfeil markiert. Berliner U-Bahnen sind dagegen einfarbig gelb. Auch die S-Bahn-Züge und Züge der Deutschen Bahn sehen anders aus.

Video zeigt einen grünen Zug mit gelben Streifen unter den Fenstern in Dublin
Dieses Video twitterte die irische Dozentin für Diplomatie an der Universität Oxford, Jennifer Cassidy. Am Zug sind helle Streifen zu erkennen, ein gelber Streifen markiert den Bahnsteig, ein gelb-grauer Kasten steht am Gleisrand und oben im Bild ist eine blaue Tafel mit der Gleisnummer 1 zu erkennen. Diese Merkmale finden sich auch auf den Bildern des Bahnhofs auf Google Maps. (Quelle: Twitter / Jennifer Cassidy; Screenshot und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Auch die Faktencheck-Redaktionen von Mimikama und DPA berichteten, dass das Video aus Irland stammt.

Fazit: Das Video zeigt keinen Vorfall in Berlin. Es entstand 2021 an einem Bahnhof in Dublin und wurde in Sozialen Netzwerken nach dem Vorfall verbreitet. Mit dem Video wurde nach den Tätern gefahndet, sie wurden gefasst und angeklagt.

Redigatur: Viktor Marinov, Matthias Bau